Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Anfechtung der Willenserklärung
Verklicken bei Abgabe elektronischer Willenserklärung mit Maustaste
Verklicken bei Abgabe elektronischer Willenserklärung mit Maustaste
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
V inseriert sein Sportflugzeug auf eBay. Als der gewünschte Preis voraussichtlich nicht erzielt wird, klickt V irrtümlich auf „Auktion sofort zum Höchstgebot beenden“ anstelle von „Angebot zurücknehmen“. K ist zu dem Zeitpunkt Höchstbietende.
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Einordnung des Falls
Verklicken bei Abgabe elektronischer Willenserklärung mit Maustaste
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Durch das Klicken des Buttons „Auktion sofort zum Höchstgebot beenden“ ist ein Vertrag zwischen V und K zustande gekommen.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Das Klicken auf den Button „Auktion sofort zum Höchstgebot beenden“ anstelle von „Angebot zurücknehmen“, stellt einen Erklärungsirrtum dar (§ 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB).
Ja, in der Tat!
3. V hätte durch das Klicken auf den Button „Angebot zurücknehmen“ das Angebot zurücknehmen können.
Nein!
4. Das Klicken auf „Angebot zurücknehmen“ und „Auktion sofort zum Höchstgebot beenden“ hat im Fall von V die gleiche Rechtsfolge.
Genau, so ist das!
5. V kann seine Willenserklärung zur vorzeitigen Beendigung der Auktion zum Höchstgebot anfechten (§ 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Machegenga
10.4.2020, 19:17:02
Also ich hätte jetzt angenommen, dass V bei verständiger Würdigung des Falles die Versteigerung NICHT vorzeitig abgebrochen hätte, sondern weiter abgewartet hätte, ob doch noch höhere Gebote kommen. Diese Interpretation würde ihn zur Anfechtung berechtigen. Wo liegt mein Missverständnis?
Stefan Thomas Neuhöfer
10.4.2020, 20:42:22
Hi, vielen Dank für die Frage! Aus dem SV ergibt sich, dass es V gerade darauf ankam, die Auktion sofort zu beenden. Nur hat er sich dabei "verklickt". Die Anfechtung ist letztlich nur deswegen ausgeschlossen, weil das Anfechtungsrecht kein Reuerecht sein soll. V soll hier durch die Anfechtungsmöglichkeit nicht besser stehen, als er bei der von ihm gewünschten Erklärung stünde. Deswegen ist hier die Anfechtung ausgeschlossen. Viele Grüße Für das Jurafuchs-Team - Stefan
Machegenga
12.4.2020, 10:05:32
Vielen Dank für die Antwort, jetzt isses klar geworden :)
Elisabeth F.
15.2.2022, 11:00:52
Aber V kam es doch nicht darauf an die Auktion sofort zu beenden sondern seine Sache nicht zu diesem niedrigen Preis zu verkaufen-er irrte doch gerade über die rechtliche Folge seiner Handlung, oder?
Lukas_Mengestu
24.2.2022, 08:59:56
Hallo Elisabeth, V wollte die Auktion beenden, indem er auf Angebot zurücknehmen klickt. Lägen die rechtlichen Voraussetzungen vor, so wäre dadurch kein Angebot zustande gekommen. Tatsächlich hat er sich aber verklickt und auf "Auktion sofort beenden" geklickt. Dies führt jedoch unmittelbar zum Vertragsschluss. Dieses "Verklicken" stellt in erster Linie einen Erklärungsirrtum dar, der jedoch unbeachtlich ist. Denn auch wenn V auf "Angebot zurücknehmen" geklickt hätte, wäre es zum Vertragsschluss gekommen. Denn allein das niedrige Gebot berechtigt hier nicht zur Rücknahme. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Eike-Christian
18.3.2023, 12:03:55
Also kann V seine WE nicht anfechten, weil er sich verklickt hat. Könnte er aber versuchen, sie wegen eines
Rechtsfolgenirrtums hinsichtlich des richtigen Buttons anzufechten? Sprich: Er hätte gar nicht geklickt, wenn er gewusst hätte, dass er das Angebot überhaupt nicht wirksam zurückziehen kann.
deliaco
17.1.2024, 00:19:38
Mir erschließt sich die Lösung auch noch nicht ganz. Im Hinblick auf das Erfordernis der Kausalität regelt § 119 I BGB, dass eine Anfechtung nur dann möglich ist, "wenn anzunehmen ist, dass er sie bei Kenntnis der Sachlage und bei verständiger Würdigung des Falles nicht abgegeben haben würde." Wie würde man denn den Fall aus euer Sicht darunter subsumieren bzw. wie würdet ihr hier entlang des Gesetzeswortlaut argumentieren, um zu dem Ergebnis zu gelangen, dass Kausalität nicht besteht?
Blotgrim
13.2.2024, 20:20:28
Kausalität besteht deswegen nicht, da auch ein Angebot bestanden hätte wenn er auf den Button "Angebot zurücknehmen" geklickt hätte, da er zur zurücknehmen des Angebots nicht berechtigt war. Es macht also keinen Unterschied ob er seine Erklärung beseitigt und die gewollte abgibt oder nicht. Also egal ob angefochten oder nicht, am Ende steht eine Willenserklärung mit dem Inhalt "Angebot an den aktuell Höchstbietenden. Das der Verkäufer das Angebot komplett zurückziehen wollte ist egal, da er dazu nicht berechtigt war. Auch ein
Rechtsfolgenirrtumsehe ich hier nicht. Ja der Verkäufer irrt hier über die Folgen der Schaltfläche "Angebot zurücknehmen" eine Anfechtung auf dieser Grundlage würde aber nur dazu führen, dass das ursprüngliche eingestellte Angebot bestehen bleibt. Letztlich kommt der Verkäufer hier nicht mehr aus der Nummer raus. Er kann seine Erklärung nur soweit anfechten, dass das ursprüngliche Angebot bestehen bleibt. Das Angebot selbst kann er aber meiner Meinung nach, auf Basis des gegebenen Sachverhalts nicht aufheben
QuiGonTim
23.2.2022, 09:46:52
Ergibt sich die Berechtigung zur Rücknahme des Angebots aus unmittelbar den eBay-AGB oder handelt es sich dabei um eine Auslegungsfrage?
Lukas_Mengestu
24.2.2022, 08:53:23
Hallo QuiGonTim, die AGB wirken nicht unmittelbar zwischen den Parteien, sind aber bei deren jeweiligen Erklärungen im Rahmen der Auslegung ihrer Erklärungen zu berücksichtigen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team