„Hamburger Parkplatzfall“

9. Mai 2023

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs Illustration zum Hamburger Parkplatzfall (BGH 14.7.1956 , V ZR 223/54 , NJW 1956, 1475): F fährt durch die Schranke in ein Parkhaus. In der Einfahrt sind auf einem Plakat die Parkgebühren aufgelistet.
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Klassisches Klausurproblem

F fährt durch die Schranke ins Isarparkhaus im Münchner Glockenbachviertel. In der Einfahrt sind auf einem Plakat die Parkgebühren aufgelistet.

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Einordnung des Falls

Der Hamburger Parkplatzfall ist das Musterbeispiel der sogenannten „Protestatio facto contraria non valet“ (lat.: ein Widerspruch entgegen dem (tatsächlichen) Handeln gilt nicht). Dies ist eine Regel aus dem römischen Recht, wonach ein zum Ausdruck gebrachter Vorbehalt unwirksam ist, der mit dem gleichzeitigen, eigenen Verhalten faktisch in Widerspruch steht. Ein solches Verhalten verstößt auch gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat das Isarparkhaus mit dem öffentlichen Bereitstellen der Parkplätze ein Angebot zum Abschluss eines Verwahrungsvertrags (§ 688 BGB) abgegeben?

Ja!

Ein Angebot ist eine Willenserklärung, die alle vertragswesentlichen Bestandteile enthält und durch die der Vertragsschluss einem anderen so angetragen wird, dass das Zustandekommen des Vertrages nur noch vom Einverständnis des Empfängers abhängt. Richtet sich das Angebot nicht an eine bestimmte Person, sondern an einen begrenzten Personenkreis oder die Allgemeinheit, liegt ein sog. Angebot ad incertas personas vor.Mit dem öffentlichen Bereitstellen der gebührenpflichtigen Parkplätze trägt das Isarparkhaus einem unbestimmten Personenkreis den Abschluss eines Verwahrungsvertrags an. Die Annahme können Interessenten konkludent durch Nutzen der Parkplätze erklären.
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2. Lässt F's Verhalten auf das Vorliegen eines Rechtsbindungswillens schließen? Hat sie das Angebot angenommen?

Genau, so ist das!

Die Annahme ist eine Willenserklärung, mit der das Einverständnis mit dem Antrag ausgedrückt wird. Der objektive Tatbestand einer Willenserklärung liegt in einem äußerlich erkennbaren Verhalten, das auf das Vorliegen eines Handlungs-, eines Rechtsbindungs- und eines Geschäftswillen schließen lässt. Der Rechtsbindungswille liegt vor, wenn der Erklärende sich aus Sicht eines Dritten in irgendeiner Weise rechtlich erheblich erklären will.Dass F in das Parkhaus einfährt, dessen Nutzung erkennbar gebührenpflichtig ist, ist aus Sicht Dritter dahingehend zu verstehen, dass F einen Verwahrungsvertrag abschließen möchte. Auch ein Handlungs- und Geschäftswille der F liegen danach vor.

3. Wenn F sich beim Einfahren und Abstellen des Autos insgeheim denkt, trotz Inanspruchnahme nicht zahlen zu wollen, führt dies zur Nichtigkeit der konkludenten Annahmeerklärung der F?

Nein, das trifft nicht zu!

Die Willenserklärung kann fehlerhaft sein, weil der Wille des Erklärenden und der durch Auslegung ermittelte Inhalt seiner Erklärung auseinanderfallen. Nach § 116 S. 1 BGB wird jedoch der geheime Vorbehalt des Erklärenden, die Rechtsfolgen seines Verhaltens nicht zu wollen, von der Rechtsordnung nicht anerkannt.Die innere Verwahrung der F dagegen, dass ihr gewolltes tatsächliches Verhalten als konkludente Annahme verstanden wird, ist somit als geheimer Vorbehalt nach § 116 S. 1 BGB von vornherein unbeachtlich. Nichtig ist die Willenserklärung nur dann, wenn der Empfänger den Vorbehalt kennt (§ 116 S. 2 BGB) und deshalb nicht schutzwürdig ist.

4. Hat man sich schon im römischen Recht, wie man mit solch widersprüchlichem Willenserklärungen umzugehen hat?

Ja!

Der vorliegende Fall ist das Musterbeispiel der sogenannten „Protestatio facto contraria non valet (lat.: ein Widerspruch entgegen dem (tatsächlichen) Handeln gilt nicht). Dies ist eine Regel aus dem römischen Recht, wonach ein zum Ausdruck gebrachter Vorbehalt unwirksam ist, der mit dem gleichzeitigen, eigenen Verhalten faktisch in Widerspruch steht. Ein solches Verhalten verstößt auch gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB).

