Inhalt der Belehrung, § 52 Abs. 3 S. 1 StPO

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wird vor dem Landgericht verurteilt. Zeuge Z belastet ihn schwer. A und Zs leibliche Mutter waren verheiratet, sind aber nunmehr geschieden. Laut Protokoll wurde Z belehrt, dass er das Zeugnis verweigern könne „falls er zu den in § 52 StPO genannten Personen gehört”. Z erklärt, er sei mit A „nicht verwandt oder verschwägert”.

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Einordnung des Falls

Inhalt der Belehrung, § 52 Abs. 3 S. 1 StPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z hat als Stiefsohn des A ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO (§ 1590 BGB).

Genau, so ist das!

Zur Zeugnisverweigerung ist berechtigt, wer mit dem Beschuldigten in gerader Linie verschwägert ist (§ 52 Abs. 1 Nr. 3 StPO). Die Verwandten eines Ehegatten sind mit dem anderen Ehegatten verschwägert, wobei sich die Linie der Schwägerschaft nach der Linie der sie vermittelnden Verwandtschaft bestimmt (§ 1590 Abs. 1 BGB). Die Schwägerschaft dauert fort, auch wenn die Ehe, durch die sie begründet wurde, aufgelöst ist (§ 1590 Abs. 2 BGB).Als Stiefsohn des A ist Z mit diesem in gerader Linie verschwägert. Auch nach der rechtskräftigen Scheidung besteht das Verhältnis der Schwägerschaft und damit auch das Zeugnisverweigerungsrecht des Z fort.
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2. Es genügt nie, den Zeugen „abstrakt” über das Zeugnisverweigerungsrecht zu belehren (§ 52 Abs. 3 S. 1 StPO). Der Zeuge muss immer nach der Feststellung der persönlichen Verhältnisse belehrt werden.

Nein, das trifft nicht zu!

Die Art und Weise der Belehrung gemäß § 52 Abs. 3 S. 1 StPO steht im Ermessen des Gerichts. Sie muss nicht nach der Vernehmung des Zeugen zur Person ergehen. Allerdings wird sich dies in der Regel anbieten, da sich meist erst hier das Bestehen eines Verweigerungsrechts ergibt. Die Belehrung muss so klar und sachgemäß sein, dass der Zeuge das Für und Wider seiner Entscheidung abwägen kann. Es kann also ausreichen, dass ein Zeuge abstrakt darauf hingewiesen wird, dass er ein Zeugnisverweigerungsrecht habe, „falls" er zu den Angehörigen des Angeklagten gehört. Dies gilt jedoch nur, wenn der Zeuge auch weiß, dass er Angehöriger des Angeklagten ist.

3. Genügt die Belehrung des Z vorliegend den gesetzlichen Anforderungen (§ 52 Abs. 3 S. 1 StPO).

Nein!

Eine abstrakte Belehrung wie im vorliegenden Fall ist nur ausreichend, wenn der Zeuge auch weiß, dass er Angehöriger des Angeklagten ist. Nur dann kann er das Für und Wider seiner Aussage wirklich abwägen.Dies war bei Z gerade nicht der Fall. Er glaubte offensichtlich, mit A nicht (mehr) in einem Angehörigenverhältnis zu stehen. Es hätte hier einer ergänzenden Belehrung darüber bedurft, dass Z noch in einem Angehörigenverhältnis zu A steht. Die Belehrung erfolgte damit nicht ordnungsgemäß. Die Berücksichtigung der Aussage des Z im Urteil war damit verfahrensfehlerhaft.

4. Kann A auf diesen Verfahrensfehler erfolgreich seine Revision stützen (§ 337 Abs. 1 StPO).

Genau, so ist das!

A kann erfolgreich in Revision gehen, wenn er darlegen und beweisen kann, dass das Urteil auf einem Verfahrensfehler beruht (§ 337 Abs. 1 StPO).Mit der fehlerhaften Belehrung (§ 52 Abs. 3 S. 1 StPO) liegt ein Verfahrensfehler vor, der As Rechtskreis berührt. Da es sich bei der Belehrung um eine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens handelt, kann diese nur durch das Hauptverhandlungsprotokoll bewiesen werden (§ 274 StPO). Hier greift die negative Beweiskraft des Protokolls. Es kann auch nicht von vorneherein ausgeschlossen werden, dass das Urteil ohne die belastende Aussage des Z anders ausgefallen wäre, sodass das Urteil hierauf beruht. Soweit As Darlegungen in der Revisionsbegründung den Anforderungen des § 344 Abs. 2 S. 2 StPO genügen, wird er mit der Revision Erfolg haben.
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