Betriebliche Übung bei Entgelterhöhung

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist Angestellter, für den per Vertrag ein Tarifvertrag gilt. Der Betrieb hat einen „Haustarif“, der zusätzliche Entgeltstufen zum Tarifvertrag enthält. Als wieder mal eine Tariferhöhung ansteht, soll diese nur noch für den tariflichen Teil gelten, nicht mehr das Gesamtgehalt.

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Einordnung des Falls

Betriebliche Übung bei Entgelterhöhung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Jahrelang wurde bei einer Tariferhöhung das gesamte Gehalt angehoben, auch der übertarifliche Teil. Könnte somit eine „betriebliche Übung“ vorliegen, die den Arbeitsvertrag geändert hat?

Ja!

Eine betriebliche Übung ist die regelmäßige Wiederholung bestimmter Verhaltensweisen des Arbeitgebers, aus denen die Arbeitnehmer schließen können, ihnen solle eine Leistung oder eine Vergünstigung auf Dauer eingeräumt werden. Es entstehen vertragliche Ansprüche, wenn das Verhalten des Arbeitgebers als Vertragsangebot zu werten ist, das von den Arbeitnehmern meist stillschweigend angenommen wird (§ 151 BGB).Maßgeblich ist, wie die Erklärungsempfänger das Verhalten des Arbeitgebers nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände verstehen mussten und ob sie auf einen Bindungswillen des Arbeitgebers schließen durften.
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2. Eine betriebliche Übung umfasst eine Vielzahl von Arbeitnehmern.

Genau, so ist das!

BAG: Eine betriebliche Übung betreffe die gesamte Belegschaft oder zumindest kollektiv abgrenzbare Gruppen (RdNr. 16).

3. Eine übertarifliche Leistung wird von einer betrieblichen Übung generell nicht erfasst.

Nein, das trifft nicht zu!

BAG: Eine betriebliche Übung könne sich auch auf übertarifliche Leistungen oder übertarifliche Anteile einer einheitlichen Leistung beziehen (RdNr. 24). Wird durch eine arbeitsvertragliche Inbezugnahme des Tarifvertrags individualrechtlich eine Verpflichtung geschlossen, Tariflohnerhöhungen weiterzugeben, kann sich der Arbeitgeber bei entsprechender Durchführung später nicht mehr auf Freiwilligkeit berufen. Vorliegend zeige das Verhalten des Arbeitgebers, dass er sich gegenüber den Arbeitnehmern vertraglich binden wollte. Dies spiegele sich etwa im „Haustarif“ wider, der eine zusätzliche Entgeltstufe zu den tariflichen Entgeltgruppen enthält.

4. Ob A bisher schon in die betriebliche Übung einbezogen wurde, ist unerheblich.

Ja!

BAG: Das Vertragsangebot eines Arbeitgebers sei üblicherweise so zu verstehen, dass er – sofern nichts Anderes vereinbart ist – alle Arbeitnehmer zu den betriebsüblichen Bedingungen einsetzen will.Der Arbeitsvertrag nehme den Tarifvertrag dynamisch in Bezug. Der Anspruch auf Erhöhung des gesamten Gehalts und nicht nur eines „tariflichen Anteils“ ergebe sich aus der betrieblichen Übung. In diese sei A auch einbezogen worden. A habe einen Anspruch auf Erhöhung des übertariflichen Entgeltbestandteils entsprechend dem Tarifvertrag, auch wenn er bisher nicht berücksichtigt wurde. Anders wäre dies bei freiwilligen Anpassungen der Entgelte an die Tariferhöhungen der Branche (RdNr. 16 f.).
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