5. Wäre hier ein Vertrag zustande gekommen, auch nach der Lehre vom faktischen Vertrag?

Ja!

Nach der Lehre vom faktischen Vertrag (bzw. sozialtypischen Verhalten) sollte in Fällen widersprüchliche Erklärungen ein Vertrag auch ohne übereinstimmende Willenserklärungen zustande kommen. Allein die öffentliche Zurverfügungstellung einer Sach- oder Dienstleistung und deren Inanspruchnahme durch Benutzung oder Anschluss genügten. Indem F in das Parkhaus einfährt, hätte sie auch nach dieser Lehre einen Vertrag abgeschlossen. Die Übereinstimmung von Angebot und Annahme wäre egal. Der BGH hatte in dem hier zugrundeliegenden Fall (Hamburger Parkplatzfall) noch die Lehre vom faktischen Vertrag vertreten. Heutzutage wird diese Lehre indes nicht mehr vertreten, da das Gesetz für einen Vertragsschluss zwingend Angebot und Annahme (§§ 145 ff. BGB) verlangt.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

TO

Tophu

12.3.2020, 10:41:53

Ist es nicht besser, das F zunächst ein Angebot macht und eine Annahme erst zustande kommt, wenn, wenn F auf einen vorhandenen Parkplatz parkt? Es könnte ja sein, dass keine Parkplätze vorhanden sind, sodass die Gefahr einer Schadenersatz besteht? Oder ist dieser Fall so gelagert, dass die Schranke nicht aufgehen würde, wenn die maximale Anzahl an vorhandenen Parkplätzen erreicht ist?

DO

DonQuiKong

17.3.2020, 08:18:41

Bis du durch das ganze Parkhaus durch bist und keinen Parkplatz gefunden hast, will der Automat schon Geld von dir. Ich würde also eher eine Leistungsstörung seitens des Parkhauses bzw. Betreibers sehen, wenn du trotzdem einfahren darfst. So oder so aber kompliziert.

Lena

Lena

15.4.2021, 09:00:39

Das habe ich mich tatsächlich auch gefragt, sollte die Schranke nur aufgehen, wenn genügend Parkplätze zur Verfügung stehen, dann sehe ich das als Angebot. Sollte dem nicht so sein, läuft das Parkhaus doch Gefahr den Vertrag nicht erfüllen zu können, wenn es keine freien Parkplätze mehr gibt?

HEVE

Henry Vetter

18.4.2021, 11:34:25

Nach lebensnaher Auslegung würde ich meinen, die Schranke gehe bei Fehlen eines freien Parkplatzes nicht auf (Vergleich von Ein- und Ausfahrten).

DO

DonQuiKong

18.4.2021, 11:44:08

Meine Erfahrung ist, dass in einem Parkhaus nie alle Parkplätze gleichzeitig belegt werden können, da einige Leute zu breite Autos fahren oder schlicht falsch parken. Wenn die Schranke also bei voller Belegung nicht öffnet, sind bereits einige Leute eingefahren, die aktuell keinen freien Parkplatz finden können.

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.4.2021, 18:21:48

Hallo zusammen, tatsächlich wird man wohl davon ausgehen können, dass hier ein Angebot an einen unbestimmten Personenkreis (

invitatio ad incertas personas

) vorliegt, welches von F durch Einfahren in das Parkhaus angenommen wird. Die meisten Parkhäuser sind heute auch mit entsprechenden Anzeigen ausgestattet, die anzeigen, ob noch freie Plätze verfügbar sind. Sollte tatsächlich alles voll sein, obwohl man eingefahren ist, dann liegt ein Fall der anfänglichen Unmöglichkeit vor (§ 311a BGB iVm § 275 I BGB), sodass gleichsam jedenfalls die Zahlungsverpflichtung von F entfällt (§ 326 I BGB). Sollte F beim Ausfahren tatsächlich das Ticket am Automaten bezahlen müssen, so stellt dies für sie natürlich einen Schaden dar, den sie sich im Wege des Schadensersatzes zurückholen kann(§ 311a II BGB).

