Zivilrecht

Mietrecht

Pflichten im Mietverhältnis

Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, mit denen der Mieter die Mietsache versehen hat, § 539 Abs. 2 BGB

Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, mit denen der Mieter die Mietsache versehen hat, § 539 Abs. 2 BGB

20. Mai 2025

18 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Als Mieter M im Sommer mal wieder die Schweißperlen von der Stirn tropfen, erwirbt er im Baumarkt eine Klimaanlage und baut diese nach Genehmigung durch seine Vermieterin V fest in die Wohnung ein. Als das Mietverhältnis ein Jahr später endet, will M die Klimaanlage wieder ausbauen und mitnehmen.

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Einordnung des Falls

Duldung der Wegnahme von Einrichtungen, mit denen der Mieter die Mietsache versehen hat, § 539 Abs. 2 BGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M durfte die Klimaanlage anbringen.

Ja!

Der Pflicht des Vermieters zur Erhaltung des vertragsgemäßen Gebrauchs entspricht die Pflicht des Mieters, die Mietsache nur dem Vertrag gemäß zu nutzen (§ 535 Abs. 1 BGB). Die Anbringung einer Einrichtung ist in der Regel ohne weiteres vertragsgemäß und bedarf grundsätzlich keiner Genehmigung durch den Vermieter. Voraussetzung ist allerdings, dass die Einrichtung fachgerecht angebracht wird und dass hiervon keine Gefahren für die Mietsache ausgehen. V hat die Anbringung der Klimaanlage ausdrücklich genehmigt.
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2. Durch die Anbringung der Klimaanlage ist V Eigentümerin der Klimaanlage geworden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Wird eine bewegliche Sache mit einem Grundstück so verbunden, dass sie wesentlicher Bestandteil des Grundstücks wird, so erstreckt sich das Eigentum an dem Grundstück auf diese Sache (§ 946 BGB, gesetzlicher Eigentumserwerb). Zu den wesentlichen Bestandteilen des Grundstücks gehören Gebäude (§ 94 Abs. 1 BGB), und zu den wesentlichen Bestandteilen eines Gebäudes gehören die zur Herstellung des Gebäudes eingefügten Sachen (§ 94 Abs. 2 BGB). Zu den wesentlichen Bestandteilen gehören jedoch nicht solche Sachen, die nur zu einem vorübergehenden Zweck in ein Gebäude eingefügt sind (§ 95 Abs. 2 BGB, Scheinbestandteil). Die Klimaanlage wurde nur vorübergehend, nämlich solange M in der Wohnung wohnt, eingebaut, sodass es sich um einen Scheinbestandteil handelt. Ein gesetzlicher Eigentumserwerb der V (§ 946 BGB) ist daher nicht erfolgt.

3. M darf die Klimaanlage beim Auszug wieder ausbauen und mitnehmen.

Ja, in der Tat!

Der Mieter ist berechtigt, eine Einrichtung wegzunehmen, mit der er die Mietsache versehen hat (§ 539 Abs. 2 BGB). Dabei handelt es sich um ein Wegnahmerecht iSv § 258 BGB, sodass der Mieter die Mietsache nach Wegnahme der Einrichtung wieder auf seine Kosten herzurichten hat. Spiegelbildlich zum Wegnahmerecht des Mieters folgt aus § 539 Abs. 2 BGB eine entsprechende Duldungspflicht für den Vermieter. Sollte der Vermieter gesetzlich Eigentum an der Einrichtung erworben haben, erwirbt der Mieter dieses kraft § 539 Abs. 2 BGB infolge des Ausbaus wieder selbst.

4. Die Klimaanlage ist eine Einrichtung.

Ja!

