Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Immissionsschutzrecht


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Klassisches Klausurproblem

Der träumende Regierungsrat T erteilt dem gerissenen G eine Genehmigung für Errichtung und Betrieb einer Fabrik (BImSchG) in einem Wohngebiet. Nachbar A ist empört. Er fürchtet, sein Haus würde durch die von der nahen Fabrik ausgehenden Immissionen unbewohnbar.

Einordnung des Falls

Schutznormtheorie: Klagebefugnis bei Immissionsschutzrecht

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. A ist klagebefugt, weil er geltend machen kann, durch die Genehmigung in einem geschützten Recht verletzt zu sein.

Ja, in der Tat!

Der Kläger ist klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO), wenn er durch einen Verstoß gegen drittschützende Vorschriften möglicherweise in subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden ist. Eine Norm ist drittschützend, wenn sie nicht nur Interessen der Allgemeinheit schützen soll, sondern zumindest auch den Interessen des Klägers zu dienen bestimmt ist (Schutznormtheorie). Es kommt ein Verstoß gegen materielles Immissionsschutzrecht (insb. § 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) in Betracht. § 5 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG dient nach seinem Wortlaut auch dem Schutz des Nachbarn vor erheblichen Belastungen. A ist somit klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO).

2. Das Klagebegehren des A richtet sich gegen die Errichtung der Fabrik. Die Anfechtungsklage ist statthaft.

Ja!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren (§§ 88, 86 Abs. 3 VwGO). A begehrt die Verhinderung der Errichtung der Fabrik. Die immissionsschutzrechtliche Genehmigung ist ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG), der A belastet. Das Begehren des A richtet sich damit auf die Aufhebung eines ihn belastenden Verwaltungsakts. Die Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) ist statthaft.

3. A kann als Adressat der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung geltend machen, durch diese in einem seiner subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt zu sein.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) beurteilt sich danach, ob der Kläger durch den angegriffenen Verwaltungsakt möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (sog. Möglichkeitstheorie). Ist der Kläger Adressat eines belastenden Verwaltungsakts, ergibt sich die Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO) auch ohne Sachvortrag aus dem Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) (sog. Adressatentheorie). Da A nicht Adressat des Verwaltungsakts ist, greift die Adressatentheorie hier nicht.

4. Obwohl A nicht Adressat des Verwaltungsakts ist, könnte er durch die Genehmigung in einem seiner subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt sein.

Ja, in der Tat!

Verwaltungsakte können Doppel- und Drittwirkung (§§ 80 Abs. 1 S. 2, 80a VwGO) haben. Auch hier ist die Klagebefugnis danach zu ermitteln, ob der Kläger möglicherweise in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt ist (Möglichkeitstheorie). Dies setzt voraus, dass der Kläger die Verletzung eines geschützten Rechts geltend macht, das auch ihn schützt (Drittschutz).

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