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

29.4.2021, 18:23:52

Gleiches gilt streng genommen auch für das sinnlos aufgewendete Benzin. Das Vertretenmüssen wird vermutet. Sofern keine Vorrichtung besteht, dass sichergestellt ist, dass alle einfahrenden PKW auch einen Platz bekommen (zB Schranke öffnet nicht), dürfte der Parkhausbetreiber den Schaden auch zu vertreten haben. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

MO

Momme

4.5.2022, 19:40:15

Auch wenn der Thread schon etwas älter ist, würde ich mich über eine Antwort sehr freuen. Ich würde gerne wissen, ob man hier ein (durch den Parkhausbetreiber) gem. § 158 Abs. 1 BGB bedingtes Angebot sehen kann, denn meines Erachtens nach ist das vergleichbar, mit dem Aufstellen eines Warenautomatens (was (nach h.M.) ein Angebot ad incertas personna darstellt, das dadurch aufschiebend bedingt ist, dass der Automat zum Zeitpunkt des Bedienens 1) Voll sein muss 2) funktioniert 3) durch den Bediener Korrekt bedient wird. Das ist durch Auslegung zu ermitteln (denn einem objektivierten Empfänger leuchtet ein, dass der Automat aufgefüllt sein muss) Hier wäre die Bedingung, dass ein Parkplatz frei ist. (Und wenn der Autofahrer auf der Suche danach nicht fündig wird und wieder aus dem Parkhaus heraus fährt und sich die Schranke dabei nur gegen Bezahlung öffnet, so kann er diese gem. §812 zurück bekommen) Wäre das richtig? Wenn ja, wo würde man diesen Punkt (Bedingung der WE gem § 158 I BGB) in der Falllösung unterbringen?

MO

Momme

7.5.2022, 13:26:36

Ich erdreiste mich mal, hier einen neuen Thread zu starten, da ich fürchte, dass meine Frage als Kommentar unter dem anderen (alten) Thread nicht unter den neuen Beiträgen, sondern nur beim Öffnen des besagten Threads, angezeigt wird. Meine Frage knüpft aber daran an: Wenn man also in dem Bereitstellen der Parkplätze und dem aushängenden Preisschild etc. eine Offerta ad incertas persona sieht, dann stellt sich die Frage, ob ein Vertrag auch dann zustande gekommen ist, wenn es keine freien Parkplätze mehr gibt. Es wurden verschiedene Möglichkeiten diskutiert (etwa der (einleuchtende) eines wirksamen Vertrags mit Leistungsstörung). Ich frage mich aber, ob man das nicht auch ähnlich bewerten kann, wie der Vertragsschluss am Warenautomaten (wo ein bedingtes Angebot vorliegt (korrekte Münze, Vorrätigkeit der Ware …). Im Anbieten der Parkplätze etc. liegt ein wirksames Angebot auf Abschluss eines Verwahrungsvertrags, dass aber gem. § 158 I aufschiebend bedingt ist, es müssen also die Vorraussetzungen erfüllt sein (also etwa die Verfügbarkeit von freien Parkplätzen), was durch Auslegung zu ermitteln ist (was vorliegend bejaht werden dürfte) Fährt man in das Parkhaus ein und verlässt es dann wieder, ohne fündig (freier Parkplatz) geworden zu sein, und muss an der Ausfahrt zahlen um die Schranke zu öffnen, so ließe sich diese Aufwendung gem. § 812 zurückholen (und um sich den Aufwand zu sparen zeigen Moderne Parkhäuser den Freistand in der Regel z.B durch Digitalanzeigen an) Wäre das vertretbar? Kann auch (wie beim Warenautomat) ein gem. 158 I bedingtes Angebot vorliegen und wäre diese Beurteilung nicht evtl. sogar anderen Ansätzen (etwa ein bereits geschlossener Vertrag mit Leistungsstörung) vorzuziehen? Wenn ja, wo würde man das vorliegen eines gem. 158 bedingten Angebots in der Klausur prüfen?

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

10.5.2022, 10:35:11

Hallo Momme, in der Tat wäre auch dies eine gangbare und gut vertretbare Lösungsmöglichkeit. In diesem Fall müsstest Du direkt beim Angebot des Parkhausbetreibers ausführen, dass dieses eben unter der Bedingung steht, dass es noch freie Parkplätze gibt. Sofern es diese nicht gibt, würde es bereits an einem Angebot fehlen und damit wäre kein Vertragsschluss zustande gekommen. Letztlich müsste man hier den Sachverhalt auswerten, ob man eine solch aufschiebende (bzw. auflösende) Bedingung annehmen kann. Was aus Sicht des Parkhauses natürlich für die Lösung spricht ist, dass der Betreiber sich in diesem Fall nicht schadensersatzpflichtig macht (zB auch im HInblick auf die Inanspruchnahme eines anderen, ggfs. teureren Parkplatzes). Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team

MO

Momme

11.5.2022, 10:16:26

Vielen Dank :)

