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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

K verklagt B auf Schmerzensgeld. K trägt vor, er sei im Treppenhaus ausgerutscht, kurz nachdem B die Treppen gewischt hat.

Einordnung des Falls

Tatsächliche Vermutung 2

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Greift eine sogenannte „tatsächliche Vermutung“, kommt es zu einer Verkürzung der Darlegungs- und Beweislast.

Ja!

Die Beweismittel der ZPO ermöglichen die Wahrheitsfindung aufgrund der Umstände des Einzelfalles. Demgegenüber finden Vermutungen ihre Grundlage in besonders zuverlässigen Erfahrungssätzen, die nicht auf individuellen, sondern auf typischen Sachverhaltsgestaltungen aufbauen. Zu unterscheiden sind gesetzliche und tatsächliche Vermutungen. Tatsächliche Vermutungen entspringen keiner gesetzlichen Norm, sondern sind das Ergebnis richterlicher Rechtsfortbildung. Es handelt sich um Erfahrungssätze, die so zwingend sind, dass sie stets den Schluss entweder auf einen bestimmten Geschehensablauf oder eine bestimmte Folge zulassen.

2. Eine tatsächliche Vermutung besteht aus Vermutungsgrundlage und Vermutungsfolge.

Genau, so ist das!

Auf der Grundlage einer tatsächlichen Vermutung schließt man unter Rückgriff auf einen Erfahrungssatz auf das Vorliegen einer bestimmten Gegebenheit. Der im konkret anstehenden Fall einschlägige Erfahrungssatz kann sich sowohl auf Ursachen als auch auf deren Wirkungen beziehen. Es können sich strukturell also zwei unterschiedliche Erfahrungssätze ergeben: (1) Immer wenn die Folge A eingetreten ist, so ist sie in aller Regel durch B verursacht. (2) Immer wenn die Ursache A vorliegt, ist die Folge B darauf zurückzuführen. In beiden Sätzen bildet A jeweils die Vermutungsgrundlage und B die Vermutungsfolge.

3. Wenn feststeht, dass B die Treppe gewischt hat und diese deshalb sehr glatt war, greift zugunsten von K eine tatsächliche Vermutung, sodass er die konkreten Ursachen des Sturzes und einen kausalen Zusammenhang zur Handlung des B nicht darlegen und beweisen muss.

Ja, in der Tat!

Ein von der Rechtsprechung anerkannter Erfahrungssatz lautet wie folgt: Ist eine frisch geputzte oder gebohnerte Treppe gefährlich glatt (Vermutungsgrundlage), so besteht dem ersten Anschein nach zwischen dieser Glätte und einem Sturz (Vermutungsfolge) ein Ursachenzusammenhang. Abstrakt greift der Erfahrungssatz: Immer wenn die Ursache A vorliegt, ist die Folge B darauf zurückzuführen.

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HEVE

Henry Vetter

25.3.2021, 09:34:07

Angenommen hier handelt es sich um kein Schuldverhältnis (zB. Hausmeisterservice oder cic in einem Laden), muss ich als Kläger doch alle Tatbestandsmerkmale des § 823 I BGB darlegen und beweisen. Ich hab eigentlich im Kopf, dass gerade deswegen der § 823 I BGB in der Praxis schwerer durchsetzbar ist. Habe ich da einen Denkfehler? Vielen Dank im Voraus, eure App macht echt Spaß! 😁

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.3.2021, 10:37:18

Hallo Henry, super, dass Dir die App gefällt und das Lernen so Spaß macht. Genau das ist unser Ziel! Im Hinblick auf Deine Frage hast Du vollkommen recht, dass die "Schwäche" des Deliktsrechts u.a. darin besteht, dass anders als im Bereich der vertraglichen Schuldverhältnisse die Verschuldensvermutung des § 280 I 2 BGB nicht greift und damit der Kläger auch das Verschulden des Beklagten darlegen und beweisen muss. Die Frage war hier etwas missverständlich gestellt, da der Anscheinsbeweis hier eigl. eine andere Stufe behandelt, nämlich zunächst die Frage, ob zwischen dem Verhalten des B und dem Sturz der K überhaupt ein kausaler Zusammenhang besteht. Denn es gibt ja 1001 Gründe, warum K gestürzt sein könnte (zB zur Bahn gerannt / auf dem Smartphone Videos geschaut / telefoniert...).

HEVE

Henry Vetter

25.3.2021, 10:43:29

Vielen Dank für die schnelle Rückmeldung, Lukas! Der Punkt, dass es sich hierbei noch um eine vorgelagerte Frage über den Kausalzusammenhang handelt, hat es für mich sortiert!

Lukas_Mengestu

Lukas_Mengestu

25.3.2021, 10:46:36

Um in solchen Konstellationen dem Kläger unter die Arme zu greifen, hat die Rechtsprechung den Anscheinsbeweis aufgestellt, dass regelmäßig davon auszugehen ist, dass eine frisch gewischte Treppe kausal für den Sturz war. In einem Folgeschritt ist dann (neben der Rechtswidrigkeit, die indiziert wird) noch zu prüfen, ob ein Verschulden des B vorlag, also zB fahrlässiges Verhalten mangels Hinweis. In der Regel muss aber nur vor Gefahren gewarnt werden, die ein sorgfältiger Benutzer nicht ohne entsprechenden Hinweis erkennen kann. Ausnahmsweise kann es zwar dazu kommen, dass aufgrund der Art des Bodenbelags die Feuchtigkeit nur schwer erkennbar ist, weswegen ein HInweis notwendig wäre. Entsprechende Umstände müsste K aber darlegen und beweisen. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team


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