Zivilrecht
BGB Allgemeiner Teil
Tatbestand der Willenserklärung
Einsteigen in Taxi (konkludenter Vertragsschluss)
Einsteigen in Taxi (konkludenter Vertragsschluss)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Tourist T steigt in Berlin in ein Taxi und nennt dem Fahrer F sein Ziel: Berghain.
Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.
Einordnung des Falls
Einsteigen in Taxi (konkludenter Vertragsschluss)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Der äußere Tatbestand der (empfangsbedürftigen) Willenserklärung besteht in einem Verhalten, das sich aus der Sicht eines objektiven Betrachters als Äußerung eines auf die Herbeiführung einer bestimmten Rechtsfolge gerichteten Willens darstellt.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ts Verhalten lässt auf das Vorliegen eines Handlungswillens schließen.
Ja!
3. Ts Verhalten lässt auf das Vorliegen eines Erklärungsbewusstseins schließen. T hatte Rechtsbindungswillen.
Genau, so ist das!
4. Ts Verhalten lässt auf das Vorliegen eines Geschäftswillens schließen.
Ja, in der Tat!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Chrissy
30.4.2020, 14:17:14
Ich verstehe nicht warum die TB Voraussetzungen der subjektiven Komponente nun auf den objektiven TB übertragen werden und der
Geschäftswille(der doch ein subjektives Merkmal darstellt) jetzt auf objektiver Seite aus Sicht eines objektiven Beobachters einen Vertragsabschluss bewirken 🙄
Christian Leupold-Wendling
2.5.2020, 09:08:19
Hi Chrissy, danke für Deinen Beitrag! 1) Beim inneren Tatbestand der Willenserklärung unterscheidet man drei Kategorien: a)
Handlungswille(erforderlich für eine WE) b) Erklärungsbewusstsein (str., ob erforderlich für eine WE oder nur
Anfechtbarkeit) c)
Geschäftswille(nicht erforderlich für eine WE) 2) Beim äußeren Tatbestand unterscheidet man: a) äußerlich erkennbares Verhalten, das auf einen
Handlungswillen schließen lässt b) äußerlich erkennbares Verhalten, das auf ein Erklärungsbewusstsein schließen lässt (=Rechtsbindungswille) c) äußerlich erkennbares Verhalten, das auf einen
Geschäftswillen schließen lässt
Christian Leupold-Wendling
2.5.2020, 09:08:46
Wenn problematisch ist, ob ein Verhalten als wirksame WE zu qualifizieren ist, müssen beide Seiten (innere und äußere Seite) untersucht werden. Im vorliegenden Fall haben wir nur einen Ausschnitt des Prüfprogramms (nur äußerer Tatbestand) dargestellt und abgefragt. In den vorangegangenen Fällen ging es ausschließlich um den inneren Tatbestand. Hoffe, dass hilft zur Klarstellung? Lieben Gruß, - Christian, für das Jurafuchs-Team
Elisabeth
10.8.2020, 15:37:09
Bei einer Schlafwandelnden Person könnte man objektiv
Handlungswillen annehmen, aber subjektiv eben nicht richtig? In diesem Beispiel läge konkret keine Willenserklärung mangels objektiven Tatbestands vor? Wie ist das bei einer WE, bei der derjenige „erpresst“ wird, also subjektiv wegen vis absolute keinen
Handlungswillen hat, objektiv aber schon?
Eigentum verpflichtet 🏔️
14.8.2020, 18:47:48
Hallo Elisabeth, danke für deine Fragen. Bei einer schlafwandelnen Person kann dann im Obj. Tb. von
Handlungswillen ausgegangen werden, wenn nach dem
objektiven Empfängerhorizontnicht erkennbar ist, dass die Person schlafwandelt. Subjektiv fehlt aber jedenfalls der
Handlungswilleund damit kann keine WE vorliegen. Vorsicht,
vis absolutaist die willensbrechende Gewalt, bspw. durch Fesselung, Niederschlagen, Betäuben, einschließen. Damit wird dem Opfer eine Willensbetätigung unmöglich gemacht. Dann hat das Opfer keinen
Handlungswillen (bsp: Täter führt dem Opfer beim Unterschreiben gewaltsam die Hand). Eine WE scheitert daher mangels subjektiven Tatbestands. Bei der
vis compulsivasieht es anders aus, wie 123 BGB beweist. Wird dem Opfer gedroht (bspw. mit dem Tod) dann erfolgen Erklärunge
Eigentum verpflichtet 🏔️
14.8.2020, 18:52:24
Wird dem Opfer gedroht bzw. willensbeugende Gewalt angewandt, dann erfolgen Erklärungen des Opfers zur Abwehr der Gefahr ("Unterschreib das, oder ich bring dich um") gerade mit
Handlungswillen und Erklärungsbewusstsein. Sie sind nur nach 123 BGB anfechtbar.
Law_yal_life
22.9.2023, 21:13:36
Leo Lee
23.9.2023, 15:08:24
Hallo Prädikatkandidat, so ist es! Wer in ein Taxi steigt, erklärt zumindest aus der Perspektive des Taxifahrers, dass er daran interessiert ist, einen (Beförderungs-)Vertrag zu schließen und gibt dies "schlüssig" oder eben "
konkludent" zu erkennen :). Liebe Grüße - für das Jurafuchsteam - Leo
HGWrepresent
8.12.2023, 22:54:57
Auf die Sicht des objektiven Empfängers ist lediglich bei empfangsbedürftigen Willenserklärungen abzustellen. Das Wort „empfangsbedürftig“ würde ich noch hinzufügen. Bei nicht empfangsbedürftigen WE wird auf den tatsächlichen Willen abgestellt. Ist zwar eine Feinheit, aber man will ja korrekt dein, nicht? ;)
Leo Lee
9.12.2023, 17:50:40
Hallo HGWrepresent, vielen Dank für diesen sehr wichtigen Hinweis! In der Tat ist die bloße Formulierung „Willenserklärung“ insoweit verwirrend, als hier die Ausführungen mit dem obj. Empfänger eher auf die emfpangsbedürftige Willenserklärung zugeschnitten sind (wie du völlig zurecht anmerkst). Wir haben nun in Klammern „empfangsbedürftig“ ergänzt und danken dir nochmal für den Hinweis! Als Vertiefung hierzu kann ich dir i.Ü. die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Busche § 133 Rn. 12 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo