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Klassisches Klausurproblem

T bricht in ein Bürogebäude ein, um dort nach Bargeld zu suchen. Er rechnet damit, dort erst einen Safe finden zu müssen und diesen zu öffnen. Er findet bereits keinen Safe und verlässt das Gebäude.

Einordnung des Falls

Unmittelbares Ansetzen bei Regelbeispielen 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der Versuch eines Diebstahls (§ 242 Abs. 1 StGB) ist strafbar.

Genau, so ist das!

Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt (§ 23 Abs. 1 StGB). Diebstahl ist ein Vergehen und daher nur im Versuch strafbar, da die Strafbarkeit ausdrücklich bestimmt ist (§§ 12 Abs. 2, 242 Abs. 2 StGB).

2. T hat „Tatentschluss“ bezüglich eines Diebstahls.

Ja, in der Tat!

Tatentschluss ist der subjektive Tatbestand des Versuchs. Er umfasst den auf alle objektiven Tatbestandsmerkmale gerichteten Vorsatz sowie sonstige subjektive Tatbestandsmerkmale. Der Täter hat Tatentschluss, wenn er endgültig entschlossen ist, den Deliktstatbestand zu verwirklichen. Dabei wird zur bloßen Tatgeneigtheit abgegrenzt. T ist entschlossen einen Diebstahl zu begehen.

3. T hat durch das Einbrechen in das Bürogebäude „unmittelbar zur Tatbestandsverwirklichung angesetzt“.

Nein!

Das objektive Tatbestandselement des Versuchs liegt im unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung (§ 22 StGB). Das unmittelbare Ansetzen liegt vor, wenn der Täter subjektiv die Schwelle des „Jetzt-geht-es-los“ überschreitet und objektiv – unter Zugrundelegung seiner Vorstellung – Handlungen vornimmt, die bei ungestörtem Fortgang ohne wesentliche Zwischenschritte zur Tatbestandsverwirklichung führen oder mit ihr in unmittelbarem räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. T musste im Gebäude erst das Bargeld suchen und ging davon aus, dann noch einen Safe aufbrechen zu müssen. Er hat daher nicht unmittelbar angesetzt, da noch wesentliche Zwischenakte erforderlich waren.

4. Ein „unmittelbares Ansetzen“ ergibt sich daraus, dass T das Regelbeispiel nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StGB verwirklicht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Durch das Verwirklichen eines Regelbeispiels darf die Versuchsstrafbarkeit nicht vorverlegt werden, ebenso wie bei Qualifikationen. Die Regelbeispiele knüpfen auch nach ihrem Wortlaut an das Grunddelikt an, sodass dieses erst vorliegen muss, zumindest im Versuch (vgl. § 243 Abs. 1 S. 1 StGB). Ähnlich, wie bei der Qualifikation darf sich aus dem bloßen Vorliegen eines vollendeten Regelbeispiels keine andere Wertung für das Grunddelikt ergeben. Im Zweifel bleibt Straffreiheit. Dies schließt jedoch nicht aus, dass eine Handlung ein unmittelbares Ansetzen bedeutet, wenn diese gleichzeitig ein Regelbeispiel verwirklicht.

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LAURA

Laura

28.4.2022, 12:45:51

Sieht der BGH das auch so? Ich dachte, wenn das Grunddelikt im Versuch stecken bleibt, aber das Regelbeispiel erfüllt ist, bejaht der BGH dennoch das unmittelbare Ansetzen. Als Argumente werden dann die Tatbestandsähnlichkeit der Regelbeispiele, sowie die Strafmilderung nach § 23 II angeführt. Oder irre ich mich gerade? 😅

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

3.5.2022, 13:31:09

Hallo Laura, einen sehr schönen Überblick über die jüngere Rechtsprechung des BGH in diesem Kontext liefert der Aufsatz von Hoven/Hahn, Der Versuch des Wohnungseinbruchsdiebstahls, NStZ 2021, 588. Denn in den letzten 8 Jahren haben die Senate hier eine ganze Reihe von Urteilen gefällt und dabei nicht immer einheitlich geurteilt. So hat der 3. Senat 2014 noch geurteilt, dass die Verwirklichung (!) des Regelbeispiels nur dann das Vorbereitungsstadium überschreite, wenn zugleich zum Grunddelikt angesetzt werde (BGH NStZ 2015, 207 - Einbruch in die Sparkasse, aber noch nicht damit begonnen, die Geldausgabeautomaten zu öffnen). Auch der 2.+5. Senat stellten in der Folge grundsätzlich auf das Ansetzen zum Grunddelikt ab. Dem stellte sich dann der 4. Senat gleich in zwei Entscheidungen entgegen, der bereits in dem Ansetzen zum Regelbeispiel ein unmittelbares Ansetzen zur Verwirklichung des Grunddelikts sah (BGH NStZ 2020, 353; BeckRS 2020, 12230). Der 5. Senat ist dem nun zwischenzeitlich in Teilen gefolgt (https://applink.jurafuchs.de/mJfwmye9Ipb) und lässt nun bei Angriffen auf Schutzmechanismen auch das unmittelbare Ansetzen hierzu als unmittelbares Ansetzen zum Grunddelikt genügen, wenn "sich der Täter bei dessen Überweindung nach dem Tatplan ohne tatbestandsfremde Zwischenschritte, zeitliche Zäsur oder weitere eigenständige Willensbildung einen ungehinderten Zugriff auf die erwartete Beute vorstellt". Trotz dieser geänderten Rechtsprechung des 5.Senats liegt im vorliegenden Fall mit dem Einbruch noch kein unmittelbares Ansetzen vor. Denn nach der Vorstellung des T musste er im Gebäude auch noch einen Safe überwinden. Er hatte mit der Verwirklichung des Regelbeispiels also gerade noch nicht zum Grunddelikt unmittelbar angesetzt (vgl. auch BGH NStZ 2015, 207). Die Falllösung stimmt also durchaus auch mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung überein. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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