Ehevertrag – Inhalt und Form (Fall)

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M und F wollen nach zahlreichen Ehejahren nun doch einen Ehevertrag abschließen. Darin vereinbaren Sie den Güterstand der Zugewinngemeinschaft und begrenzen den Zugewinnausgleichsanspruch der Höhe nach. Da M etwas dazwischenkommt, schickt er seinen Freund E zur Unterzeichnung beim Notar.

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Einordnung des Falls

Ehevertrag – Inhalt und Form (Fall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. M und F haben bereits vor der Vertragsunterzeichnung im Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 1363 Abs. 1 BGB leben Ehegatten im Güterstand der Zugewinngemeinschaft, wenn sie nicht durch Ehevertrag etwas anderes vereinbart haben. Da M und F zuvor noch keinen Ehevertrag geschlossen hatten, lebten sie daher bereits im Güterstand der Zugewinngemeinschaft.
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2. Eine Modifizierung der Zugewinngemeinschaft ist unwirksam.

Nein!

Der Ehevertrag muss grundsätzlich einem der vom BGB zur Verfügung gestellten Güterrechtstypen entsprechen (numerus clausus). Es ist umstritten, ob einzelne Regelungen der im BGB normierten Güterstände miteinander kombiniert werden können. Unstrittig, ist jedoch, dass die einzelnen Güterstände hinsichtlich der nicht zwingenden Vorschriften modifiziert werden können. Die Beschränkung der Höhe des Zugewinnausgleichs stellt eine zulässige Modifizierung dar, die daher wirksam ist.

3. Wurde der Ehevertrag formgültig geschlossen?

Genau, so ist das!

Der Ehevertrag muss gemäß § 1410 BGB bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile zur Niederschrift eines Notars geschlossen werden. Die gewillkürte Stellvertretung ist dabei zulässig und die Vollmacht formfrei möglich. Die Vertretung des M durch E stellt keinen Formmangel dar. Zudem wurde die Vereinbarung vor einem Notar geschlossen, sodass ein formgültiger Ehevertrag vorliegt. Der Formzwang soll die Parteien vor Übereilung schützen, sie zur Beratung zwingen und den Beweis der Vereinbarung sicherstellen.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Natze

Natze

21.8.2023, 14:36:31

Die Norm ist doch eine "muss" Vorschrift. Woraus ergibt sich die Zulässigkeit der Stellvertretung? "Bei gleichzeitiger Anwesenheit beider Teile" ergibt sich für mich ein Ausschluss der Stellvertretung? Wo stehe ich denn auf dem Schlauch?

LELEE

Leo Lee

24.8.2023, 15:57:16

Hallo Natze, das ist völlig richtig, § 1410 BGB besagt dass beide Teile anwesend sein müssen. Beachte jedoch, dass die Stellvertretung nach §§ 164 ff. BGB grundsätzlich immer zulässig ist bei Willenserklärung. Ausnahme sind die sog. höchstpersönlichen Rechtsgeschäfte; hier steht es im Wortlaut dann drin, dass nicht vertreten werden darf (etwa § 1311 BGB "persönlich...", § 1750 Abs. 3 S. 1 "kann nicht durch einen Vertreter..." und § 2064 BGB "nur persönlich"). D.h., wenn solche Worte im Gesetz nicht stehen - § 1410 BGB etwa, hier wird nur die gleichzeitige Anwesenheit gefordert - greift der gesetzliche Grundsatz der Zulässigkeit einer Stellvertretung. Dies leuchtet auch ein, da zwar der Ehevertrag "persönlich", jedoch als "normaler Vertrag" eben nicht "höchstpersönlich" ist (wie etwa die Eheschließung oder das eigenhändige

Testament

). Beachte auch in diesem Kontext, dass § 925 BGB den gleichen Wortlaut teilt "gleichzeitige Anwesenheit" wie § 1410 BGB, womit auch hier eine Stellvertretung möglich ist (häufiger Fehler in Klausuren)! Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB, 9. Auflage, Schubert § 164 Rn. 108 f. sehr empfehlen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo

Natze

Natze

4.12.2023, 12:26:59

Vielen Dank für die Erklärung :)

LELEE

Leo Lee

4.12.2023, 12:29:57

Sehr gerne! Wir freuen uns auf weitere sehr lehrreiche und gute Fragen von dir :)!

DIAA

Diaa

26.8.2023, 14:18:07

Ich bin lost! Was ist jetzt genau ein Ehevertrag? Der, den man bei einem Standesamt schließt oder bei einem Notar? Oder gibt es zwei unterschiedliche?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

28.8.2023, 16:12:53

Hallo Diaa, danke für deine Frage. Beim Standesamt wird die Ehe geschlossen, beim Notar der Ehevertrag. Letzterer regelt in der Regel Vermögensfragen. Der Grundsatz der Höchstpersönlichkeit gilt lediglich für die Eheschließung. Für den Abschluss des Ehevertrags vorm Notar ist also Stellvertretung erlaubt. :) Beste Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

DDoubleYou

DDoubleYou

23.12.2023, 20:59:02

Liebes Jurafuchs-Team, vielen Dank für die Aufgabe! Auch wenn es in dieser Aufgabe nicht richtig von Belang ist, kann es doch verwirrend sein, wenn die Frau F heißt und gleichzeitig der Freund des M auch F heißt. Vielen Dank und beste Grüße!

LELEE

Leo Lee

24.12.2023, 16:49:38

Hallo DDoubleYou, vielen Dank für den Hinweis! Wir haben den Text nun entsprechend korrigiert :). Besinnliche Feiertage und einen guten Rutsch wünscht dir das Jurafuchsteam!

B.H.

B.H.

19.8.2024, 16:00:27

Sofern die Ehegatten ursprünglich keine Regelungen bzgl. ihres Güterstandes getroffen haben und demnach aufgrund gesetztes im Güterstand der Zugewinngemeinschaft nach § 1363 I BGB leben, sich jedoch später dazu entschließen einen Ehevertrag zu schließen, wird der Güterstand der Zugewinngemeinschaft beendet. Erfolgt für die Zeit, in welcher der Güterstand der Zugewinngemeinschaft bestand, ein Zugewinnsausgleich nach §§ 1373 ff. BGB?

Sebastian Schmitt

Sebastian Schmitt

3.11.2024, 17:27:51

Hallo @[B.H. ](154709), ja, in solchen Fällen erfolgt grds ein Zugewinnausgleich für die Zeit, in der der gesetzliche Güterstand bestand. Inhaltlich handelt sich um einen Fall der Beendigung des Zugewinnausgleichs auf andere Weise als durch Tod nach §§ 1372, 1414 S 1 BGB. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team


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