Zivilrechtliche Nebengebiete
Familienrecht
Eheliches Güterrecht und Verfügungsbeschränkungen
Zugewinngemeinschaft - Revokationsrecht 1 (Fall)
Zugewinngemeinschaft - Revokationsrecht 1 (Fall)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
M und F leben im gesetzlichen Güterstand. M überträgt dem D zur Sicherung eines Darlehens mehrere in seinem Alleineigentum stehende Edelsteine, ohne dabei die Zustimmung der F einzuholen. D kennt die Vermögenslage des M genau und weiß daher, dass es sich bei dem Edelsteinen um über 90 % seines Vermögens handelt.
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Einordnung des Falls
Zugewinngemeinschaft - Revokationsrecht 1 (Fall)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Hat D das Eigentum an den Edelsteinen erworben?
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Hat M gegen D einen Anspruch auf Herausgabe der Edelsteine?
Ja!
3. Kann F selbst den Anspruch des M auf Herausgabe der Edelsteine geltend machen, wenn M sich weigert?
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Robinski
20.11.2022, 13:04:37
Hat D nach der Gesamttheorie Eigentum an den Edelsteinen erworben?
Nora Mommsen
8.12.2022, 18:49:21
Hallo Robinski, die Gesamttheorie fordert, dass eine Verpflichtung und Verfügung über das Vermögen im Ganzen nur vorliegt, wenn der Verfügende nach dem Vertragswortlaut "en bloc" über alles verfügt. Die Vereinbarung muss quasi lauten, ich übereigne dir alles, außer die Kleidung, die ich am Leib trage. Da dies den Anwendungsbereich der Norm extrem schmälern würde, stellt diese Theorie eine Mindermeinung dar. Im vorliegenden Fall hat M "nur" über die Edelsteine verfügt. Auch wenn es wertmäßig eigentlich sein gesamtes Vermögen darstellt, hat er nicht "en bloc" verfügt. Das Veräußerungsverbot des § 1365 BGB greift daher nicht. D hätte wirksam Eigentum erworben. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
melb1995
14.12.2022, 12:08:18
Hallo :) Ich verstehe nicht wie man zum einen sagt, dass es sich bei §1365 um ein absolutes Veräußerungsverbot handelt und dann zum anderen sagt dass die subjektive Kenntnis des Vertragspartners erforderlich ist aus Gründen des Verkehrsschutzes. Ist das nicht ein Widerspruch? Liebe Grüße
Nora Mommsen
16.12.2022, 16:56:09
Hallo melb1995, dieser vermeintliche Widerspruch lässt sich zum Einen mit den sich gegenüberstehenden Interessen als auch den geschützten Rechtsgütern erklären. Das absolute Veräußerungsverbot schützt nach allgemeiner Meinung die wirtschaftliche Grundlage der Familie und soll damit auch Sozialfälle verhindern und die gesellschaftlichen Sicherungssysteme entlasten. Sekundär wird zudem der Zugewinnausgleich geschützt. Zusätzlich haben Rechtsprechung und Literatur ein ungeschriebenes subjektives Tatbestandsmerkmal entwickelt. Anknüpfungspunkt ist aber, dass Vermögen. Ob er den konrahierenden Ehegatten für unverheiratet hält ist wiederum das Risiko des Geschäftspartners. Mit diesem subjektiven Erfordernis wird der Anwendungsbereich des § 1365 eingeschränkt, der Handlungsfreiheit der Ehegatten und dem Verkehrsschutz Priorität vor den ehe- und familienrechtlichen Interessen eingeräumt. Die beiden Anforderungen schützen also unterschiedliche Interessen, weswegen es auf den ersten Blick kontr
aproduktiv erscheint. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
melb1995
16.12.2022, 19:12:43
Okay ich verstehe vielen Dank :)
der unerkannt geisteskranke E
29.1.2024, 21:47:48
Mir hilft es zum Verständnis von Richterrecht, wobei es sich bei der Einzeltheorie wohl handelt, immer, das Ergebnis (sofern möglich) methodisch sauber und überzeugend herzuleiten, daher folgender Vorschlag: § 1365 I 1 BGB ist im Wortlaut dahingehend klar, dass er als Tatbestandsvoraussetzung eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen, also en bloc, voraussetzt. Der Sinn und Zweck der Norm, den gemeinsamen Unterhalt und künftige Zugewinnausgleichsforderungen zu sichern, greift aber grundsätzlich auch im Fall von Verfügungen über einzelne Gegenstände, die etwa 85 % oder mehr des Vermögens ausmachen. Insofern kommt eine teleologische Extension in Betracht. Dabei würde aber die Wertung des Gesetzgebers, dass ein absolutes Verfügungsverbot dem Rechtsverkehr nur zuzumuten ist, wenn er wusste, dass es sich um eine Verfügung über das Vermögen im Ganzen handelt, umgangen werden, sodass eine grundsätzliche Ausweitung des Anwendungsbereich nicht in Frage kommt. Wenn der Rechtsverkehr aber weiß, dass es sich, obwohl es sich nur um einen Gegenstand handelt, faktisch um das ganze Vermögen handelt, ist er nicht mehr schutzwürdig. Die Wertungen des § 1365 I 1 BGB erfassen also auch diesen Fall, nur der Wortlaut nicht. Insoweit ist eine teleologische Extension also geboten.