Strafrecht

BT 9: Amtsdelikte

Einführung

Einführung Bestechungsdelikte

Einführung Bestechungsdelikte

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Staatsanwältin S ermittelt gegen Drogenboss B. B bietet ihr an, € 15.000 an S‘ Tischtennisverein zu spenden, wenn sie mit der Strafverfolgung „aufhört“. S sagt zu, das Verfahren sofort nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen.

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Einordnung des Falls

Einführung Bestechungsdelikte

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 10 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. S könnte sich wegen Vorteilsannahme nach § 331 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem sie zugesagt hat, das Verfahren gegen B sofort einzustellen.

Ja!

Objektive Tatbestandsvoraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 331 Abs. 1 StGB sind: (1) Täter: Amtsträger etc. (2) Tatobjekt: Vorteil für sich oder einen Dritten (3) Tathandlung: Fordern, Sich versprechen lassen, Annehmen (4) Dienstausübung (5) Unrechtsvereinbarung S müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.
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2. S ist taugliche Täterin (§ 11 StGB).

Genau, so ist das!

Taugliche Täter des § 331 StGB sind Amtsträger, Europäische Amtsträger und für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichtete. Die einschlägigen Legaldefinitionen hierfür finden sich in § 11 Abs. 1 Nr. 2-4 StGB.Als Staatsanwältin ist S Beamtin. Sie ist damit nach § 11 Abs. 1 Nr. 2a StGB Amtsträgerin und taugliche Täterin.

3. Handelt es sich bei den € 15.000 für den Tischtennisverein um einen Vorteil iSd § 331 Abs. 1 StGB?

Ja, in der Tat!

Ein Vorteil ist jede Leistung materieller oder immaterieller Art, auf die der Amtsträger keinen Anspruch hat und die seine wirtschaftliche, rechtliche oder auch nur persönliche Lage objektiv verbessert. Die Norm erfasst Vorteile für den Täter selbst und für Dritte.Die Zahlung von € 15.000 ist eine Leistung materieller Art, auf die der Tischtennisverein keinen Anspruch hat und die dessen wirtschaftliche Lage objektiv verbessert.

4. Hat S den Vorteil gefordert?

Nein!

Fordern ist das ausdrückliche oder konkludente erkennen lassen des Täters, dass er einen Vorteil für seine Dienstausübung begehrt. Im Gegensatz dazu bedeutet Sich versprechen lassen das Angebot einer künftigen Leistung anzunehmen. Ein Annehmen liegt schließlich vor, wenn der geforderte oder angebotene Vorteil tatsächlich entweder selbst empfangen oder an den Dritten weitergeleitet wird, für den er bestimmt ist.S hat gegenüber B nicht von sich aus erkennen lassen, dass sie die € 15.000 für die Einstellung des Verfahrens begehrt. Sie hat den Vorteil nicht gefordert. Jedoch hat sie auf Bs Angebot hin zugesagt, dass sie das Verfahren einstellen werde, wenn er dem Tischtennisverein die Summe spenden würde. Sie hat sich die € 15.000 mithin versprechen lassen.

5. Die Verfahrenseinstellung betrifft S‘ Dienstausübung.

Genau, so ist das!

Dienstausübung ist die dienstliche Tätigkeit im Allgemeinen, ohne, dass es auf eine – noch nicht mal in groben Umrissen konkretisierte – Diensthandlung ankommt.S hat zugesagt, das laufende Verfahren gegen B nach § 170 Abs. 2 StPO einzustellen. Eine Verfahrenseinstellung betrifft die dienstliche Tätigkeit der S.

6. Es fehlt aber eine Unrechtsvereinbarung zwischen S und B, sodass S nicht zu bestrafen ist.

Nein, das trifft nicht zu!

Eine Unrechtsvereinbarung verlangt, dass zwischen der Tathandlung und der Dienstausübung ein Beziehungsverhältnis dergestalt besteht, dass der Vorteil dem Amtsträger als Gegenleistung für die Dienstausübung zufließen soll. Vorteil und Dienstausübung müssen folglich inhaltlich verknüpft sein. Die Unrechtsvereinbarung bildet den Kern des Schuldvorwurfs der Bestechungstatbestände.B hat S € 15.000 für ihren Tischtennisverein angeboten und S hat zugesagt, das Verfahren gegen B einzustellen. Beide sind sich einig, dass die Spende an den Verein gerade als Gegenleistung für die Verfahrenseinstellung erfolgen soll. Es besteht eine Unrechtsvereinbarung zwischen B und S.Das Tatbestandsmerkmal der Unrechtsvereinbarung findet im Wortlaut Anknüpfung in dem Wort für.

