Unberechtigte Zeugnisverweigerung, §§ 244 Abs. 2, 245 StPO

15. Juli 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A und C sind Cousins. Im Prozess gegen A soll C als Belastungszeugin aussagen. Das Gericht belehrt C nach § 52 Abs. 3 S. 1 StPO. C geht davon aus, dass sie auch als Cousine verweigerungsberechtigt ist und verweigert die Aussage. A wird mangels der Angaben der C freigesprochen.

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Einordnung des Falls

Unberechtigte Zeugnisverweigerung, §§ 244 Abs. 2, 245 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. C ist zeugnisverweigerungsberechtigt (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO).

Nein!

Gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO sind mit dem Angeklagten in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandte Personen zeugnisverweigerungsberechtigt. Der Verwandtschaftsgrad wird durch die Zahl der vermittelnden Geburten bestimmt (§ 1589 S. 2 BGB). Mit der Cousine ist der Angeklagte in der Seitenlinie im vierten Grad verwandt (Eigene Geburt, Geburt der Eltern, Geburt der Tante, Geburt der Cousine). Da Verwandtschaft in der Seitenlinie nur bis zum dritten Grad von § 52 Abs. 1 Nr. 4 StPO geschützt wird, haben Cousins und Cousinen kein Zeugnisverweigerungsrecht. C steht somit kein Zeugnisverweigerungsrecht zu.Merke: Die Verwandtschaft in der Seitenlinie beginnt überhaupt erst ab dem zweiten Grad (eigene Geburt und Geburt der Schwester).
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2. Kann die Staatsanwaltschaft in der Revision rügen, dass die C nicht vernommen wurde (§ 244 Abs. 2, 245 Abs. 1 S. 1 StPO)?

Genau, so ist das!

Die Beweisaufnahme ist auf alle vom Gericht vorgeladenen und erschienenen Zeugen zu erstrecken (§ 245 Abs. 1 S. 1 StPO). Auch grundsätzlich hat das Gericht zur Erforschung der Wahrheit die Beweisaufnahme von Amts wegen auf alle Tatsachen und Beweismittel zu erstrecken, die für die Entscheidung von Bedeutung sind (§ 244 Abs. 2 StPO).Indem das Gericht die C nicht vernahm, weil es fälschlicherweise von einem Zeugnisverweigerungsrecht ausging, liegt ein Verstoß gegen §§ 245 Abs. 1 S. 1, 244 Abs. 2 StPO vor. Da C den A belastet hätte, kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass das Urteil mit ihrer Aussage anders ausgefallen wäre. Die Staatsanwaltschaft kann den Verfahrensfehler in der Revision geltend machen.
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