§ 241a BGB bei beruflichem Empfänger
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Buchhändler B schickt der Rechtsanwältin R ungefragt eine Jubiläumsausgabe der Luther-Bibel sowie eine Neuauflage eines Kommentars. R ist überrascht. Dann beginnt sie, den Kommentar in ihrer Kanzlei zu nutzen. Die Bibel schenkt sie ihrer Freundin F.
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Einordnung des Falls
§ 241a BGB bei beruflichem Empfänger
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Ist zwischen B und R ein Kaufvertrag über die Luther-Bibel zustande gekommen, sodass B von R Kaufpreiszahlung verlangen kann?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. R ist aber mangels Vertrag zur Rückgabe der Bibel an B verpflichtet.
Nein!
3. Hat B bezüglich der Neuauflage des Kommentars gegen R einen Anspruch auf Kaufpreiszahlung (§ 433 Abs. 2 BGB)?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
JuraBiene
1.5.2023, 14:37:24
Hallo, ist es hier maßgeblich, dass es sich bei R um eine Rechtsanwältin handelt? Sie könnte den Kommentar ja auch privat gebrauchen. Wenn sie ihn privat gebrauchen würde, müsste sie dann den Kaufpreis zahlen?
E
19.5.2023, 18:10:18
Maßgeblich ist es, dass R den Kommentar nicht als Verbraucherin nutzt, sondern in ihrer Kanzlei als Unternehmerin nutzt, somit ist § 241a BGB nicht anwendbar und ein Vertag könnte auch
konkludent- in diesem Fall durch das Nutzen des Kommentars in ihrer Kanzlei - zustande gekommen sein.
mzwillus
4.6.2023, 10:48:25
In der Frage steht nicht, dass auch ein Kaufpreis verlangt wird. Sind das nicht essentialia negotii ohne die der Vertrag nicht geschlossen ist?
Maurice66
20.6.2023, 16:17:09
In den Fällen, für die der 241a eingeführt wurde, lag logischerweise immer eine Rechnung bei und eine Anmerkung, dass man von einem Vertragsschluss ausgehe, wenn die Lieferung nicht in einer bestimmten Zeit zurückgesendet wird und man dann Kaufpreiszahlung verlange. Sonst hast du natürlich Recht, das Angebot muss hinreichend bestimmt sein. Bei Büchern steht aber sogar regelmäßig der Preis auf dem Einband.
Ari Morgenstern
3.7.2023, 07:05:12
Ich finde auch das solche Angaben in dem Sachverhalt zu finden sein sollten. So wie der Fall hier geschildert wurde ist mir auch kein Kaufpreisanspruch ersichtlich.
Ella
10.6.2023, 20:51:04
Wie wäre es hier zu bewerten wenn die Rechtsanwältin den Kommentar nicht nutzt? Wäre das Angebot des B dann einfach nicht angeommen? Hätte B dann irgendwelche Ansprüche?
Lukas_Mengestu
16.6.2023, 18:34:16
Hallo Ella, es bedürfte für einen Vertragsschluss zumindest der
konkludenten Annahme. Sofern man diese verneinen würde, läge kein Vertragsschluss vor. Da der Sondertatbestand des § 241a BGB nur im Verhältnis Verbraucher-Unternehmer greift, kommen dann zB Herausgabeansprüche aus § 985 BGB bzw. § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB in Betracht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Elias Von der Brelie
19.6.2023, 22:47:26
R hätte hier, wenn sie den Fall als Rechtsanwältin erkannt hätte also den Kommentar einfach auch einer Freundin zum Beispiel schenken können, oder irgendwie anderweitig Nutzen solange es eben nicht speziell ihrem Beruf dient? Andere Frage: Ab wann genau ist man berechtigt die Sache die einem Zugeschickt wurde zu behalten? Muss hierfür ein eindeutiges Angebot des Senders vorliegen zum Beispiel per Schreiben, oder kann man die Ware auch behalten selbst wenn es sich tendenziell auch um eine Fehlsendung handeln könnte? Wie genau unterscheidet man das? Ich nehme an es muss zumindest irgendwie deutlich werden, dass der Sender es absichtlich geschickt hat?
Unerkannt Geisteskrank
27.11.2023, 17:33:58
Fällt der Rechtsanwalt auch unter die Regelung des § 14 BGB, da es sich dabei ja um einen freien Beruf handelt, der gerade nicht beinhaltet, dass ein Rechtsanwalt als Einzelunternehmer oder Kaufmann auftritt? LG
Bubbles
27.11.2023, 20:21:50
Zwischen dem Kaufmann iSd HGB und dem Unternehmer iSd § 14 BGB ist zu unterscheiden! Freiberufler können durchaus Unternehmer sein. Der Unternehmerbegriff ist in § 14 BGB legaldefiniert und lässt jede selbständige berufliche Tätigkeit genügen, also auch die Tätigkeit als Anwalt.
Bubbles
27.11.2023, 20:52:38
Ich denke an der Stelle sollte ich noch darauf hinweisen, dass der Unternehmensbegriff aus § 14 BGB nicht bspw. dem kartellrechtlichen oder konzernrechtlichen Unternehmens-/Unternehmerbegriff entspricht. Es gibt keinen rechtsgebietsübergreifenden Unternehmerbegriff.
Unerkannt Geisteskrank
27.11.2023, 23:36:32
Alles klar, dank dir. Ich hab es selbst auch nochmal nachgeschaut und wie du gesagt hast, kommt es für die Qualifizierung als Unternehmer auf die selbständige Tätigkeit an. LG
HGWrepresent
4.11.2024, 09:58:59
Besteht nicht ein Anspruch, dass die Bibel gem. § 985 herausgegeben werden muss? Das ist insofern ungenau in der Frage formuliert.
Baran
4.11.2024, 12:40:18
Für einen Anspruch aus §985 BGB muss eine Einigung vorliegen. Da die Bibel in diesem Fall jedoch ungefragt zugeschickt wurde, kann man diesen Punkt nicht bejahen.
Baran
4.11.2024, 12:47:59
Der Anspruch nach §985 entfällt doch mangels einer Einigung.
Linne_Karlotta_
4.11.2024, 14:38:20
Hey @[HGWrepresent](149544), danke für die Frage. Tatsächlich schließt § 241a Abs. 1 BGB sämtliche gesetzliche Herausgabeansprüche, also auch ein Anspruch aus § 985 BGB aus. Nur so wird der Empfänger der unbestellten Ware vollumfänglich geschützt. Die Frage bezieht sich insofern auf einen
Herausgabeanspruchaus § 812 BGB sowie § 985 BGB (da ja auch hier das Recht zum Besitz aus einem Vertrag folgen könnte – der Witz ist hier, dass zwar kein Vertrag besteht, aber R die Ware dennoch behalten kann). Ich habe die Erklärung bei der Frage dahingehend ein bisschen ergänzt. Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs–Team
Rechthaber
8.11.2024, 13:47:16
Wieso wird ein Anspruch aus 812 I 1 Alt 1 BGB in Erwägung gezogen, wenn der Unternehmer mangels vertraglicher Bindung gar nicht gegenüber dem Verbraucher in Erfüllung einer vermeintlichen Verbindlichkeit leisten will. Er möchte den Verbraucher durch die Vorleistung zu einer Leistung bewegen, die der Verbraucher nicht schuldet. ist dies nicht ein klassischer Anwendungsfall der zweckverfehlungskondiktion ?