7. S könnte sich zudem wegen Bestechlichkeit nach § 332 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem sie zusagte, das Verfahren gegen B einzustellen.

Ja!

Objektive Tatbestandsvoraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 332 Abs. 1 StGB sind: (1) Täter: Amtsträger etc. (2) Tatobjekt: Vorteil für sich oder einen Dritten (3) Tathandlung: Fordern, Sich versprechen lassen, Annehmen (4) Bestimmte pflichtwidrige Diensthandlung (5) Unrechtsvereinbarung S müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.Der Tatbestand der Bestechlichkeit ist eine Qualifikation zur Vorteilsannahme und unterscheidet sich nur geringfügig von dieser. Zum einen wird statt einer einfachen Dienstausübung eine bestimmte pflichtwidrige Diensthandlung gefordert. Zum anderen werden höhere Anforderungen an die Unrechtsvereinbarung gestellt (dazu später mehr).

8. Handelt es sich bei der Zusicherung, das Verfahren einzustellen, um eine pflichtwidrige Diensthandlung?

Genau, so ist das!

Eine Diensthandlung ist gegeben, wenn die Handlung zu den dienstlichen Obliegenheiten des Amtsträgers gehört und von ihm in dienstlicher Eigenschaft vorgenommen wird. Sie ist zumindest immer dann pflichtwidrig, wenn sie gegen Rechtssatz, Dienstvorschrift oder Anordnung verstößt. Bei Ermessensentscheidungen ist Pflichtwidrigkeit anzunehmen, wenn sich der Amtsträger bei seiner Entscheidung von dem Vorteil beeinflussen lässt.Die Einstellung von Verfahren gehört zu den dienstlichen Obliegenheiten einer Staatsanwältin und wurde von S in dienstlicher Eigenschaft wahrgenommen. Die Verfahrenseinstellung erfolgte auch pflichtwidrig.

9. B hat sich nach § 333 Abs. 1 StGB strafbar gemacht haben, indem er S € 15.000 für ihren Tischtennisverein zusicherte, sollte die Strafverfolgung aufhören.

Ja, in der Tat!

Objektive Tatbestandsvoraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 333 Abs. 1 StGB sind: (1) Täter: Jedermann (2) Vorteilsnehmer: Amtsträger etc. (3) Tatobjekt: Vorteil für diesen oder einen Dritten (4) Tathandlung: Anbieten, Versprechen oder Gewähren (5) Dienstausübung (6) Unrechtsvereinbarung B müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.B ist als Jedermann tauglicher Täter. Vorteilsnehmerin ist S und damit eine Amtsträgerin. Bei den € 15.000 handelt es sich um einen materiellen Vorteil für den Tischtennisverein. Diesen Vorteil hat B der S angeboten. Die Summe sollte für die Verfahrenseinstellung gezahlt werden. Diese betrifft S‘ Dienstausübung. Die Spende an den Verein und die Einstellung des Verfahrens sind inhaltlich verknüpft, weswegen eine Unrechtsvereinbarung vorliegt. B handelte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.§ 331 StGB und § 333 StGB sind spiegelbildlich aufgebaut. Es wird deswegen auch von „passiven“ und „aktiven“ Bestechungsdelikten gesprochen.

10. Hat sich B seinerseits der Bestechung nach § 334 Abs. 1 StGB strafbar gemacht, als er S € 15.000 im Gegenzug für das „Aufhören“ der Strafverfolgung zusicherte?

Ja!

Objektive Tatbestandsvoraussetzungen für eine Strafbarkeit nach § 334 Abs. 1 StGB sind: (1)Täter: Jedermann (2) Vorteilsnehmer: Amtsträger etc. (3) Tatobjekt: Vorteil für sich oder einen Dritten (4) Tathandlung: Anbieten, Versprechen, Gewähren (5) Bestimmte pflichtwidrige Diensthandlung (6) Unrechtsvereinbarung B müsste zudem vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft gehandelt haben.B ist tauglicher Täter. Vorteilsnehmerin ist S und damit eine Amtsträgerin. Bei den € 15.000 handelt es sich um einen materiellen Vorteil für den Tischtennisverein. Diesen Vorteil hat B der S angeboten. Die Einstellung des Verfahrens gegen B ist eine bestimmte, pflichtwidrige Diensthandlung. Die Spende an den Verein soll für die konkrete Diensthandlung, die Einstellung des Verfahrens, erfolgen. Es besteht eine Unrechtsvereinbarung. B handelte vorsätzlich, rechtswidrig und schuldhaft.§ 334 StGB stellt das Spiegelbild zu § 332 StGB dar.
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