Öffentliches Recht
VwGO
Fortsetzungsfeststellungsklage
Verfahrensfehlerhafte, aber nicht aufhebbare Verwaltungsakte
Verfahrensfehlerhafte, aber nicht aufhebbare Verwaltungsakte
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die zuständige Behörde B erlässt gegen A einen materiell rechtmäßigen Baustopp. Dem Bescheid fehlt die Begründung. B hat sich ausführlich mit den Gründen des Baustopps auseinandergesetzt, die Begründung nur versehentlich nicht beigefügt. A möchte feststellen lassen, dass der Baustopp rechtswidrig ist.
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Einordnung des Falls
Verfahrensfehlerhafte, aber nicht aufhebbare Verwaltungsakte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat den Baustopp ohne Begründung erlassen. Statthaft ist die Anfechtungsklage gerichtet auf die Aufhebung des Baustopps.
Nein, das trifft nicht zu!
Jurastudium und Referendariat.
2. Eine gerichtliche Aufhebung des Baustopps scheidet aus. In Betracht kommt nur ein Antrag nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog auf Feststellung der (formellen) Rechtswidrigkeit des Baustopps.
Ja!
3. A ist klagebefugt. Darüber hinaus muss sie ein berechtigtes Interesse geltend machen können festzustellen, dass der Bescheid formell rechtswidrig ergangen ist.
Genau, so ist das!
4. Das berechtigte Interesse an der Feststellung des Formfehlers besteht darin, dass Form- und Verfahrensfehler ansonsten nicht gerügt werden könnten.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
omnimodo facturus
8.9.2022, 08:40:03
Etwas kaufen kann er sich von dieser Feststellung aber nicht, oder?
Nora Mommsen
8.9.2022, 10:06:33
Hallo omnimodo facturus, da in der vorliegenden Konstellation die Aufhebung ausscheidet (nur deswegen ist ja die
Feststellungsklagemöglich) hat er tatsächlich "nichts" davon. Dennoch dient das Verfahren natürlich der rechtsstaatlichen Kontrolle von Verwaltungshandeln. Könnte er es nicht überprüfen lassen, bliebe ihm kein Rechtsschutz gegen einen rechtswidrigen, wenn auch nicht aufhebbaren VA. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team
frausummer
8.12.2022, 15:24:17
Könntet ihr vielleicht noch kurz erklären, was wir aus der Voraussetzung der Erledigung machen? Der Formfehler macht den VA zwar nicht anfechtbar, aber dadurch ist er doch noch nicht erledigt, oder?
Der BGBoss
14.1.2023, 11:34:11
Die zweite Frage passt m.E. Nicht zur Antwort. In der Frage geht es um die Statthaftigkeir der Anfechtungsklage. Die Begründung verneint diese mit mangelnder
begründetheitder Anfechtungsklage. Das ist falsch.
Der BGBoss
14.1.2023, 11:34:35
Die Klageart ist sehr wohl zutreffend, sie hat nur keinen Erfolg
MaxCarl
15.2.2023, 21:31:51
Verstehe nicht, wieso die Anfechtungsklage nicht statthaft ist. A will ja offensichtlich gegen den Baustopp vorgehen. Warum hat sich der VA erledigt frag ich mich?
se.si.sc
16.2.2023, 14:00:46
Auch ich kann nicht nachvollziehen, warum die Anfechtungsklage hier nicht statthaft sein soll. A will offensichtlich gegen den Baustop und damit gegen einen VA vorgehen - und das reicht i.R.d. 42 I, 2. Var. VwGO völlig aus. Dass A lediglich einen formellen Mangel rügen kann, der wegen 46 VwVfG evtl. i.E. schon gar nicht zu einer Aufhebung nach § 113 I 1 VwGO führen kann, scheint nach h.M. überhaupt keine Frage der Zulässigkeit, sondern vielmehr der
Begründetheit(Kopp/Schenke, § 42 Rn. 179) zu sein. Eine a.A. dürfte wie so oft vertretbar sein, wobei sich dann anstelle der
Statthaftigkeitwohl noch eher die
Klagebefugnisnach § 42 II VwGO oder das allgemeine Rechtsschutzbedürfnis anbieten würden. Gegen eine Ablehnung der
Klagebefugnisspricht allerdings, dass es hier allein um die Möglichkeit einer Rechtsgutsverletzung geht - und ob das tatsächlich der Fall ist, prüfen wir eben erst bei der (hier: formellen)
Rechtmäßigkeiti.R.d.
Begründetheit.
