Zivilrechtliche Nebengebiete
Rechtsprechung im Arbeitsrecht
Entscheidungen von 2018
(Un-)Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel, die Mindestlohn umfasst
(Un-)Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel, die Mindestlohn umfasst
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A ist seit Februar 2015 bei B angestellt und erhält vertraglich einen Stundenlohn von €15. Laut Arbeitsvertrag verfallen gegenseitige Ansprüche, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden. B kündigt A. Vier Monate später macht A ausstehende Lohnansprüche geltend.
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Einordnung des Falls
(Un-)Wirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussklausel, die Mindestlohn umfasst
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 7 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. A hat gegen B neben dem Anspruch aus dem Arbeitsvertrag (§ 611a Abs. 2 BGB) auch einen Anspruch auf Zahlung von Mindestlohn nach dem MiLoG.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Ausschlussklausel des Arbeitsvertrages erfasst auch den Anspruch auf Mindestlohn.
Ja, in der Tat!
3. Die Ausschlussklausel verstößt gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB).
Ja!
4. Es wäre dem B zumutbar, die Ansprüche nach dem MiLoG von der Ausschlussklausel auszunehmen.
Genau, so ist das!
5. § 3 S. 1 MiLoG ist lex specialis und verdrängt vorliegend das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2) und das Verbot der geltungserhaltenden Reduktion (§ 306 BGB).
Nein, das trifft nicht zu!
6. Der Verstoß gegen das Transparenzgebot (§ 307 Abs. 1 S. 2 BGB) führt dazu, dass die gesamte Ausschluss-Klausel unwirksam ist und ersatzlos wegfällt.
Ja!
7. Die im Arbeitsrecht gemäß § 310 Abs. 4 S. 2 HS. 1 BGB gebotene angemessene Berücksichtigung der Besonderheiten des Arbeitsrechts rechtfertigt die Aufrechterhaltung der Klausel.
Nein, das ist nicht der Fall!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Yazzz
7.7.2021, 10:45:51
Hallo! Dies ist ein Examenstreffer! Eine solche Klausel war Thema in der aktuellen AW Klausur in Hessen (Juli 2021). Danke dafür! 😊
Marilena
8.7.2021, 14:02:46
Hi Yazzz, vielen Dank für den Hinweis!! Das freut uns sehr!
frausummer
26.7.2022, 19:53:43
Mir erschließt sich das Problem nicht wirklich. Mit 15€ liegt A doch über dem Mindestlohn, was genau macht er denn dann nach vier Monaten geltend? Selbst wenn die Klausel wegen § 307 II gegen das MiLoG verstößt, hat A doch keinen Vorteil dadurch
Lukas_Mengestu
27.7.2022, 11:54:05
Hallo frausummer, vielen Dank für Deinen Hinweis. Im Ausgangssachverhalt ging es um noch ausstehende Ansprüche auf Urlaubsabgeltung (§ 7 Abs. 4 BUrlG). Diese wollte der Arbeitgeber unter Verweis auf die Verfallklausel nicht zahlen. Wir haben den Sachverhalt hier noch etwas präzisiert, sodass deutlicher wird, dass A noch Lohnansprüche zustehen. Da die Ausschlussklausel aufgrund des fehlenden Ausschlusses von MiLo-Ansprüchen insgesamt unwirksam ist, unterliegen die ausstehenden Lohnansprüche dann nur der normalen Regelverjährung. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
petruvia
12.6.2024, 11:57:46
Ich war ebenso irritiert wie frausummer. Dass darauf hingearbeitet wird, dass die Lernende lernt, dass quasi "nicht relevante" Aspekte (nicht relevant wegen Lohn>Mindestlohn) dazu führen, dass eine Verfallklausel von 3 Monaten unwirksam wird und der Arbeitnehmer dadurch seine Ansprüche aufrechterhalten kann, sah ich nicht kommen. Mir blieben da bis zuletzt Fragezeichen im Kopf, um was es eigtl. geht.