+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
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Klassisches Klausurproblem
Die zuständige Behörde B erlässt gegen A einen materiell rechtmäßigen Baustopp. Dem Bescheid fehlt die Begründung. B hat sich ausführlich mit den Gründen des Baustopps auseinandergesetzt, die Begründung nur versehentlich nicht beigefügt. A möchte feststellen lassen, dass der Baustopp rechtswidrig ist.
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Einordnung des Falls
Verfahrensfehlerhafte, aber nicht aufhebbare Verwaltungsakte
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B hat den Baustopp ohne Begründung erlassen. Statthaft ist die Anfechtungsklage gerichtet auf die Aufhebung des Baustopps.
Nein, das trifft nicht zu!
Ist ein formell fehlerhaft ergangener Verwaltungsakt nicht nach § 44 VwVfG nichtig, hat der Betroffene keinen Anspruch auf Aufhebung des Verwaltungsakts, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung der Verfahrens- oder Formvorschriften die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst haben (§ 46 VwVfG). Allein der Umstand, dass ein Verwaltungsakt formell rechtswidrig ist, reicht also noch nicht aus, um dessen Aufhebung zu erreichen. Hier hat sich B mit dem Sachverhalt auseinandergesetzt und eine begründete Entscheidung getroffen. B hat lediglich versäumt, die Begründung dem Bescheid beizufügen. Dies hat die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst. Die Aufhebung des Baustopps wegen der fehlenden Begründung scheidet aus.
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2. Eine gerichtliche Aufhebung des Baustopps scheidet aus. In Betracht kommt nur ein Antrag nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog auf Feststellung der (formellen) Rechtswidrigkeit des Baustopps.
Ja!
Hat der Adressat eines belastenden Verwaltungsakts ausnahmsweise keinen Anspruch auf dessen Aufhebung, kann das Gericht zumindest die Rechtswidrigkeit des bestehen bleibenden Verwaltungsakts feststellen. Das Interesse eines Klägers an der Feststellung einer Rechtsverletzung kann nämlich auch bzw. gerade dann bestehen, wenn das Gericht den Verwaltungsakt aus materiellrechtlichen oder prozessualen Gründen nicht aufheben kann. Die Rechtsschutzgarantie aus Art. 19 Abs. 4 GG gebietet in diesen Fällen die analoge Anwendung von § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO. Statthaft ist ein Antrag des A auf Feststellung der (formellen) Rechtswidrigkeit des Baustopps (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog).
3. A ist klagebefugt. Darüber hinaus muss sie ein berechtigtes Interesse geltend machen können festzustellen, dass der Bescheid formell rechtswidrig ergangen ist.
Genau, so ist das!
Die Klagebefugnis setzt voraus, dass der Kläger durch den Verwaltungsakt oder die Untätigkeit der Behörde möglicherweise in seinen subjektiven Rechten verletzt wurde. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur zulässig, wenn zusätzlich zur Klagebefugnis ein berechtigtes Interesse des Klägers an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts besteht (= Fortsetzungsfeststellungsinteresse), § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO a.E. Der Baustopp (= belastender Verwaltungsakt) könnte A in ihren Rechten aus Art. 14 Abs. 1 GG verletzen. Darüberhinaus muss sie ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der (formellen) Rechtswidrigkeit des Baustopps geltend machen. 4. Das berechtigte Interesse an der Feststellung des Formfehlers besteht darin, dass Form- und Verfahrensfehler ansonsten nicht gerügt werden könnten.
Ja, in der Tat!
Nicht aufhebbar trotz subjektiver Rechtsverletzung sind oftmals verfahrensfehlerhafte Verwaltungsakte. Hier muss die Möglichkeit bestehen, ihre Rechtswidrigkeit feststellen zu lassen. Ansonsten führten Vorschriften wie § 46 VwVfG dazu, dass Verfahrensrechtsverletzungen, die regelmäßig mit einer Grundrechtsverletzung einhergehen, nicht gerügt werden könnten. Gerade unter dem Aspekt des effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 Abs 4 GG) und der betroffenen materiellen Grundrechte muss die Fortsetzungsfeststellungsklage in diesen Fällen möglich sein. As berechtigte Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit des Baustopps besteht wegen der ansonsten fehlenden Möglichkeiten, die rechtsverletzenden Verfahrensfehler zu rügen.