Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten

Schema Rechtmäßigkeit Widerrufs eines begünstigenden VAs (§ 49 Abs. 2 VwVfG)

Schema: Schema Rechtmäßigkeit Widerrufs eines begünstigenden VAs (§ 49 Abs. 2 VwVfG)

15. April 2025

5 Kommentare

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Die Überprüfung der Rechtmäßigkeit eines Widerrufs nach § 49 Abs. 2, Abs. 3 VwVfG ist ein Dauerbrenner in den Prüfungen. Wie könnte die Prüfung eines Widerrufs nach § 49 Abs. 2 VwVfG aufgebaut sein?

  1. Ermächtigungsgrundlage

    Da es sich beim Widerruf einer Begünstigung um einen Eingriff der Verwaltung handelt, bedarf es hierzu einer Ermächtigungsgrundlage (Vorbehalt des Gesetzes).

    1. Speziellere Rechtsgrundlagen?

      Die §§ 48ff. VwVfG gelten nur, soweit es keine Sondervorschriften (= lex specialis) bestehen. Besonders relevant sind § 15 GastG für die Gaststättenerlaubnis, § 12 BeamtStG für beamtenrechtliche Ernennungen sowie § 45 Abs. 2 Satz 1 WaffG für eine waffenrechtliche Erlaubnis. In der Klausur kannst Du mit einem Satz feststellen, dass keine spezielle Ermächtigungsgrundlage einschlägig ist, wenn dieser Prüfungspunkt unproblematisch ist.

    2. § 49 Abs. 2 VwVfG

      Fehlt es an einer spezielleren Rechtsgrundlage, ergeht der Widerruf gemäß § 49 Abs. 2 VwVfG mit Wirkung für die Zukunft (ex nunc).

      1. (Rechtmäßiger) begünstigender Verwaltungsakt

        Im ersten Schritt musst Du feststellen, dass die Behörde einen begünstigenden Verwaltungsakt widerrufen hat. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) ist begünstigend, wenn er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (Legaldefinition, § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG). Dieser Prüfungspunkt ist in der Regel unproblematisch, sodass Du hier häufig nur einen Satz schreiben musst. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss der Verwaltungsakt zudem rechtmäßig ergangen sein, sodass Du dies inzident feststellst. Nach einer anderen Ansicht findet § 49 Abs. 2 VwVfG ergänzend zu § 48 VwVfG analoge Anwendung auf rechtswidrige Verwaltungsakte. Hiernach müsste die Rechtmäßigkeit also nicht geprüft werden, da es in diesem Fall nicht darauf ankommt.

      2. Vorliegen eines Widerrufgrundes

        Der Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts ist für den Adressaten ein intensiver Eingriff. Denn das Vertrauen in den Fortbestand einer Begünstigung ist besonders schutzwürdig, wenn der Adressat die Begünstigung berechtigterweise erhalten hat. Aus diesem Grund kann die Behörde den Verwaltungsakt nur in den abschließenden normierten Fällen widerrufen (vgl. § 49 Abs. 2 S. 1 VwVfG).

      3. Einhalten der Widerrufsfrist

        § 49 Abs. 2 S. 2 VwVfG verweist auf die Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG. Hieraus ergibt sich, dass die Behörde den Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres widerrufen kann, nachdem sie Kenntnis von den Tatsachen erhalten hat, die den Widerruf rechtfertigen. Der Anwendungsbereich, Fristbeginn sowie die Auslegung des Behördenbegriffs in dieser Vorschrift sind umstritten. Einen Fall zum Streit um den Beginn der Widerrufsfrist findest Du hier

  2. Formelle Rechtmäßigkeit des Widerrufs

    Im Rahmen der formellen Rechtmäßigkeit prüfst Du den klassischen Dreiklang: Zuständigkeit, Verfahren, Form. Dabei gehst Du im Sinne einer guten Schwerpunktsetzung nur auf die Punkte vertieft ein, die problematisch sein könnten.