Nach hM handelt es sich bei einer Einrichtung um eine Sache, die irgendwie – etwa durch Verschraubung oder sonstige Befestigung – körperlich mit der Mietsache verbunden wird und deren Zweck dienen soll. Die Rechtsprechung hat als Einrichtung etwa angesehen eine Badezimmereinrichtung und Zentralheizung, Fußbodenbelag, Klimaanlage oder Einbauküche. Die Klimaanlage ist durch Befestigung fest mit der Mietsache verbunden und dient Wohnzwecken.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

PAT

Patrick

25.10.2021, 12:55:47

Liebes Jurafuchs Team, wieder eine tolle Aufgabe. Kurz musste ich überlegen, ob es sich bei der Klimaanlage um ein

Scheinbestandteil

oder Zubehör handelt. Da die Klimaanlage als eingebrachte Sache des Mieters von vornherein zweckmäßig nur vorübergehend mit der Mietsache verbunden wurde stimme ich mit euch überein. Eine kurze dahingehende Abgrenzung zum Zubehör wäre hilfreich. Ich verstehe aber auch, dass es hier vordergründig um die

mietrecht

liche Einordnung des Geschehens geht. Viele Grüße

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.10.2021, 15:26:23

Lieber Patrick, vielen Dank für den Hinweis. Die genaue Abgrenzung Bestandteil/

Scheinbestandteil

/Zubehör ist in der Tat unserem Sachenrechtskurs vorbehalten. Aber wie Du schon richtig eingewandt hast, scheitert die Zubehöreigenschaft hier daran, dass die Klimaanlage lediglich vorübergehend eingebracht wurde und insofern keine dauernde Zweckbindung vorliegt (vgl. Mössner, in BeckOGK, 1.3.2021, § 97 RdNr. 22.1). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

AN

Anne

19.7.2022, 17:32:25

Für mich ergibt sich aus dem SV nicht, dass es eine vorübergehende Einrichtung ist. Muss ich bei solchen Fallfragen immer von "vorübergehend" ausgehen, wenn im SV darüber nichts explizit steht?

Simon

Simon

17.8.2022, 00:29:48

Dass die Klimaanlage nur vorübergehend i.S.d. § 95 II BGB in das Gebäude eingefügt wird, ergibt sich aus dem Mietvertrag. Die Anlage wurde nur für die Zwecke und die Dauer des Mietvertrages eingefügt. Auch, wenn dieser ein Dauer

schuld

verhältnis ist, ist dennoch von Anfang an absehbar, dass die Klimaanlage mit Ende des Kontraktes wieder ausgebaut werden und damit nicht dauerhaft im Gebäude verbleiben soll.

BAY

bayilm

4.9.2023, 13:13:26

Für mich verwirrt die Stelle, an der über die Duldungspflicht des Vermieters gesprochen wird. Verstehe ich das richtig, dass selbst wenn der Mieter eine Einrichtung anbringt, die über §

946 BGB

in das Eigentum des Vermieters übergeht, diese beim Auszug wieder mitnehmen darf und der Vermieter diesbezüglich eine Duldungspflicht hat?

AME

Amelie7

5.11.2024, 17:15:58

Das habe ich mich auch gefragt

NC

nondum conceptus

2.4.2025, 12:19:55

Ich habe es auch so verstanden. Aber wo muss man diese Duldungspflicht prüfen? Beim § 1004 ? Recht zum Besitz iRd 986?

LMA

Lt. Maverick

30.4.2025, 22:24:03

§ 539 II BGB ist eine eigene Anspruchsgrundlage. Deshalb würde ich zuvörderst prüfen, ob eine solche Duldungspflicht zur

Wegnahme

des Vermieters gegeben war. Über die sachenrechtlichen Herausgabevorschriften wird man kaum erfolgreich sein wegen §

946 BGB

, sollte man aber dennoch prüfen. z.B.

§ 1007 BGB

setzt eine bewegliche Sache voraus und daran fehlt es schon, wenn die Sache wesentlicher Bestandteil eines Gebäudes (§ 94 II BGB) geworden ist. § 823 I BGB läuft regelmäßig ins Leere, weil der Mieter nicht (mehr) Eigentümer ist. §§ 812 ff. BGB kommen dann noch in Betracht, besonders die Aufwendungskondiktion als Nicht

leistungskondiktion

.

