Aufrechnung durch einen Gesamtschulder

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Lawra (L) und Justus (J) mieten von Vermieter V eine Wohnung. V kommt vorbei um die €1000 Miete einzutreiben. Da V kurz zuvor Js Rennrad beschädigt hat (Schaden: €1000), möchte J aufrechnen. V wendet ein, dies sei nicht möglich. Er verlange die volle Miete von L und nicht von J.

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Einordnung des Falls

Aufrechnung durch einen Gesamtschulder

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. L und J sind als Gesamtschuldner jeweils einzeln verpflichtet, die gesamte Miete zu bezahlen (§ 535 Abs. 2, 421 BGB).

Ja, in der Tat!

Eine Gesamtschuld liegt nach h.M. vor, wenn (1) mehrere Schuldner zur Erbringung der vollen Leistung verpflichtet sind, (2) der Gläubiger diese nur einmal fordern darf, (3) ein gleichartiges Leistungsinteresse vorliegt und (4) die Schuldner gleichstufig haften. Haben sich die Schuldner vertraglich zur Erbringung der Leistung verpflichtet, so sind sie im Zweifel zur vollen Leistung verpflichtet (§ 427 BGB).Eine explizite Abrede besteht nicht, weswegen L und J jeweils in voller Höhe für die Miete haften. Es handelt sich um den gleichen Leistungsgegenstand und sie haften auch gleichrangig.
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2. Muss L noch einmal zahlen, wenn J die geschuldete Miete bereits in voller Höhe bezahlt?

Nein!

Zwar steht dem Gläubiger gegen die Gesamtschuldner jeweils ein eigenes Forderungsrecht zu. Er ist indes nur berechtigt, die Forderung einmal zu verlangen (§ 421 S. 1 BGB). Die Erfüllung der Forderung durch einen Gesamtschuldner, befreit auch die übrigen Gesamtschuldner von ihrere Leistungspflicht gegenüber dem Gläubiger (Gesamtwirkung, § 422 Abs. 1 S. 1 BGB).Achtung: Abweichend von § 362 Abs. 1 BGB sind die übrigen Gesamtschuldner nur gegenüber dem Gläubiger von der Leistungspflicht befreit. Die Forderung erlischt nicht, sondern geht (teilweise) auf den leistenden Gesamtschuldner über (§ 426 Abs. 2 S. 1 BGB).

3. Tritt die Gesamtwirkung bei der Gesamtschuld nur bei Leistung durch Erfüllung ein (§ 422 Abs. 1 BGB)?

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Gesamtwirkung tritt nicht nur bei der Leistung durch Erfüllung (§ 362 Abs. 1 BGB) ein. Vielmehr ordnet § 422 Abs. 1 S. 2 BGB diese Wirkung auch bei Erfüllungssurraten, wie z.B. der Aufrechnung an.

4. Kann V die Aufrechnung durch J dadurch verhindern, dass er die Leistung nur von L verlangt?

Nein, das trifft nicht zu!

Dem Gläubiger steht kein Zurückweisungsrecht zu. Ein Gesamtschuldner kann auch dann die Gesamtwirkung nach § 422 Abs. 1 BGB bewirken, er nicht direkt vom Gläubiger in Anspruch genommen wird. Im Hinblick auf die Wirkung der Aufrechnung ist unerheblich, dass V die Miete nur von L verlangt. Liegen die Voraussetzungen der Aufrechnung vor (Aufrechnunglage, -erklärung, kein Ausschluss), werden L und J beide von ihrer Leistungspflicht gegenüber V befreit.Gesamtschuldner können nur mit eigenen Forderungen aufrechnen, nicht aber mit der Forderung eines anderen Gesamtschuldners (§ 422 Abs. 2 BGB). Denn das Verfügen über eine fremde Schuld ist unzulässig.
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