Angehörigenprivileg, § 258 Abs. 6 StGB

14. Januar 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A ist wegen gefährlicher Körperverletzung angeklagt. B gibt ihm ein falsches Alibi, weswegen A frei gesprochen wird. A und B sind fest davon überzeugt, dass sie Halbbrüder sind. Tatsächlich sind sie aber gar nicht verwandt.

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Einordnung des Falls

Angehörigenprivileg, § 258 Abs. 6 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Hat B die Bestrafung von A ganz vereitelt, indem er vor Gericht falsch aussagte (§ 258 Abs. 1 StGB)?

Ja, in der Tat!

Eine Bestrafung ist dann ganz vereitelt, wenn sie endgültig oder für geraume Zeit unverwirklicht bleibt.B hat vor Gericht gelogen. Aus diesem Grund wurde A rechtskräftig freigesprochen. Die Bestrafung bleibt damit unverwirklicht.Zwar ist es grundsätzlich denkbar, dass in einem solchen Fall das Verfahren trotz Freispruch zuungunsten des Verurteilten wieder aufgenommen werden könnte, § 362 Nr. 2 StPO. Da eine ganze Vereitelung aber auch bei der Verzögerung der Bestrafung für eine geraume Zeit zu bejahen ist, ist das Tatbestandsmerkmal jedenfalls im Hinblick auf die damit verbundene Verzögerung auf jeden Fall erfüllt. B handelte auch vorsätzlich und mit Vereitelungsabsicht, rechtswidrig und schuldhaft.
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2. Für Angehörige greift der persönliche Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 6 StGB.

Ja!

B ist fest davon ausgegangen, As Halbbruder zu sein. Auch als Halbbruder wäre B Angehöriger im Sinne des § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB. Infolgedessen läge ein persönlicher Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 6 StGB vor und B bliebe straflos. B war aber tatsächlich nicht As Bruder, sondern nur fälschlicherweise davon überzeugt. Fraglich ist somit, ob es auf die subjektive Überzeugung des Täters oder auf die tatsächlichen objektiven Umstände ankommt.

3. Da B lediglich subjektiv davon überzeugt war, er wäre ein Angehöriger des A, greift § 258 Abs. 6 StGB nach h.M. für ihn nicht.

Nein, das ist nicht der Fall!

Die wohl h.M. vertritt, dass es allein auf das subjektive Vorstellungsbild des Täters ankäme. Dafür spreche, dass die Regelung eine schuldmindernde notstandsähnliche Konfliktlage privilegieren solle. In einer solchen Situation befindet sich B auch als vermeintlicher Angehöriger.Eine andere Ansicht stellt allein auf die objektive Lage ab. Grund dafür sei, dass die Strafausschließungsgründe jenseits der Schuld stünden und vom Vorsatz des Täters nicht umfasst zu werden bräuchten. B wäre damit hier wegen Strafvereitelung strafbar.Mit entsprechender Argumentation kannst Du in der Klausur also beides vertreten. Der BGH hat sich zu der Frage bisher noch nicht positioniert.

4. Bleibt B straffrei, wenn man ihm das Angehörigenprivileg nach § 258 Abs. 6 StGB zubilligt?

Nein, das trifft nicht zu!

Mit seiner bewusst falschen Aussage vor Gericht hat sich B der falschen uneidlichen Aussage strafbar gemacht, § 153 StGB. Diese Norm kennt kein Angehörigenprivileg, wie es § 258 Abs. 6 StGB vorsieht (siehe aber § 157 Abs. 1 StGB). Bestimmte Angehörige eines Angeklagten haben zwar ein Zeugnisverweigerungsrecht, § 52 Abs. 1 StPO. Dieses berechtigt aber lediglich zur Zeugnisverweigerung, nicht zur falschen Aussage!
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