Statthaftigkeit Leistungsklage: Standardfall 2 (Klage auf Herausgabe)
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Die rechtsradikale R schwingt auf einer Kundgebung ihrer Partei eine Fahne mit Hakenkreuz (verbotenes Symbol, § 86a Abs. 1 StGB). Polizistin P konfisziert die Fahne. Nach der Veranstaltung will R ihre Fahne zurück.
Einordnung des Falls
Statthaftigkeit Leistungsklage: Standardfall 2 (Klage auf Herausgabe)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach erfolglosem Antrag bei der zuständigen Polizeibehörde klagt R. Die allgemeine Leistungsklage ist statthaft, wenn R schlichtes Verwaltungshandeln oder ein Unterlassen der Behörde begehrt.
Genau, so ist das!
2. Die Leistungsvornahmeklage (allgemeine Leistungsklage) muss von der Verpflichtungsklage abgegrenzt werden.
Ja, in der Tat!
3. R begehrt den Erlass eines Verwaltungsakts. Statthaft ist die Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO).
Nein!
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![Simon](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__mpwftaezmgoblr0ksqhyx9i41.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Simon
1.5.2022, 01:00:20
Unter Zugrundelegung bayerischen (Polizei-)Rechts: Könnte man auch annehmen, dass R sowohl Anfechtungs- bzw. Verpflichtungs- als auch allg. Leistungsklage (iRd obj. Klagehäufung nach § 44 VwGO) erheben muss? Die Sicherstellung nach Art. 25 BayPAG ist mE als DauerVA einzuordnen, der die Verwahrung der Sache rechtfertigt, vgl. Lisken/Denninger, HdB des PolizeiR, 7. Aufl. 2021, Rn. 608. Damit müsste dieser VA doch erst durch Anfechtungsklage oder (bei Bestandskraft) durch Verpflichtungsklage gerichtet auf Rücknahme gem. Art. 48 BayVwVfG (die Sicherstellung wird durch Wegfall ihrer VSS ex nunc rechtswidrig) "beseitigt" werden. Erst dann könnte allg. Leistungsklage auf Herausgabe der Sache gem. Art. 28 II BayPAG erhoben werden. Oder erledigt sich der VA iSd Art. 43 II BayVwVfG automatisch mit Wegfall seiner VSS (wohl entgegen des Wortlauts von Art. 28 I BayPAG, der davon spricht, dass die Sicherstellung beendet werden müsse), sodass R nur allg. Leistungsklage zu erheben braucht? Hoffe, meine Überlegungen sind nicht zu abwegig :)
![Lukas_Mengestu](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__x133cq1so0il85q8i03wkixhy.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Lukas_Mengestu
4.5.2022, 14:54:45
Hallo Simon, sehr guter Punkt. Wenn die Sicherstellungsanordnung weiterhin wirksam ist, so wäre in der Tat diese mit der Anfechtungsklage anzugreifen und mit einem Antrag auf Folgenbeseitigung (§ 113 Abs. 1 S. 2 VwGO) zu verbinden (vgl. Senftl, in: BeckOK-PolR Bayern, 18.Ed. 1.3.2922, PAG Art. 28 RdNr. 25 f.). Anders ist dies dagegen, wenn nachträglich die - anfänglich noch vorliegenden - Voraussetzungen für eine Sicherstellung wegfallen. Zwar könnte man hier durchaus auch darüber nachdenken, dass zunächst die noch bestehende Anordnung mit der Anfechtungsklage angefochten werden müsste. Dann würde der Anspruch aus Art. 28 Abs. 2 PAG letztlich leerlaufen, da dann stets die Herausgabe über den Annexantrag bewirkt werden könnte. Auch der BayVGH vertritt insoweit, dass man nicht zunächst die Sicherstellungsanordnung angreifen muss, sondern direkt die Leistungsklage statthaft ist (vgl. VGH München, 15.11.2016 - 10 BV 15.1049 ) BeckRS 2016, 110049 RdNr. 35). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
Unterfertigter
17.1.2024, 14:01:03
Ist hier nicht gemäß actus-contrarius-Theorie auch die
Statthaftigkeiteiner Verpflichtungsklage gut vertretbar?
![Natze](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__kvwnfocrfndguautbwzug.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Natze
19.2.2024, 19:39:09
Habe ich mir auch gedacht. Die Beschlagnahmung stellt doch einen VA dar? Oder ist das die ältere Mindermeinung?
Busches Bester
22.2.2024, 11:50:46
Das ist richtig, aber dafür wäre es erforderlich, dass der Verwaltungsakt erst zurückgenommen müsste. Diese Rücknahme wäre ein Verwaltungsakt nach der Actus-Contrarius-Theorie. Daran kann man denken, wenn der VA sich hier nicht erledigt hat, weil z.B. noch kein Kostenbescheid erlassen wurde. Wenn aber Kosten nicht entstanden sind, ist auch kein Aufhebungs-VA erforderlich, sodass sich der ursprüngliche VA erledigt hat und eine
allgemeine Leistungsklageauf Herausgabe statthaft ist.
![Natze](/_next/image?url=https%3A%2F%2Fwissen.jurafuchs.de%2Fimage%2F%25252Fassets%25252Fsecure%25252Fusers%25252Favatar__kvwnfocrfndguautbwzug.jpeg%3Ftype%3Draw&w=3840&q=75)
Natze
22.2.2024, 11:59:00
Super, danke dir :)