Öffentliches Recht
VwGO
Allgemeine Leistungsklage
Statthaftigkeit Leistungsklage: Abgrenzung zur Verpflichtungsklage: Gewährung von Akteneinsicht
Statthaftigkeit Leistungsklage: Abgrenzung zur Verpflichtungsklage: Gewährung von Akteneinsicht
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die Gemeinde G plant die Errichtung einer Müllverbrennungsanlage neben Ms Grundstück. M stellt einen Antrag auf Einsicht in die Baupläne. Die Behörde bewilligt ihren Antrag. Als M Einsicht nehmen will, verweigert ihr der schlecht gelaunte Behördenmitarbeiter S die Einsicht.
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Einordnung des Falls
Statthaftigkeit Leistungsklage: Abgrenzung zur Verpflichtungsklage: Gewährung von Akteneinsicht
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. M begehrt die Herausgabe der Akten zur Einsicht. Diese Herausgabe ist ein Verwaltungsakt. Statthaft ist daher die Verpflichtungsklage.
Nein!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die allgemeine Leistungsklage kommt dann in Betracht, wenn ein Antrag auf ein tatsächliches behördliches Handeln bereits durch einen Verwaltungsakt bewilligt wurde. Hier liegt eine Bewilligung vor.
Genau, so ist das!
3. M begehrt einen Realakt der Behörde. Statthafte Klageart ist die allgemeine Leistungsklage.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Swagni
21.2.2024, 12:13:21
Hallo, ich habe nicht ganz verstanden worauf sich die Handlungsbeispiele in der Vertiefung der vorletzten Antwort beziehen. Auf ähnliches tatsächliches Verwaltungshandeln, für das man einen Antrag stellen muss?
Ala
8.8.2024, 11:14:46
Hey, wenn das Beg
ehren des Klägers die Abgabe einer Willenserklärung durch die
Behördeist, ist dann die
Leistungsklageoder die Verpflichtungsklage statthaft?
Linne_Karlotta_
8.8.2024, 12:29:48
Hallo @[Ala](241758), es kommt darauf an! Wenn der Kläger der Meinung ist, er habe einen Anspruch auf Abgabe der Willenserklärung, ohne dass zuvor ein entsprechender Verwaltungsakt erlassen wurde (also z.B. per Gesetz), dann ist die
Leistungsklageauf Abgabe dieser Willenserklärung (= tatsächliches Handeln), statthaft. In vielen Fällen ist das tatsächliche Handeln der
Behördeaber daran geknüpft, dass sie einem Antragsteller zunächst in einem Verwaltungsakt das Recht einräumt, das tatsächliche Handeln der
Behördeeinfordern zu können. Also der Anspruch auf das tatsächliche Handeln entsteht erst durch die Bewilligung per Verwaltungsakt (so wie in unserem Fall hier). Liegt dieser Verwaltungsakt noch nicht vor, so müsste der Kläger zunächst die Verpflichtungsklage auf Erlass der begehrten Bewilligung erheben. Ich hoffe, ich habe Dir damit weitergeholfen. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team
Ala
8.8.2024, 14:33:14
Danke @[Linne_Karlotta_](243622) :) ich habe mich gefragt, ob die Willenserklärung an sich nicht schon der Verwaltungsakt ist, sodass so oder so nur eine Verpflichtungsklage die
statthafte klageartist. Oder ist eine Willenserklärung schlichtes verwaltungshandeln?
Linne_Karlotta_
8.8.2024, 16:02:35
Hallo @[Ala](241758), sorry, ich habe Deine Frage falsch verstanden. Danke fürs Nachhaken. Mir ist dadurch klar geworden, dass wir im Fall genauer beschreiben sollten, was wir mit „Willenserklärung“ meinen. Vorweg genommen: Gemeint sind alle denkbaren
Willensäußerungen, die nicht unter § 35 S. 1 VwVfG fallen. Hier ein kommen die detaillierten Ausführungen zum Thema „Willenserklärung“: Denkbar ist zum einen, dass der Bürger einen bestehenden öffentlich-rechtlichen Anspruch auf die Abgabe einer privatrechtlichen Willenserklärung durch die
Behördegeltend macht. Das kann z.B. der Fall sein, wenn sich die
Behördedurch öffentlich-rechtlichen Vertrag verpflichtet hat, dem Bürger ein bestimmtes Grundstück zu verkaufen. In diesem Fall hat der Bürger einen Anspruch aus dem öffentlich-rechtlichen Vertrag. Sofern die
Behördediesen nicht erfüllt, ist die
Leistungsklage, gerichtet auf Abgabe der Willenserklärung, statthaft. (Eine privatrechtliche Willenserklärung kann kein Verwaltungsakt i.S.v. § 35 S. 1 VwVfG sein, da diese ja immer auf die Setzung einer privatrechtlichen Rechtsfolge gerichtet ist und es somit an em Merkmal „auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts“ fehlt.) Dann gibt es aber auch noch sog. „behördliche Willenserklärungen“. Das sind Äußerungen der
Behörde, die zwar rechtserheblich sind, aber keine Regelung erhalten (z.B.
Fristsetzungen, behördliche Aufrechnungserklärungen oder Willenserklärungen, die auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet sind), siehe hierzu z.B. Detterbeck, Allgemeines Verwaltungsrecht, 17.A. 2019, RdNr. 456, 784. Auch gegen dieses tatsächliche Tun der
Behördekommt prinzipiell Rechtsschutz i.R.e.
Leistungsklagein Betracht. Es wird wahrscheinlich aber eher schwierig, hier entsprechende (
Unterlassungs-)Ansprüche herzuleiten. Mir ist hierzu noch nie ein Fall begegnet. Die behördliche Willenserklärung gehört zu der Kategorie der „öffentlich-rechtlichen“ oder „verwaltungsrechtlichen“ Willenserklärungen. Zu dieser Kategorie gehört tatsächlich auch der Verwaltungsakt - als besondere, einseitige öffentlich-rechtliche Willenserklärung. Erfüllt eine Äußerung der
Behördealle Merkmale des § 35 S. 1 VwVfG, dann liegt ein Verwaltungsakt vor und wird andersherum so eine Äußerung begehrt, ist die Verpflichtungsklage statthaft. Du musst diese ganzen begrifflichen Kategorien nicht unbedingt kennen! Für die Falllösung reicht es vollkommen aus, wenn Du das begehrte Handeln der
Behördeam Maßstab von § 35 S. 1 VwVfG prüfst. Und wenn Du dazu kommst, dass ein tatsächliches Handeln begehrt wird, stellst Du Dir eben noch die Frage, ob dafür zunächst ein Verwaltungsakt erlassen werden muss (s. meine Ausführungen oben). Ich hoffe, ich konnte Deine Frage damit abschließend beantworten. Viele Grüße - Linne, für das Jurafuchs-Team
Ala
9.8.2024, 16:03:32
Wow danke! Vielen lieben Dank. Top!