Cosmonaut

Cosmonaut

23.8.2022, 20:11:07

Um meinen Senf dazuzugeben, wie eine gute Pommesbude: Gegen Mommes (sehr spannende und gut vertretbare !) Idee ließe sich anführen, dass anders als beim erwähnten Warenautomat, die den Vertragsgegenstand begründende „Ware“ (Parkhaus: freie Plätze; Automat: Konsumgut Nr. X) gerade eben nicht einsehbar ist für die annehmende Vertragspartei. Diese schließt „blind“, in redlichen Vertrauen auf Platz-Verfügbarkeit einen Verw.Vertrag, wird aber dann von der (i.E. vertragsbrüchigen) Partei fallengelassen wie eine heisse Bockwurst. Er ist damit (insb. Aufgrund des Informationsgefälles zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses) schutzwürdig und von der Rechtsordnung zu kompensieren (durch die erwähnten SchE-Ansprüche). Kann man das so vertreten? @[Marilena](2706) @[Jurafuchs](137809) @[Momme](132433)

STE

Stella2244

23.8.2024, 11:58:03

@[Cosmonaut](188718) ich würde sagen auch das lässt sich gut vertreten

Rambo

Rambo

30.10.2022, 00:16:28

Hallo, hier wird von einem Verwahrungsvertrag gesprochen. Üblicherweise liegt ein Mietvertrag vor, soweit die Stellplätze gegen Entgelt überlassen werden und keine weiteren Obhutspflichten übernommen werden. Wenn im Sachverhalt nichts erwähnt wird, kann man eigentlich von einem Mietvertrag ausgehen. Hier wird aber auf ein bestimmtes BGH-Urteil Bezug genommen. Hier wurden die abgestellen Fahrzeuge zusätzlich durch ein von der Gemeinde beauftragtes Unternehmen bewacht. Damit lag tatsächlich ein Verwahrungsvertrag vor. Dies geht leider aus dem Sachverhalt nicht hervor (auch wenn es hier primär nicht um die Einordnung des Vertrags ging, war das für mich etwas irritierend). Sollte ich falsch liegen, korrigiert mich bitte 😃 Beste Grüße

GI

Ginies

5.12.2022, 13:20:33

Indem du in ein Parkhaus einfährst, gehst du nicht automatisch einen Mietvertrag ein. Angesichts dessen hätten tagtäglich unzählige Menschen, unwissentlich Mietverhältnisse geschlossen… das ist rein vom gesunden Menschenverstand aus betrachtet schon nicht möglich… Im Übrigen wird bei der Verwahrung Obhut geschuldet siehe §§ 688 ff.

KLE

kleinerPadawan

14.3.2023, 13:52:03

Ist es jetzt nun regelmäßig eher ein Mietvertrag oder ein Verwahrungsvertrag? Finde da auf die Schnelle auch nur Widersprüchliches zu...

SS

Strand Spaziergang

3.5.2023, 12:15:23

Würde mich auch interessieren.

Blan

Blan

14.8.2023, 06:40:56

Nach "aktuelleren" Fällen wird zwischen LeihV und MietV unterschieden. Abgrenzung folgt dann in der Regel anhand des Tatbestandes der Unentgeltlichkeit. BGH Urteil vom 18.12.2019 (XII ZR 13/19) NJW 2020, 755 - kann man dort super nachlesen.

Simon

Simon

19.10.2023, 23:29:10

Bei lebensnaher Auslegung kann man mE durchaus eine Verwahrung annehmen. Eine Tiefgarage ist anders als ein Parkplatz im Freien durch räumliche Abgrenzung gewissen Gefahren entzogen (Witterung etc.). Zudem gibt es meist auch Überwachungskameras, die Unbefugte von einer Einwirkung auf die Fahrzeuge abhalten. Für den Parkhausbetreiber ist aus objekivem

Empfängerhorizont

(§§ 133, 157 BGB) erkennbar, dass die Pkw-Fahrer darauf vertrauen, dass ihr Fahrzeug zumindest auch bedingt überwacht wird. Die Autofahrer durften den Antrag des Parkhausbetreibers auch im Lichte ihrer erkennbaren Interessen verstehen. Damit liegt ein Verwahrungsvertrag und kein Mietvertrag vor.

SI

silasowicz

3.8.2023, 19:37:15

Die Abkehr vom "faktischen Vertrag" durch die Rechtsprechung bedeutet dann aber hauptsächlich eine erschwerte Beweislast für denjenigen, der sich auf das Bestehen eines Vertrags beruft, oder wie wirkt sich das dann in der Praxis aus? Schließlich müsste dieser dann doch eigentlich den geheimen Vorbehalt i.S.d. § 116 S. 1 nachweisen, was schwieriger sein dürfte als die bloße Inanspruchnahme?