    1. Zuständigkeit

      Aus § 49 Abs. 5 VwVfG ergibt sich lediglich die örtliche Zuständigkeit. Sachlich zuständig ist in der Regel die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen hat.

    2. Verfahren

      Im Rahmen des Verfahrens muss die Behörde die allgemeinen Verfahrensvorschriften beachten. Relevant ist insbesondere die Anhörung (§ 28 Abs. 1 VwVfG)

    3. Form

      Bezüglich der Form gelten ebenfalls die allgemeinen Grundsätze, insbesondere das Begründungserfordernis schriftlicher Verwaltungsakte (§ 39 Abs. 1 S. 1 VwVfG).

      1. (Rechtmäßiger) begünstigender Verwaltungsakt

        Im ersten Schritt musst Du feststellen, dass die Behörde einen begünstigenden Verwaltungsakt widerrufen hat. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) ist begünstigend, wenn er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (Legaldefinition, § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG). Dieser Prüfungspunkt ist in der Regel unproblematisch, sodass Du hier häufig nur einen Satz schreiben musst. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss der Verwaltungsakt zudem rechtmäßig ergangen sein, sodass Du dies inzident feststellst. Nach einer anderen Ansicht findet § 49 Abs. 2 VwVfG ergänzend zu § 48 VwVfG analoge Anwendung auf rechtswidrige Verwaltungsakte. Hiernach müsste die Rechtmäßigkeit also nicht geprüft werden, da es in diesem Fall nicht darauf ankommt.

      2. Vorliegen eines Widerrufgrundes

        Der Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts ist für den Adressaten ein intensiver Eingriff. Denn das Vertrauen in den Fortbestand einer Begünstigung ist besonders schutzwürdig, wenn der Adressat die Begünstigung berechtigterweise erhalten hat. Aus diesem Grund kann die Behörde den Verwaltungsakt nur in den abschließenden normierten Fällen widerrufen (vgl. § 49 Abs. 2 S. 1 VwVfG).

      3. Einhalten der Widerrufsfrist

        § 49 Abs. 2 S. 2 VwVfG verweist auf die Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG. Hieraus ergibt sich, dass die Behörde den Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres widerrufen kann, nachdem sie Kenntnis von den Tatsachen erhalten hat, die den Widerruf rechtfertigen. Der Anwendungsbereich, Fristbeginn sowie die Auslegung des Behördenbegriffs in dieser Vorschrift sind umstritten. Einen Fall zum Streit um den Beginn der Widerrufsfrist findest Du hier

  3. Materielle Rechtmäßigkeit des Widerrufs

    Die materielle Rechtmäßigkeit des Widerrufs setzt voraus, dass (1) die (tatbestandlichen) Voraussetzungen des § 49 Abs. 2 VwVfG vorliegen. Zudem muss (2) auf Rechtsfolgenseite die Behörde das eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt haben.

    1. Voraussetzungen des Widerrufs

      Die Voraussetzungen für den Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ergeben sich aus § 49 Abs. 2 VwVfG, sofern es sich nicht um eine Geld- oder Sachleistung handelt (vgl. § 49 Abs. 3 VwVfG).

      1. (Rechtmäßiger) begünstigender Verwaltungsakt

        Im ersten Schritt musst Du feststellen, dass die Behörde einen begünstigenden Verwaltungsakt widerrufen hat. Ein Verwaltungsakt (§ 35 S. 1 VwVfG) ist begünstigend, wenn er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (Legaldefinition, § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG). Dieser Prüfungspunkt ist in der Regel unproblematisch, sodass Du hier häufig nur einen Satz schreiben musst. Nach dem Wortlaut der Vorschrift muss der Verwaltungsakt zudem rechtmäßig ergangen sein, sodass Du dies inzident feststellst. Nach einer anderen Ansicht findet § 49 Abs. 2 VwVfG ergänzend zu § 48 VwVfG analoge Anwendung auf rechtswidrige Verwaltungsakte. Hiernach müsste die Rechtmäßigkeit also nicht geprüft werden, da es in diesem Fall nicht darauf ankommt.

