Veräußerung von GmbH-Anteilen

31. Mai 2025

18 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V möchte K ihre Anteile an der Lumière-GmbH übertragen. Um Steuern zu sparen, geben sie bei Abschluss des Kaufvertrages vor dem Notar einen geringeren Kaufpreis an. Die Übertragung wird vor dem Notar erklärt und beurkundet.

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Einordnung des Falls

Veräußerung von GmbH-Anteilen

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. GmbH-Anteile werden durch Abtretung übertragen (§§398, 413 BGB).

Genau, so ist das!

Die Übertragung (Verfügungsgeschäft) erfolgt nicht nach sachenrechtlichen Grundsätzen. Da es sich bei den GmbH-Anteilen um ein sonstiges Recht handelt, sind vielmehr die Vorschriften der Abtretung über die Verweisung in § 413 BGB anwendbar.Da Aktien keine beweglichen Sachen sind, ist schuldrechtlich § 433 BGB auch nicht direkt anwendbar, sondern nur über die Verweisung in § 453 BGB.
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2. Sowohl das Verpflichtungs- als auch das Verfügungsgeschäft bedürfen der notariellen Form.

Ja, in der Tat!

Gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG bedarf die Übertragung der GmbH-Anteile der notariellen Form nach § 128 BGB. Dabei handelt es sich um die Abtretung nach §§ 398, 413 BGB. Aber auch das Verpflichtungsgeschäft bedarf nach § 15 Abs. 4 GmbHG der notariellen Form. Hierbei handelt es sich in der Regel ein Rechtskauf nach § 453 BGB, bei dem die Vorschriften über den Kaufvertrag Anwendung finden.

3. Da V und K vor dem Notar einen falschen Kaufpreis angegeben haben, ist das Verpflichtungsgeschäft zunächst schwebend unwirksam.

Ja!

Nach § 117 Abs. 1 BGB sind sog. Scheingeschäfte unwirksam. Es finden dann nach § 117 Abs. 2 BGB die für das verdeckte Rechtsgeschäft geltenden Vorschriften Anwendung. V und K haben sich nur zum Schein über einen niedrigeren Preis geeinigt, um Steuern zu sparen. Daher ist das notariell beurkundete Geschäft unwirksam. An dessen Stelle tritt das Geschäft mit dem tatsächlichen Kaufpreis. Da dieses jedoch nicht der notariellen Form gemäß § 15 Abs. 4 GmbHG entspricht, ist es nach § 125 BGB unwirksam.

4. Das formunwirksame Verpflichtungsgeschäft (Rechtskauf) wurde jedoch durch das Verfügungsgeschäft (Abtretung der Anteile) geheilt.

Genau, so ist das!

Gemäß § 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG wird das formunwirksame Verpflichtungsgeschäft durch die formwirksame Abtretung (Verfügungsgeschäft) geheilt. Durch die Erklärung der Abtretung und Beurkundung vor dem Notar hat V die Anteile formwirksam nach § 15 Abs. 3 GmbHG abgetreten. Damit wurde auch das Verpflichtungsgeschäft (über den tatsächlichen Kaufpreis) nach § 15 Abs. 4 S. 2 GmbHG geheilt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

HannahML

HannahML

30.8.2024, 14:36:47

in der frage 2 steht, dass das Geschäft durch den Fromverstoß schwebend unwirksam ist, aber ist er dadurch nicht generell unwirksam? verstehe das schwebend nicht.

LELEE

Leo Lee

1.9.2024, 17:34:17

Hallo Hannah Lottermann, vielen Dank für die sehr gute Frage! In der Tat findet sich weder im Wortlaut noch in der Literatur die explizite Erwähnung des Wortes "schwebende" Unwirksamkeit. Allerdings ist die schwebende Unwirksamkeit ein allgemeiner Grundsatz bei Geschäften, die aufgrund eines Mangels unwirksam sind, jedoch noch geheilt werden können. In diesem Fall redet man von einer "schwebenden" - und nicht von einer ENDGÜLTIGEN - Unwirksamkeit, weil die ganze Sache noch in der Schwebe ist und wirksam gemacht werden kann durch eine Heilung oder eine Genehmigung (dies ist z.B. der Fall bei der Genehmigung bei Verträgen ohne Vertretungsmacht nach den 177 ff.). Hierzu kann ich die Lektüre vom MüKo-GmbHG 4. Auflage, Weller/Reichert, § 15 126 ff. sehr empfehlen :)! Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Sassun

Sassun

9.9.2024, 19:06:53

Ich glaube ich stehe auf dem Schlauch. Gem. § 15 IV 2 GmbHG gibt es eine Heilung "nach Maßgabe des Abtretungsvertrags". Der Abtretungsvertrag iSd § 15 III GmbHG ist doch aber genauso nichtig oder nicht? Das beurkundete Geschäft gem. § 117 I BGB und das Gewollte Geschäft gem. § 125 S. 1 BGB. Auf den Abtretungsvertrag müssen schließlich die vor der Klammer stehenden allgemeinen Vorschriften genauso Anwendung finden, wie auf den (Rechts)Kaufvertrag. Wie kann dann ein nichtiges Verpflichtungsgeschäft durch ein nichtiges

Verfügungsgeschäft

(Abtretung) wirksam werden. Auch mit dem Wortlaut von § 15 IV 2 GmbHG tue ich mich diesbezüglich schwer.

TOB

Tobias

30.11.2024, 12:11:35

Ich verstehe es so: Man muss beide RG isoliert betrachten - die Abtretung erfolgt hier formgerecht (vor dem Notar); die Abtretung des Anteils ist auch von beiden Seiten gewollt = „hiermit übertrage ich den Anteil an dich / ok - ich nehme den Anteil an“ Dann liegt ein wirksamer Vertragsschluss vor, der eine Heiling nach 15 IV 2 GmbhG zur Folge hat.

Lota Coffee

Lota Coffee

30.1.2025, 12:52:06

Müsste die Heilung des Formmangels nicht trotzdem scheitern, weil das Verpflichtungsgeschäft durch eine Schwarz

geld

abrede („um Steuern zu sparen“) gem. §§ 134,

138 BGB

nichtig sein müsste?

paulmachtexamen

paulmachtexamen

1.4.2025, 15:13:12

@[Lota Coffee](246223) guter Gedanke, sollte man auf jeden Fall in der Klausur auch ansprechen. Allerdings liegt im Ergebnis keine Nichtigkeit wegen der Schwarz

geld

abrede vor, weil das nicht der Hauptzweck des Vertrages war. Der Vertrag wurde also nicht nur um Steuern zu sparen abgegeben, sondern gerade auch deshalb, weil die Gesellschaftsanteile tatsächlich übertragen werden sollten.


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