Hallo @[sy](30718),
danke für die Klarstellung.
Was den Aufbau im juristischen Gutachten angeht, gibt es oft kein "richtig" oder "falsch", höchstens ein "sinnvoll" und ein "weniger sinnvoll". In beiden Kategorien kann es dann mehrere Möglichkeiten geben, das macht andere Varianten der Kategorie "sinnvoll" nicht falsch. Inhaltlich ist entscheidend, dass man nichts vergisst. Klausurtaktisch und für Prüfungen kann es sinnvoll sein, diejenige von den "sinnvollen" Varianten zu nehmen, mit der man am besten klar kommt. Wenn Du Dich mit der Variante wohler fühlst, die Du gelernt hast, mach es gerne so.
Das heißt aber nicht, dass diese Variante hier nicht völlig OK ist. Ich finde sie sogar recht eingängig, streng systematisch und habe selber damals sehr ähnlich aufgebaut. Eventueller Nachteil ist eine gewisse "Dopplung" von Prüfungspunkten, die aber erstens einen gewissen Sinn hat (dazu gleich) und zweitens mit einem Satz erledigt werden kann (oder sogar ganz weggelassen). Vorteil ist, dass man so (I. Tatbestand, II. Rechtsfolge) im ZivilR (fast) immer aufbauen kann, gerade auch bei unbekannte(re)n Normen, und man sich damit eine gute Struktur angewöhnt.
I. prüft die Tatbestandsvoraussetzungen des § 437 BGB, den wir ja anwenden wollen. Wir schauen also, ob wir überhaupt im KaufR sind (in Abgrenzung zum allgemeinen SchuldR): Kaufvertrag,
Sachmangel, bei Gefahrübergang, kein Ausschluss der Gewährleistung.
II. prüft dann die Rechtsfolge, in unserem Fall den Verweis auf § 280 I BGB: Schuldverhältnis,
Pflichtverletzung, Vertretenmüssen, Schaden. Sehr systematisch, alles drin. Natürlich ist Schuldverhältnis und
Pflichtverletzung "doppelt". Das sind aber eben die Voraussetzungen des § 280 I BGB, mit § 437 BGB sind wir ja fertig. Insoweit kann man dann in einem Satz darauf verweisen, dass Schuldverhältnis der Kaufvertrag und
Pflichtverletzung die mangelhafte Lieferung ist, wie oben geprüft. Oder man lässt sie ganz weg, weil "überflüssig", halte ich ebenfalls für vertretbar. Danach kann man sich näher dem Vertretenmüssen und dem Schaden widmen, die man typischerweise vorher noch nicht angesprochen hat.
Oft so gemacht, wurde mir nie angestrichen und hätte ich selber auch nie angestrichen, weil es systematisch eben ziemlich logisch ist. Aber nochmal: Es gibt häufig verschiedene Möglichkeiten für den Aufbau. Orientiert Euch gerne an dem, was bei Euch üblich ist und/oder, womit Ihr euch am wohlsten fühlt (so lange es denn eine der "sinnvollen" Varianten ist).
Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team