+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
K hat B ein Segelboot verkauft. Da B sich weigert, den Kaufpreis dafür zu bezahlen, erhebt K diesbezüglich Klage. Kurz danach tritt er den Kaufpreiszahlungsanspruch an G erfüllungshalber ab, weil er diesem noch Geld schuldet. K und G erklären, dass G den Prozess weiterführen soll. B ist einverstanden.
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Einordnung des Falls
Abtretung des durch den Kläger geltend gemachten Anspruchs im Prozess & Zustimmung des Beklagten (§ 265 Abs. 2 S. 2 ZPO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Eine Zahlungsklage hat grundsätzlich nur Aussicht auf Erfolg, wenn der Kläger Inhaber des geltend gemachten Rechts und der Beklagte aus dem eingeklagten Recht verpflichtet ist.
Ja!
Eine Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.
Die Zulässigkeit einer Klage setzt unter anderem voraus, dass der Kläger berechtigt, ist einen Prozess als richtige Partei im eigenen Namen zu führen (= Prozessführungsbefugnis). Dies ist grundsätzlich - aber nicht nur! - der Fall, wenn er Inhaber des geltend gemachten Anspruchs ist.
In der Begründetheit der Klage ist anschließend zu prüfen, ob der Kläger berechtigt ist den Anspruch geltend zu machen (= Aktivlegitimation) und ob der Beklagte aus dem eingeklagten Recht verpflichtet ist (= Passivlegitimation).
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2. Der Kaufpreiszahlungsanspruch des K gegen B ist streitbefangen (§ 265 ZPO).
Genau, so ist das!
Eine Sache ist nur streitbefangen, wenn durch ihre Veräußerung der Kläger nicht mehr prozessführungsbefugt bzw. aktivlegitimiert oder der Beklagte nicht mehr passivlegitimiert ist. Ein vom Kläger geltend gemachter schuldrechtlicher Anspruch ist dagegen stets streitbefangen, da der Kläger durch die Abtretung seine Aktivlegitimation verliert.
K hat gegen B Klage auf Kaufpreiszahlung erhoben. Dadurch wurde der zugrundeliegende Kaufpreiszahlungsanspruch streitbefangen.
3. Weil der Kaufpreiszahlungsanspruch zum Zeitpunkt der Abtretung streitbefangen war, konnte K ihn nicht wirksam an G abtreten.
Nein, das trifft nicht zu!
Die Rechtshängigkeit schließt das Recht der einen oder der anderen Partei nicht aus, die in Streit befangene Sache zu veräußern oder den geltend gemachten Anspruch abzutreten (§ 265 Abs. 1 ZPO).
Die Streitbefangenheit des Kaufpreiszahlungsanspruch hindert K nicht daran, über den Anspruch weiterhin zu verfügen. Er konnte ihn daher wirksam an G abtreten.
4. Durch die Abtretung des Klageanspruchs hat K seine Aktivlegitimation verloren.
Ja!
Ein vom Kläger eingeklagter Anspruch ist stets streitbefangen. Wenn der Kläger den Klageanspruch abtritt, verliert er dadurch seine Aktivlegitimation.
5. Zugleich verliert K automatisch auch seine Prozessführungsbefugnis.
Nein, das ist nicht der Fall!
Die Prozessführungsbefugnis folgt grundsätzlich aus der Inhaberschaft eines Anspruchs des Anspruchs (Ausnahme: Prozessstandschaft). Ohne besondere prozessuale Regelung würde aus dem Verlust der Rechtsinhaberschaft zugleich der Verlust der Prozessführungsbefugnis folgen. Der Gesetzgeber hat sich dagegen entschieden. Die Veräußerung der streitbefangenen Sache oder die Abtretung des streitbefangenen Anspruchs soll auf den Prozess keinen Einfluss haben (§ 265 Abs. 2 S. 1 ZPO). Dies bedeutet, dass der Prozess grundsätzlich mit den bereits vorhandenen Parteien fortgesetzt wird. Die verfügende Partei führt den Prozess über das nunmehr fremde Recht als gesetzlicher Prozessstandschafter.K kann den Prozess also grundsätzlich in eigenem Namen weiterführen, wobei er nun kein eigenes, sondern ein fremdes Recht einklagt.Aufgrund des Verlusts der Aktivlegitimation kann der Kläger nur dann weiterhin Leistung an sich selbst verlangen, wenn der Rechtsnachfolger (Erwerber/Zessionar) ihm eine Einzugsermächtigung erteilt. Andernfalls muss er den Klageantrag auf Leistung an den Rechtsnachfolger umstellen, was eine nach § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässige Klageänderung darstellt.
6. G kann vorliegend allerdings den Prozess anstelle des K weiterführen (§ 265 Abs. 2 S. 2 Hs. 1 ZPO).
Ja, in der Tat!
Der Rechtsnachfolger ist berechtigt mit Zustimmung des Gegners den Prozess als Hauptpartei anstelle des Rechtsvorgängers zu übernehmen (§ 265 Abs. 2 S. 2 HS 1 ZPO). Der Rechtsnachfolger ist derjenige, an den die streitbefangene Sache veräußert oder der streitbefangene Anspruch abgetreten wird. Der Rechtsvorgänger ist der Veräußernde/Abtretende.
K und G wollen, dass G den Prozess anstelle von K weiterführt. B hat dem zugestimmt.
§ 265 Abs. 2 S. 2 HS 1 ZPO eröffnet somit die Möglichkeit, den Prozess abweichend von § 265 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht mit dem Rechtsvorgänger, sondern mit dem Rechtsnachfolger fortzusetzen. Da es hier der Zustimmung des Prozessgegners bedarf, handelt es sich nicht um einen (automatischen) Parteiwechsel kraft Gesetzes, sondern „nur“ um einen gesetzlich geregelten Parteiwechsel.