Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Gläubiger- /Schuldnermehrheit
Aufrechnung durch einen Gesamtschulder
Aufrechnung durch einen Gesamtschulder
2. April 2025
8 Kommentare
4,7 ★ (11.410 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Lawra (L) und Justus (J) mieten von Vermieter V eine Wohnung. V kommt vorbei um die €1000 Miete einzutreiben. Da V kurz zuvor Js Rennrad beschädigt hat (Schaden: €1000), möchte J aufrechnen. V wendet ein, dies sei nicht möglich. Er verlange die volle Miete von L und nicht von J.
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Einordnung des Falls
Aufrechnung durch einen Gesamtschulder
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L und J sind als Gesamtschuldner jeweils einzeln verpflichtet, die gesamte Miete zu bezahlen (§ 535 Abs. 2, 421 BGB).
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Muss L noch einmal zahlen, wenn J die geschuldete Miete bereits in voller Höhe bezahlt?
Nein!
3. Tritt die Gesamtwirkung bei der Gesamtschuld nur bei Leistung durch Erfüllung ein (§ 422 Abs. 1 BGB)?
Nein, das ist nicht der Fall!
4. Kann V die Aufrechnung durch J dadurch verhindern, dass er die Leistung nur von L verlangt?
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

CR7
6.3.2023, 15:17:50
Ich verstehe hier nicht so recht, ob jetzt V die L Anspruch nehmen kann oder nicht. Warum kann V die L nicht in Anspruch nehmen?
se.si.sc
6.3.2023, 15:41:19
Ergebnis ist, dass V die L NICHT in Anspruch nehmen kann. Wie in der Lösung dargestellt, liegt das an der Wirkung der Aufrechnung durch J nach § 422 I 2 BGB. Danach wirkt die vorgenommene Aufrechnung durch J auch
zugunstenvon L als anderem Gesamtschuldner, wie es § 422 I 1 BGB bestimmt. Zum Verständnis kann man sich zunächst ein Zweipersonenverhältnis zwischen V und J vorstellen, dann ist das Ergebnis klar: J rechnet auf, die Mietforderung des Vermieters erlischt nach
§ 389 BGB. Die Frage ist jetzt, ob sich daran bei Gesamtschuldnern etwas ändert. Einer der Gesamtschuldner rechnet wirksam auf, der Gläubiger verlangt von einem anderen Gesamtschuldner Zahlung. Das soll nach § 422 I BGB eben gerade nicht gehen. Das leuchtet auch ein, sonst würde der Gläubiger die Forderung ja zwei Mal erhalten. Die Erfüllung durch einen der Gesamtschuldner muss daher notwendigerweise Gesamtwirkung haben und (auch) für die anderen Gesamtschuldner gelten.

CR7
6.3.2023, 15:58:06
Wow. Vielen Dank für deine ausführliche Antwort :-)

Jurakatze1987
28.8.2023, 22:23:31
Bei der Antwort fehlt im ersten Kästchen von oben ein Wort.

CR7
19.6.2024, 17:03:54
Genau, es fehlt im Maßstab ein „wenn“.
okalinkk
29.3.2025, 11:33:38
ist es so, dass sobald ein Schuldner mit einer Forderung aufrechnet, welche ihm selbst zusteht, diese Aufrechnung allen Gesamtschuldnern gegenüber wirkt gem 422 I 2 BGB. Dabei ist es unerheblich, ob der zur Aufrechnung berechtigte Gesamtschuldner oder der andere Gesamtschuldner (der selbst nicht aufrechnen kann, weil ihm die Forderung nicht zusteht) vom Gläubiger in Anspruch genommen wird. 422 II BGB sagt lediglich, dass der eine Schuldner, dem diese Forderung nicht zusteht, nicht SELBST mit dieser fremden Forderung aufrechnen kann? sobald aber ein anderer Gesamtschuldner mit einer Forderung, welche diesem zusteht aufrechnet, wirkt das auch für den anderen Gesamtschuldner gem 422 I 2 BGB?