Nilson2503
19.9.2023, 14:24:56
Mir erscheint die Vorgehensweise hier auch äußerst fraglich. Hier werden Fragen der
Begründetheitauf nicht mehr nachvollziehbare Weise bereits in die
Statthaftigkeitalso iRd Zulässigkeit Vorverlagert. Vielleicht kann das Jura-Fuchs Team hier Abhilfe schaffen?
Nora Mommsen
27.5.2024, 18:44:02
Hallo in die Runde, es kommt im vorliegenden Fall nicht auf die Erledigung des VAs an, weshalb die Fortsetzungs
feststellungsklagestatthaft ist. Vorliegend war der VA materiell rechtmäßig und die
Behördehatte auch eine rechtmäßige Begründung. Sie haben bloß vergessen, den VA mit dieser schriftlich zu versehen. Hier kommt dann § 46 VwVfG ins Spiel, nach dem eine "Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die FORM (...) zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat." Genau das ist vorliegend einschlägig, womit die Anfechtungsklage, die auf die Aufhebung eines VAs gerichtet ist, nicht in Betracht mehr kommt. Jedoch muss der A eine Möglichkeit gegeben werden, auch einen Formfehler einklagen zu können, wegen der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Deswegen kommt man zu einer analogen Anwendung des § 113 I S.4 VwGO. Beste Grüße, Nora - Für das Jurafuchs-Team
bayilm
11.8.2024, 20:56:40
@[
Nora Mommsen](178057) Theoretisch würde man die formelle
Rechtmäßigkeitdes VA doch erst in der Begrundetheit prüfen. Dort würde man doch dann erst einbringen, dass diese formelle Fehler nicht ausreicht damit der VA rechtswidrig ist und ergo eine Anfechtungsklage unbegründet wäre. Nach diesem Lösungsweg würde man dann aber, die Prüfung der formellen
Rechtmäßigkeitin die Zulässigkeit ziehen. Und bei sowas drängt sich mir ein Störgefühl auf. Es wäre doch deutlich strukturierter erstmal die Anfechtungsklage dann durchzuprüfen und diese dann an mangels Begrundetheit scheitern zu lassen. Und dann die FFK durchzuprüfen, wo man dann größtenteils auf die Prüfung der Anfechtungsklage verweist. Sofern jemand anderes eine elegantere Lösung dafür hätte, bin ich aber ganz Ohr.
Michael
4.10.2024, 16:17:33
@[bayilm](190202) sehe ich genau so. Man müsste die Anfechtungsklage durchprüfen und dann zu dem Ergebnis kommen, dass die Klage zulässig jedoch unbegründet ist. Das die Begründung fehlt darf erst in der
Begründetheitgeprüft werden. Danach kann man höchstens sagen, dass dem Kläger über die FFK eine Rechtsschutzmöglichkeit gegenüber formellen Fehlern in solchen Fällen eingeräumt werden muss. Ich frage mich dann nur, ob es nicht problematisch ist davor eine Klageart im Ergebnis als zulässig zu befinden und danach eine andere Klageart ebenso als zulässig anzunehmen. Vielleicht rührt der Lösungsweg daher.
yolojura
20.5.2024, 01:22:10
Hallo, ich verstehe nicht ganz, inwiefern sich der Baustopp-VA hier erledigt haben soll. Zweck eines Baustopps ist doch gerade die zeitliche Unterbrechung des Baus, sodass die Regelungswirkung des Baustopps weiterhin andauert und nicht entfallen ist.
Maximilian Puschmann
20.5.2024, 11:57:21
Hallo yolojura, es kommt im vorliegenden Fall nicht auf die Erledigung des VAs an, weshalb die Fortsetzungs
feststellungsklagestatthaft ist. Vorliegend war der VA materiell rechtmäßig und die
Behördehatte auch eine rechtmäßige Begründung. Sie haben bloß vergessen, den VA mit dieser schriftlich zu versehen. Hier kommt dann § 46 VwVfG ins Spiel, nach dem eine "Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, nicht allein deshalb beansprucht werden kann, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die FORM (...) zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat." Genau das ist vorliegend einschlägig, womit die Anfechtungsklage, die auf die Aufhebung eines VAs gerichtet ist, nicht in Betracht mehr kommt. Jedoch muss der A eine Möglichkeit gegeben werden, auch einen Formfehler einklagen zu können, wegen der Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG. Deswegen kommt man zu einer analogen Anwendung des § 113 I S.4 VwGO. Beste Grüße Max - Für das Jurafuchs-Team
Doris Eventualis
18.6.2024, 18:34:41
Aber die Antwort auf die Frage, ob er sich erledigt hat, war ja dennoch wenn ich mich nicht täusche, mit JA zu beantworten. Und was ich von hier verstehe ist, dass er sich eben nicht erledigt hat oder?