TI

Timurso

8.4.2024, 19:51:27

Wieso muss derjenige, der sich auf den Vertrag beruft, den geheimen Vorbehalt nachweisen? Letzterer wirkt sich ja gerade nicht auf den Vertragsschluss aus, § 116 S. 1 BGB. An der Beweislast dürfte sich nichts geändert haben. Lediglich die dogmatische Herleitung ist eine andere. Auswirkungen auf die Praxis dürfte das nicht haben.

Blan

Blan

14.8.2023, 06:44:07

Im Rahmen der Annahme des Vertrages hätte auf den §151 S.1 BGB hingewiesen werden sollen, oder nicht?

QUIG

QuiGonTim

2.11.2023, 22:13:22

Verstehe ich den Hinweis zur Rechtssprechung richtig, dass die §§ 145 ff. BGB in ihrer heutigen oder zumindest einer ähnlichen Fassung erst nach dem Urteil zum

Hamburger Parkplatzfall

Eingang in das BGB gefunden haben? Was stand denn zuvor an dieser Stelle?

LELEE

Leo Lee

4.11.2023, 11:18:37

Hallo QuiGonTim, das ist in der Tat etwas missverständlich formuliert, allerdings hat § 145 BGB noch heute den gleichen Wortlaut wie damals. Der BGH hatte den § 145 ff. BGB im Parkplatzfall nur dahingehend interpretiert, dass eine Willenserklärung im klassischen Sinne (also etwa durch

konkludentes Angebot

) nicht nötig sei, weil man auf den faktischen Vertrag zurückgreifen könne. Die Literatur (und heute h.M.) war der Meinung, ein faktischer Vertrag gebe es nicht, weil das BGB (seit seiner Geburt) eben die Willenserklärung als Ausgangspunkt nehmen, weshalb ein Rückgriff auch ein solches Konstrukt überhaupt nicht nötig sei. Letztlich ist dies nur ein anderer Weg, ein Vertragsverhältnis zu begründen; sie unterscheiden sich lediglich in der Begründung (BGH früher = faktischer Vertrag, heute h.M. = ganz normale Willenserklärungen). Hierzu kann ich die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Busche Vor § 145 Rn. 40 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo

Artimes

Artimes

8.4.2024, 13:48:11

Warum wäre hier kein Mietvertrag einschlägig? Ist die Parkplatznutzung regelmäßig eine Verwahrung?

FEL

Felix

20.5.2024, 23:52:24

Das Nutzen eines Parkhauses stellt regelmäßig einen Mietvertrag dar! Für einen Verwahrungsvertrag müssen mehr Anhaltspunkte vorliegen die deutlich machen, dass der Betreiber den PKW sicher verwahrt!

Niklas3461

Niklas3461

4.6.2024, 08:47:05

Hätte auch gerne eine Erklärung, warum hier ein Verwahrungsvertrag vorliegt.

JI

Jimmy105

2.9.2024, 19:19:12

push+

Eichhörnchen I

Eichhörnchen I

3.9.2024, 14:12:44

Hi, maßgeblich ist ob eine Obhutspflicht besteht (dann Verwahrung), also ob sich der Parkhausbetreiber dazu verpflichtet hat, das Fahrzeug vor einer Entwendung oder Beschädigung durch Dritte zu schützen (vgl. MüKoBGB, § 688 Rn. 49). Maßgeblich ist also der Einzelfall (waren zB Sicherungsvorkehrungen vorhanden etc.) und damit durch Auslegung unter Berücksichtigung der Umstände zu ermitteln welcher Vertragstyp vorliegt. Der Sachverhalt ist hier recht dünn. Regelmäßig wird eine Bewachung des Kfz im Parkhaus aber nicht erwartet (Verkehrssitte), sodass die Einordnung als Mietvertrag hier sachgerechter erscheint. Viele Grüße

BEN

benjaminmeister

10.11.2024, 11:44:37

Der vorliegende Fall ist gerade nicht mit dem

Hamburger Parkplatzfall

vergleichbar: Beim

Hamburger Parkplatzfall

hat die Halterin des Fahrzeugs dem Ordner ausdrücklich erklärt, dass sie die Bewachung des Fahrzeugs und die Bezahlung eines Entgelts ablehne, trotzdem hat sie das Auto abgestellt. Vorliegend hat die Fahrerin kein widersprüchliches Verhalten gezeigt, sondern nur ein eindeutiges. Der innere, geheime Vorbehalt ist kein widersprüchliches, nach außen in Erscheinung tretendes, Verhalten.


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