Zivilrecht

Sachenrecht

Negatorischer Abwehr- und Unterlassungsanspruch

Kein Unterlassungsanspruch bei öffentlich-rechtlicher Duldungspflicht ggü. Drogenhilfezentrum

Kein Unterlassungsanspruch bei öffentlich-rechtlicher Duldungspflicht ggü. Drogenhilfezentrum

20. Mai 2025

13 Kommentare

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

V vermietet sein Grundstück an ein Drogenhilfezentrum. In der Folge liegen in der Gegend überall Spritzen und Müll herum, unter anderem auch auf dem Grundstück des Nachbarn N.

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Einordnung des Falls

Kein Unterlassungsanspruch bei öffentlich-rechtlicher Duldungspflicht ggü. Drogenhilfezentrum

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vermietung an das Drogenhilfezentrum und der dadurch verursachte Müll auf Ns Grundstück beeinträchtigt N.

Ja!

Nach h.M. ist die Beeinträchtigung jede rechtliche oder tatsächliche, von außen kommende Einwirkung auf die Sache. Bei dem Wegwerfen des Mülls auf das Grundstück des N handelt es sich um ein aktives Einwirken auf sein Eigentum. Solche positiven Einwirkungen sind als Beeinträchtigung anzusehen.
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2. Nur die unmittelbaren Verursacher können als Störer in Anspruch genommen werden.

Nein, das ist nicht der Fall!

Störer ist, auf wessen Willensbetätigung die Beeinträchtigung unmittelbar oder adäquat mittelbar zurückzuführen ist. Bei bloß mittelbarer Veranlassung muss allerdings die rechtliche Möglichkeit der Verhinderung der Einwirkung bestehen. Bereits die einzelnen Personen, die den Müll abgeladen haben, sind als Handlungsstörer zur Beseitigung verpflichtet. Da aber V durch die Vermietung die Beeinträchtigungen jedoch adäquat kausal verursacht hat, ist auch er als mittelbarer Handlungsstörer anzusehen. Grundsätzlich besteht für N auch die Möglichkeit, mit rechtlichen Mitteln (zB Kündigung des Mietvertrages) weitere Beeinträchtigungen zu verhindern.

3. Muss N dulden, dass V das Grundstück weiterhin an das Drogenhilfezentrum vermietet?

Ja, in der Tat!

Ein Unterlassungsanspruch scheidet gemäß § 1004 Abs. 2 BGB aus, sofern der Eigentümer zur Duldung der Beeinträchtigung verpflichtet ist. Eine öffentlich-rechtliche Duldungspflicht kann bestehen, wenn die Störung von einem dem öffentlichen Interesse dienenden, öffentlichen Betrieb ausgeht. Das Drogenhilfezentrum ist ein öffentlicher Betrieb. Die Ein- dämmung der Sucht und die Hilfe für die Drogenabhängigen ist ein gemeinwichtiges Ziel. N hat daher zumindest das Bestehen der Einrichtung zu dulden. Allerdings hat N in diesem Fall Anspruch auf nachbarrechtliche Ausgleichsansprüche, wodurch zumindest eine finanzielle Kompensation erreicht wird.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

VI

Vivii

8.10.2024, 12:12:32

Woran knüpft die Duldungspflicht aus dem öffentlichen Interesse normativ an?

Amastris

Amastris

26.12.2024, 10:39:53

Könntet ihr bitte noch ergänzen, aus welchen Anspruchsgrundlagen sich der nachbarschaftliche Ausgleich herleiten würde?

NI

Niro95

3.3.2025, 11:14:17

Der ergibt sich aus 906 II 2 :)

Wesensgleiches Minus

Wesensgleiches Minus

13.3.2025, 16:41:13

@[Niro95](239383) In analoger Anwendung :)

AME

Amelie7

20.3.2025, 17:23:49

Wieso kann N denn nicht Beseitigung des Mülls verlangen?

Nadim Sarfraz

Nadim Sarfraz

15.5.2025, 16:40:28

Liebe Amelie, danke für Deine Nachfrage! in unserem Fall ging es der N lediglich darum, den V mittels § 1004 Abs. 1 BGB dazu zu verpflichten, es zu unterlassen, das Grundstück dem Drogenhilfezentrum zu vermieten. Im Originalfall, den wir hier aus didaktischen Gründen etwas vereinfacht haben, blieb die Herkunft des Mülls und der Spritzen auf

Tatsachen

ebene ungeklärt. D.h. es konnte nicht festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um Spritzen handelte, die das Drogenhilfezentrum den abhängigen Klienten ausgeteilt hatte. Eine V bzw. dem Drogenhilfezentrum zurechenbare Störung gem. § 1004 Abs. 1 BGB konnte also nicht durch die Spritzen begründet werden. Unterstellt man allerdings, die Spritzen sowie der sonstige Müll ließen sich auf tatsächlicher Ebene dem Drogenhilfezentrum zurechnen, käme durchaus ein Anspruch, Spritzen und Müll gem. § 1004 Abs. 1 BGB beseitigen zu lassen, gegen V und das Drogenhilfezentrum als mittelbaren

Handlungsstörer

n in Betracht, da hinsichtlich des Mülls eine Duldungspflicht eher in öffentlichem Interesse fernliegend wäre. Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team

AME

Amelie7

20.3.2025, 17:23:54

Wieso kann N denn nicht Beseitigung des Mülls verlangen?

OKA

okalinkk

22.4.2025, 20:17:56

Frage ich mich auch @[Amelie7](262107)

SPA

sparfüchsin

28.4.2025, 15:31:38

Würde hier auch stärker zwischen Müll und der Einrichtung an sich unterscheiden. Denn mE ist doch die ideelle Beeinträchtigung schon keine Beeinträchtigung iSd 1004. Der Müll wohl schon. Das bezüglich des Mülls eine Duldungspflicht bestehen soll, leuchtet mir auch nicht ganz ein.

Nadim Sarfraz

Nadim Sarfraz

15.5.2025, 16:43:37

Liebe Amelie, danke für Deine Nachfrage! in unserem Fall ging es der N lediglich darum, den V mittels § 1004 Abs. 1 BGB dazu zu verpflichten, es zu unterlassen, das Grundstück dem Drogenhilfezentrum zu vermieten. Im Originalfall, den wir hier aus didaktischen Gründen etwas vereinfacht haben, blieb die Herkunft des Mülls und der Spritzen auf

Tatsachen

ebene ungeklärt. D.h. es konnte nicht festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um Spritzen handelte, die das Drogenhilfezentrum den abhängigen Klienten ausgeteilt hatte. Eine V bzw. dem Drogenhilfezentrum zurechenbare Störung gem. § 1004 Abs. 1 BGB konnte also nicht durch die Spritzen begründet werden. Unterstellt man allerdings, die Spritzen sowie der sonstige Müll ließen sich auf tatsächlicher Ebene dem Drogenhilfezentrum zurechnen, käme durchaus ein Anspruch, Spritzen und Müll gem. § 1004 Abs. 1 BGB beseitigen zu lassen, gegen V und das Drogenhilfezentrum als mittelbaren

Handlungsstörer

n in Betracht, da hinsichtlich des Mülls eine Duldungspflicht eher in öffentlichem Interesse fernliegend wäre. Liebe Grüße, Nadim für das Jurafuchs-Team


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