      2. Vorliegen eines Widerrufgrundes

        Der Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakts ist für den Adressaten ein intensiver Eingriff. Denn das Vertrauen in den Fortbestand einer Begünstigung ist besonders schutzwürdig, wenn der Adressat die Begünstigung berechtigterweise erhalten hat. Aus diesem Grund kann die Behörde den Verwaltungsakt nur in den abschließenden normierten Fällen widerrufen (vgl. § 49 Abs. 2 S. 1 VwVfG).

      3. Einhalten der Widerrufsfrist

        § 49 Abs. 2 S. 2 VwVfG verweist auf die Vorschrift des § 48 Abs. 4 VwVfG. Hieraus ergibt sich, dass die Behörde den Verwaltungsakt nur innerhalb eines Jahres widerrufen kann, nachdem sie Kenntnis von den Tatsachen erhalten hat, die den Widerruf rechtfertigen. Der Anwendungsbereich, Fristbeginn sowie die Auslegung des Behördenbegriffs in dieser Vorschrift sind umstritten. Einen Fall zum Streit um den Beginn der Widerrufsfrist findest Du hier

    2. Fehlerfreie Ermessensausübung

      § 49 Abs. 2 S. 1 VwVfG räumt der Behörde ein Ermessen (§ 40 VwVfG) hinsichtlich der Entscheidung über den Widerruf ein. Das Gericht kann die behördliche Entscheidung daher nur auf das Vorliegen eines Ermessensfehlers überprüfen (§ 114 VwGO).

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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

SUFEIFE

sufeifei

1.12.2024, 13:27:34

Nach einer Ansicht findet § 49 Abs. 2 VwVfG ergänzend zu

§ 48 VwVfG

analoge Anwendung auf

rechtswidrig

e Verwaltungsakte. Wann würde eine Behörde einen

rechtswidrig

en Verwaltungsakt widerrufen und nicht nach

§ 48 VwVfG

zurücknehmen? Hat dies besondere Vorteile für die Behörde?

HARD

hardymary

16.12.2024, 16:53:50

es hat dann Vorteile für die Behörde, wenn sie nicht zweifelsfrei klären kann, ob der VA rechtmäßig oder

rechtswidrig

ist. Mein Dozent meinte deswegen auch schon mal, dass in der Praxis viel häufiger direkt nach § 49 widerrufen wird.

FRED

Frederieke

9.4.2025, 21:18:44

Es wurde in einer vorherigen Einheit angesprochen, dass aufgrund eines Erst-Recht-Schlusses bei

rechtswidrig

en VA § 49 VwvfG analog angewendet werden kann. Wie würde ich denn da die Prüfung aufbauen? Ich kann ja nicht einfach die

Ermächtigungsgrundlage

austauschen, nachdem ich

§ 48 VwvfG

durchgeprüft und abgelehnt habe, oder?

TI

Timurso

10.4.2025, 12:39:00

Doch, würde ich schon sagen. Wenn eine

Ermächtigungsgrundlage

nicht durchgeht, kannst du danach weitere prüfen. Ist eigentlich wie mit Anspruchsgrundlagen im Zivilrecht.

FRED

Frederieke

10.4.2025, 19:44:18

@[Timurso](197555) Danke für deine Antwort! also, die Prüfung wäre dann I.

Ermächtigungsgrundlage

, § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG II. Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 S. 2 iVm. Abs. 2-4 (-) III.

Ermächtigungsgrundlage

§ 49 analog IV. Voraussetzungen § 49 analog Sorry, ich hab irgendwie das Gefühl ich steh bei dem Aufbau gerade auf dem Schlauch :D


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