+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A lernt bis spät in die Nacht in der Bibliothek. Hausmeister H vergisst an diesem Tag seinen abendlichen Rundgang durch die Bibliothek und schließt A ein. Erst am nächsten Morgen kann A die Bibliothek verlassen.

Einordnung des Falls

Freiheit (Einsperren/Standardfall)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. H hat die A in ihrem Rechtsgut Freiheit verletzt (§ 823 Abs. 1 BGB), indem er sie in der Bibliothek eingeschlossen hat.

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Genau, so ist das!

Das Rechtsgut Freiheit in § 823 Abs. 1 BGB ist verletzt, wenn die körperliche Bewegungsfreiheit gegen den Willen des Betroffenen nicht nur unerheblich beeinträchtigt wird (vergleichbar mit Freiheitsberaubung (§ 239 StGB). Beeinträchtigungen der allgemeinen Handlungs- und Entschlussfreiheit genügen nach h.M. nicht. A kann die Bibliothek die ganze Nacht über nicht verlassen. Darin liegt eine fühlbare Beeinträchtigung ihrer Fortbewegungsfreiheit.

2. Das Rechtsgut Freiheit zählt zu den besonders geschützten Rechtsgütern des § 823 Abs. 1 BGB.

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Ja, in der Tat!

Ein Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 1 BGB setzt voraus, dass ein absolut geschütztes Recht eines anderen verletzt wurde. Absolute Rechte sind solche, die gegenüber jedermann gelten, also nicht nur relativ zwischen den Parteien (lat. inter partes). Das Rechtsgut Freiheit ist ein absolut geschütztes Recht. Weitere geschützte Rechtsgüter sind das Leben, der Körper, die Gesundheit, das Eigentum eines anderen sowie sonstige absolute Rechte.

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ANY

ANY

31.1.2022, 21:29:29

Wie begründet es sich, dass „gegen den Willen“ hier zum Tatbestand gehört und nicht wie bei Körper/Gesundheit bei der Rechtswidrigkeit geprüft wird?

VIC

Victor

1.2.2022, 10:43:28

Die Freiheit ist erst bei Handlungen gegen den Willen der betroffenen Person verletzt. Erst dann ist sozusagen der Tatbestand erfüllt. Eine Körperverletzung liegt auch bei einer Einwilligung vor, z.B. beim ärztlichen Heileingriff (str.), wobei diese Körperverletzung eben nicht rechtswidrig ist.


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