Strafrecht

BT 7: Nachtatdelikte u.a.

Strafvereitelung (§ 258 StGB)

Strafvereitelung durch Vortäter, § 258 Abs. 5 StGB

Strafvereitelung durch Vortäter, § 258 Abs. 5 StGB

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A hat eine Brandstiftung begangen. Bei seiner Vernehmung gibt er wahrheitswidrig an, er sei zur Tatzeit bei Z gewesen. Z bestätigt das. Es kann nicht aufgeklärt werden, ob Z den Plan kannte und A schon im Vorhinein zugesichert hat, über das Alibi zu lügen. A wird trotzdem verurteilt.

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Einordnung des Falls

Strafvereitelung durch Vortäter, § 258 Abs. 5 StGB

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Z hat sich wegen Beihilfe zur Brandstiftung strafbar gemacht, indem sie A das falsche Alibi gab (§§ 306 Abs. 1, 27 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Für eine Beihilfestrafbarkeit müsste Z zur vorsätzlichen, rechtswidrigen Tat des A Hilfe geleistet haben und mit doppeltem Gehilfenvorsatz gehandelt haben. Zudem müsste sie die Tat rechtswidrig und schuldhaft begangen haben.In der Brandstiftung durch A liegt eine vorsätzliche, rechtswidrige Haupttat eines anderen. Die Zusage, dem Täter später ein falsches Alibi zu geben, kann den Tatentschluss bestärken und mithin eine strafbare psychische Beihilfe darstellen. Eine Beihilfe nach Beendigung der Haupttat ist jedoch nicht möglich. Ob Z dem A schon vor der Tat ein falsches Alibi versprochen hat, konnte nicht festgestellt werden. Nach dem Grundsatz in dubio pro reo scheidet eine Strafbarkeit der Z wegen Beihilfe zur Brandstiftung damit aus.
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2. Z hat versucht den Tatbestand des § 258 Abs. 1 StGB zu erfülllen, indem sie wahrheitswidrig bestätigte, dass A zur Tatzeit bei ihr war.

Ja!

Objektive Voraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 1 StGB sind: (1)Strafbare Vortat eines anderen (2)Ganz oder teilweise Vereitelung der Bestrafung Z müsste diesbezüglich Tatenschluss gehabt und absichtlich oder wissentlich bezüglich des Vereitelns gehandelt haben.Z hatte den Entschluss A ein falsches Alibi zu verschaffen, damit dieser trotz der verübten Brandstiftung freigesprochen werde. Sie hatte insoweit auch Vereitelungsabsicht. Durch ihre Aussage hat sie unmittelbar zur Tat angesetzt und rechtswidrig und schuldhaft gehandelt.

3. Zugunsten von Z könnte der persönliche Strafausschließungsgrund des § 258 Abs. 5 StGB greifen.

Genau, so ist das!

§ 258 Abs. 5 StGB knüpft an eine notstandsähnliche Lage des Vortäters an. Die Regelung schließt die Strafbarkeit nach § 258 StGB dann aus, wenn der Täter die Strafvereitelung zumindest auch begeht, um eine eigene Bestrafung zu verhindern.Sollte Z dem A schon vor der Tat versprochen haben, ihm ein falsches Alibi zu geben, könnte sie sich wegen (psychischer) Beihilfe zur Brandstiftung strafbar gemacht haben. Wenn sie durch das falsche Alibi vereiteln wollte, selbst bestraft zu werden, könnte deshalb der Strafausschließungsgrund nach § 258 Abs. 5 StGB vorliegen.

4. Gegen eine Anwendung des § 258 Abs. 5 StGB im vorliegenden Fall könnte sprechen, dass keine Zwangslage bei Z besteht.

Ja, in der Tat!

Nach Auffassung des BGH liege bei zuvor zugesicherten Alibis keine notstandsähnliche Lage vor. Vielmehr bezwecke das Tun des Täters in diesen Fällen von vornherein den Schutz des Haupttäters und nicht den Eigenschutz. Die Beweislage hinsichtlich der eigenen (eventuellen) Tat - der Zusage des Alibis - ändere sich nicht, wenn der Täter das falsche Alibi des Haupttäters nicht bestätige. Es sei nicht nachvollziehbar, dass der Täter straffrei bleiben könne, weil er versprochen habe, sich durch die Verschaffung des Alibis strafbar zu machen. Aus diesen Gründen komme § 258 Abs. 5 StGB in dieser Konstellation nicht zur Anwendung.Z kann sich nach dem BGH deshalb nicht auf den Strafausschließungsgrund berufen und wäre wegen versuchter Strafvereitelung nach §§ 258 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1 StGB strafbar.

5. Die Auffassung des BGH im Hinblick auf die Unanwendbarkeit des § 258 Abs. 5 StGB wegen fehlender Zwangslage wird in der Literatur einhellig geteilt.

Nein!

Eine starke Gegenmeinung lässt § 258 Abs. 5 StGB auch im vorliegenden Fall zur Anwendung kommen. Z müsse eine Strafverfolgung wegen (psychischer) Beihilfe zur Vortat befürchten, wenn diese aufgeklärt würde. Die notstandsähnliche Zwangslage bestünde deswegen auch hier.
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