LS2024

LS2024

22.4.2024, 13:21:14

Ich halte die Lösung für nicht vertretbar. "Verallgemeinernd lässt sich sagen, dass der Vermieter zur Zustimmung nach Treu und Glauben verpflichtet ist, wenn die Maßnahme dem Mieter erhebliche Vorteile und ihm selbst keine wesentlichen Nachteile bringt, insbesondere eine Verschlechterung der Bausubstanz ausgeschlossen erscheint." (MüKo 535 Rn. 104) Zum Einbau einer Klimaanlage bedarf es des Durchbruchs der Außenwand. Zudem bedarf es eines Außengeräts das visuell störend ist und von dem Geräuschimmissionen ausgehen. Hier liegt eine Verschlechterung der Bausubstanz vor. Der Einbau einer Klimaanlage wäre eine Pflichtverletzung. (Vgl. auch etwa LG Berlin, Urteil vom 11.01.2002 – 63 S 119/01 in dem schon die Anbringung einer Parabolantenne als unzumutbare Beeinträchtigung betrachtet wurde)

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

22.4.2024, 13:34:47

Hallo LS2024, vielen Dank für den Hinweis. Hier müsstest Du mir aber noch einmal auf die Sprünge helfen. Ausweislich des Sachverhaltes hat der Vermieter hier seine Zustimmung zum Einbau erteilt. Ob er hierzu verpflichtet war und der Mieter die entsprechende Zustimmung hätte einklagen können, ist insoweit erst einmal unbeachtlich. Insofern liegt in dem Einbau keine Pflichtverletzung, da es aufgrund der Genehmigung explizit erlaubt war. Im Kern des Falls steht vielmehr die Frage, ob M später ein

Wegnahme

recht hinsichtlich der eingebauten Einrichtung zusteht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

LS2024

LS2024

24.4.2024, 10:50:50

Ich dachte da stünde, dass er selbst ohne Genehmigung die Klimaanlage einbauen dürfte. Aber da scheine ich mich vertan zu haben.

LS2024

LS2024

24.4.2024, 11:43:58

Kann es sein, dass du die Lösung schon angepasst hast?

LS2024

LS2024

5.5.2024, 13:13:54

@[Lukas_Mengestu](136780) Wenn ich mir schon die Mühe mache zu mir auffallenden Fehlern zu recherchiere, dann würde es mich freuen wenn du zugeben würdest, dass du die Lösung daraufhin verändert hast.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

5.5.2024, 14:12:22

Hallo LS2024, wir freuen uns sehr über eine aktive Community. Bei Jurafuchs ist uns bewusst, dass Menschen Fehler machen und geben insofern gerne zu, wenn uns einmals selbst einer unterlaufen ist. Dieser Fall hier ist allerdings schon seit zwei Jahren online und weder ich noch jemand aus dem Moderationsteam hat den Sachverhalt nachträglich modifiziert. Kann es sein, dass Du den Zusatz einfach überlesen hast? Einen schönen Sonntag wünsche ich Dir noch.

LS2024

LS2024

5.5.2024, 19:02:24

Alles klar, dann habe ich mich wohl tatsächlich verlesen. Auch dir einen schönen Sonntag.

MARCE

Marcel13

12.7.2024, 14:24:51

Laut Grüneberg Kommentar § 539 Rn. 9 sind als "Einrichtung" nicht zu verstehen Möbel, Inventarstücke, Einbauküche etc. Nach welcher Vorschrift bin ich als Eigentümer berechtigt letztgenannte Gegenstände aus der Wohnung zu entfernen? Ganz normal nach § 985 BGB?

QUAR

Quarklo

21.8.2024, 16:33:45

Ja genau. Der Vermieter erwirbt kein Eigentum und hat auch kein

Besitzrecht

(vorausgesetzt es liegt kein

Vermieterpfandrecht

vor)

NC

nondum conceptus

2.4.2025, 12:25:50

Ich hatte gerade einen Fall, da wurde das

Wegnahme

recht aus §§ 539 II, 258 BGB iRd 986 geprüft. Ein verjährtes

Wegnahme

recht hätte für den Vermieter ein Recht zum Besitz dargestellt. Inwiefern kann ein

Wegnahme

recht ein RzB darstellen? https://cast.itunes.uni-muenchen.de/clips/wSkmhdmC1T/vod/online.html


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