Zivilrecht

Deliktsrecht

§ 823 Abs. 1 BGB

„Malen auf Autos“ (verschuldensunfähig und Aufsichtspflichtverletzung

„Malen auf Autos“ (verschuldensunfähig und Aufsichtspflichtverletzung

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Der fünfeinhalbjährige S wird von seiner alleinerziehenden Mutter M auf den Spielplatz vor dem Wohnkomplex geschickt, in dem sie leben. Nach 2 Stunden wird S langweilig und er beginnt geparkte Autos mit Steinen zu "bemalen". Dabei entsteht auch ein Lackschaden am Wagen des N.

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Einordnung des Falls

„Malen auf Autos“ (verschuldensunfähig und Aufsichtspflichtverletzung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S ist verschuldensfähig, sodass N einen Anspruch gegen S wegen der Beschädigung seines Fahrzeugs hat (§ 823 Abs. 1 BGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Die Beurteilung der Verschuldensfähigkeit von Minderjährigen richtet sich nach einem abgestuften System (§ 828 BGB). Eine Person, die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist nicht für den Schaden, den sie anderen Personen zufügt, verantwortlich (§ 828 Abs. 1 BGB). S hat eine rechtswidrige Verletzungshandlung begangen, indem er fremdes Eigentum beschädigt hat. Allerdings ist er erst fünfeinhalb Jahre alt, sodass es ihm an der Verschuldensfähigkeit fehlt. Damit fehlt es für einen Anspruch gegen S an dessen Verschulden.
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2. M ist gegenüber S aufsichtspflichtig (§ 832 Abs. 1 BGB).

Ja!

Grundsätzlich tragen die Eltern die elterliche Sorge für das minderjährige Kind (§ 1626 BGB). Kraft Gesetzes sind zur Aufsicht über Minderjährige diejenigen verpflichtet, denen nach den familienrechtlichen Vorschriften die Personensorge obliegt. Bei bestehender Ehe sind dies beide Elternteile. Etwas anderes kann sich ergeben, wenn ein Elternteil verstorben ist oder das Sorgerecht entzogen wurde (§ 1666 BGB). M ist alleinerziehend. Damit ist davon auszugehen, dass sie das alleinige Sorgerecht hat und somit aufsichtspflichtig ist.

3. Es genügt, dass der Aufsichtsbedürftige den Schaden widerrechtlich, nicht aber schuldhaft verursacht hat (§ 832 Abs. 1 BGB).

Genau, so ist das!

Die Haftung aus § 832 BGB knüpft an widerrechtliches Verhalten und damit an ein Delikt des Aufsichtsbedürftigen an. Eine Verschuldensfähigkeit des Minderjährigen im Sinne des § 828 BGB ist dementsprechend nicht erforderlich. Das vorwerfbare Verhalten ist somit allein die Missachtung einer Aufsichtspflicht.

4. Das Verhalten der M verletzt ihre Aufsichtspflicht.

Ja, in der Tat!

Das Maß der gebotenen Aufsicht über Minderjährige richtet sich nach Alter, Eigenart und Charakter des Kindes, wobei sich die Grenze der erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen danach richtet, was verständige Eltern in der konkreten Situation tun müssen, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Als fünfeinhalbjähriges Kind kann S eine gewisse Zeit ohne unmittelbare Einwirkungsmöglichkeit und Aufsicht gelassen werden. Allerdings kann er in diesem Alter aufgrund des ausgeprägten Spieltriebs und des geringen Verständnisses für fremdes Eigentum nicht für länger als 30 Minuten unbeaufsichtigt bleiben.Das Aufsichtsverschulden wird widerleglich vermutet (§ 832 Abs. 1 S. 2 BGB).
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