Öffentliches Recht

VwGO

Fortsetzungsfeststellungsklage

Statthaftigkeit FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Wegfall des Regelungsobjekts)

Statthaftigkeit FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Wegfall des Regelungsobjekts)

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die kleine Hexe (H) bekommt einen Bescheid, nach dem sie ihr Hexenhaus renovieren soll. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren ficht H den Bescheid an. Noch bevor das Gericht über die Klage entscheidet, brennt das Haus ab.

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Einordnung des Falls

Statthaftigkeit FFK: Erledigung nach Klageerhebung (Wegfall des Regelungsobjekts)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Statthaft ist die allgemeine Feststellungsklage, wenn der Kläger die Feststellung der Rechtswidrigkeit eines erledigten Verwaltungsakts begehrt.

Nein!

Die statthafte Klageart richtet sich nach dem Klagebegehren. Begehrt der Kläger die Feststellung, dass ein ursprünglich wirksamer Verwaltungsakt rechtswidrig war, ist die Fortsetzungsfeststellungsklage statthaft (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO). Ob ein verwaltungsrechtliches Handeln rechtswidrig war, ist gerade kein Fall der (allgemeinen) Feststellungsklage (§ 43 Abs. 1 VwGO). Denn hierbei handelt es sich nicht um ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
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2. Ein Verwaltungsakt hat sich erledigt, wenn er sich inhaltlich erschöpft hat.

Genau, so ist das!

Erledigung i.S.d. § 43 Abs. 2 VwVfG, § 113 Abs. 1 S. 4 VwVfG bedeutet, dass sich der Verwaltungsakt inhaltlich erschöpft hat und alle seine in die Zukunft weisenden Rechtswirkungen weggefallen sind. D.h., dass der vollzugsfähige Inhalt des Verwaltungsakts gegenstandslos geworden ist und eine Anfechtung daher sinnlos ist.

3. Die Anfechtung eines Verwaltungsakts ist sinnlos, wenn das Objekt, auf den sich die Regelung des Verwaltungsakts bezieht, weggefallen ist.

Ja, in der Tat!

Ein Merkmal der Erledigung eines Verwaltungsakts ist es, dass die Anfechtung des Verwaltungsakts sinnlos wäre. Dass ist der Fall, wenn der vollzugsfähige Inhalt des Verwaltungsakts gegenstandslos geworden ist. Dies kann insbesondere dadurch passieren, dass das Regelungsobjekt, auf das sich der Verwaltungsakt bezieht, wegfällt. Der Verwaltungsakt kann dann nicht mehr vollzogen werden. Aus Sicht des Klägers gibt es deswegen keinen Grund, noch weiter gegen den Verwaltungsakt vorzugehen. Denn die Regelung des Verwaltungsakts läuft ins Leere. Ferner erledigt sich ein Verwaltungsakt auch, wenn das Regelungssubjekt wegfällt, also z.B. bei Tod des Adressaten höchstpersönlicher Rechte.

4. Dadurch, dass Hs Haus abgebrannt ist, hat sich der Bescheid über die Renovierung erledigt. Statthaft ist die Fortsetzungsfeststellungsklage.

Ja!

Ein Verwaltungsakt kann sich dadurch erledigen, dass das Regelungsobjekt wegfällt. Der Verwaltungsakt kann dann nicht mehr vollzogen werden. Aus Sicht des Klägers gibt es deswegen keinen Grund, noch weiter gegen den Verwaltungsakt vorzugehen. Der Bescheid hat von H verlangt, dass sie ihr Haus renoviert. Nun ist ihr Haus abgebrannt, d.h. weder H kann renovieren, noch kann die Renovierung zwangsweise vollzogen werden. Der Bescheid entfaltet daher keine Beschwer mehr für H. Eine Anfechtung ist sinnlos. In Betracht kommt nur ein Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

BBE

bibu knows best

17.7.2022, 13:16:13

Wo läge denn hier das Feststellungsinteresse?

Nora Mommsen

Nora Mommsen

2.8.2022, 13:58:29

Hallo bibu knows best, unsere Fälle sind aus didaktischen Gründen manchmal nur zum Teil in der Lösung durchgelöst. Die Fallgruppen des Fortsetzungsfeststellungsinteresses bei der Fortsetzungs

feststellungsklage

sind: Wiederholungsgefahr, Rehabilitationsinteresse, tiefgreifender Grundrechtsreingriff und Vorbrereitungs einer

Amtshaftungsklage

. Der Sachverhalt ist vorliegend zu kurz um eine davon identifizieren zu können. Viele Grüße, Nora - für das Jurafuchs-Team

Johannes Nebe

Johannes Nebe

9.3.2023, 08:02:46

Ich weiß nicht, ob es ein so gutes Argument gegen die

allgemeine Feststellungsklage

ist, dass der rechtswidrige Verwaltungsakt kein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis ist. § 43 I Var. 3 VwGO bezieht sich doch gar nicht mehr auf ein "Rechtsverhältnis", sondern nennt davon unabhängig den nichtigen Verwaltungsakt (der natürlich etwas anderes ist als der rechtswidrige).

LRS

LRS

1.4.2023, 13:29:29

Ich habe mich auch gefragt, wie das Verhältnis zur

Nichtigkeitsfeststellungsklage

hier ist, denn der Verwaltungsakt wird doch - durch den Wegfall des Regelungsobjekts - auch gem. 44 II Nr. 4 VwVfG nichtig. Besteht da ein Unterschied? Weiß das jemand? :)

ScBryant

ScBryant

22.7.2023, 03:04:51

Soweit ich mich erinnern kann ist die Feststellung der Nichtigkeit eines VA und der Rechtswidrigkeit eines VA nicht das gleiche. Im vorliegenden Fall wird die Rechtswidrigkeit des erledigten VA gerichtlich festgestellt. Ein

rechtswidriger Verwaltungsakt

ist wirksam, bis er sich durch Aufhebung erledigt hat. Ich denke, dass der Verwaltungsakt weiterhin Wirkung entfaltet, auch wenn er gegenstandslos geworden ist. Also wird die Rechtswidrigkeit festgestellt muss ihn die

Behörde

aufheben oder ändern. Ein nichtiger VA ist von Anfang an unwirksam. Die

Nichtigkeitsfeststellungsklage

ist einschlägig wenn der Kläger die Nichtigkeit eines Verwaltungsakts feststellen möchte. Diese Klageart ist sinnvoll, wenn der Kläger die Nichtigkeit eines VA im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung feststellen möchte. Ein Verwaltungsakt ist nichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet. Korrigiert mich gerne, wenn ich da falsch liege.


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