Bestimmung des Außenbereichs / Variation

5. Juli 2025

4 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Rübenbauer Dwight S. (D) aus Pennsylvania hat ein weiteres Grundstück geerbt und plant auch dort ein B&B-Hotel im Stile des Hotel Adlon zu errichten. Es gibt meilenweit keine andere Bebauung. Das Grundstück liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans.

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Einordnung des Falls

Bestimmung des Außenbereichs / Variation

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Ein Vorhaben muss sich an den bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen messen lassen, wenn es eine bauliche Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB darstellt.

Ja, in der Tat!

Grundvoraussetzung für die Anwendbarkeit der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 30ff. BauGB ist das Vorliegen einer baulichen Anlage i.S.d. § 29 Abs. 1 BauGB. Übrige Vorhaben unterliegen im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) und im Außenbereich (§ 35 BauGB) planungsrechtlich keinen Schranken. Solche Vorhaben müssen sich in einem Planbereich (§ 30 BauGB) aber an Festsetzungen halten, die unmittelbar aus einem Bebauungsplan folgen.
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2. Das B&B-Hotel stellt eine bauliche Anlage i.S.d § 29 Abs. 1 BauGB dar.

Ja!

Der bauplanungsrechtliche Anlagenbegriff erfasst Anlagen, die (1) in einer auf Dauer gedachten Weise künstlich mit dem Erdboden verbunden werden und die (2) die in § 1 Abs. 5 und 6 BauGB genannten Belange in einer Weise berühren können, die geeignet ist, das Bedürfnis nach einer verbindlichen Bauleitplanung hervorzurufen, die ihre Zulässigkeit regelt (bodenrechtliche Relevanz). Maßstab dafür ist nicht das konkrete Vorhaben, sondern seine gedachte Häufung. Angesichts seiner geplanten Nutzung, der Flächenversiegelung und Größe ist das B&B-Hotel geeignet, Belange des § 1 Abs. 5 S. 2, Abs. 6 Nr. 7 a) (Umweltschutz), Nr. 8 b) (Land- und Forstwirtschaft) BauGB zu tangieren.

3. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhabens richtet sich allein nach § 35 BauGB.

Nein, das ist nicht der Fall!

Der Außenbereich (§ 35 BauGB) definiert sich ausschließlich negativ als Ortsteil, der weder beplant (§ 30 BauGB) noch im Zusammenhang bebaut ist (§ 34 BauGB). Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans - also eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 BauGB nicht erfüllt - richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben primär nach den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans und im Übrigen nach § 34 oder § 35 BauGB (§ 30 Abs. 3 BauGB). Ds Vorhaben liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans. Deshalb richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit von Ds Vorhaben primär nach den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans.

4. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des B&B-Hotels richtet sich nach den Festsetzungen des einfachen Bebauungsplans (§ 30 Abs. 3 BauGB) und nach den Voraussetzungen des § 35 BauGB.

Ja, in der Tat!

Im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben primär nach den Festsetzungen des Bebauungsplans und im Übrigen nach § 34 oder § 35 BauGB (§ 30 Abs. 3 BauGB). Konsequenz des § 30 Abs. 3 BauGB ist eine zweigleisige Prüfung. Das Grundstück, auf dem D sein B&B-Hotel errichten will, liegt im Geltungsbereich eines einfachen Bebauungsplans. Da es um das Grundstück herum meilenweit keine andere Bebauung gibt, hat das Grundstück auch nicht die Charakteristik des § 34 BauGB, sondern die Charakteristik eines Außenbereichsgrundstücks (§ 35 BauGB). Deshalb richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit nach § 30 Abs. 3 BauGB i.V.m. § 35 BauGB. Merk Dir diese zweigleisige Prüfung: Liegt ein einfacher Bebauungsplan, aber kein Bebauungszusammenhang vor, richtet sich Deine Prüfung primär nach den Festsetzungen des Bebauungsplans und ergänzend nach § 35 BauGB. Liegen sowohl ein einfacher Bebauungsplan als auch ein Bebauungszusammenhang vor, richtet sich Deine Prüfung primär nach den Festsetzungen des Bebauungsplans und ergänzend nach § 34 BauGB.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Panthenola

Panthenola

5.12.2022, 23:54:58

Die The Office Anspielung ist so super 😄

CR7

CR7

25.7.2023, 19:11:46

Wer hat sich das bloß ausgedacht?

besnadzcn

besnadzcn

1.1.2025, 23:34:15

Bedeutet das, dass ein bauliches Vorhaben, auch wenn keine

bauliche Anlage

gemäß § 29 I BauGB vorliegt, dennoch an einem gegebenenfalls vorhandenen Bebauungsplan nach §

30 BauGB

gemessen werden muss, während die §§ 34 und 35 BauGB keine Anwendung finden?

MCFLUFF

McFluffig

14.6.2025, 15:26:55

@[besnadzcn](229203) genau. Begründung: Wenn es einen Bebauungsplan gibt, hat die Gemeinde sich Gedanken darüber gemacht, wie sie das Gebiet bebaut haben möchte, also was erlaubt sein soll und was nicht. Das ist wegen der Planungshoheit der Gemeinde zu respektieren, selbst wenn keine

bauliche Anlage

iSd. § 29 I BauGB vorliegt, der ja eigentlich erst den Zugang zu den §§ 30 ff. BauGB eröffnet. Im Falle von §§ 34, 35 BauGB hat die Gemeinde gerade keine Entscheidung getroffen, was erlaubt sein soll. Weil keine

bauliche Anlage

vorliegt, kann man auch davon ausgehen, dass das jeweilige Vorhaben nicht derart störend sein kann, dass man seine Ausführung im Innenbereich oder Außenbereich unterbinden müsste.


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