Definition: Pflichtverletzung (§ 280 Abs. 1 BGB)

21. November 2024

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Was versteht man unter einer „Pflichtverletzung“ (§ 280 Abs. 1 BGB):

Pflichtverletzung ist jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei des Schuldverhältnisses vom geschuldeten Pflichtenprogramm des § 241 BGB.

Erfasst sind sowohl (1) die (völlige oder teilweise) Nichterfüllung, (2) die verspätete Erfüllung und (3) die Schlechterfüllung einer Haupt- oder Nebenleistungspflicht (vgl. § 241 BGB), als auch (4) die Verletzung vertraglicher oder vorvertraglicher (§ 311 Abs. 2 BGB) Schutzpflichten (§ 241 Abs. 2 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

FL

Flohm

28.11.2023, 14:29:18

Sind Schutzpflichten iSd §241 II auch gleichzeitig

Nebenleistungspflicht

en ?

Bubbles

Bubbles

28.11.2023, 14:55:31

Nein, Schutzpflichten sind Nebenpflichten und keine

Nebenleistungspflicht

en. Während

Nebenleistungspflicht

en einklagbar und erfolgsbezogen (also der ordnungsgemäße Vertragserfüllung dienend) sind, sind Nebenpflichten grds nicht einklagbar und eher allgemeine Sorgfaltspflichten.

LS2024

LS2024

19.3.2024, 12:51:43

Wäre es nicht sinnvoll die Definition um das Element des Nachteils für den Gläubiger zu erweitern? Hätte der Werkunternehmer hier noch das Sofa abgestaubt, so wäre er auch vom schuldrechtlichen Pflichtenprogramm abgewichen. Wenn der Gläubiger aber kein Interesse an der Staubschicht auf dem Sofa hat, dann handelt es sich trotzdem nicht um eine Pflichtverletzung.

Dogu

Dogu

15.4.2024, 21:49:22

Aber der Schuldner weicht ja beim Abstauben auch nicht vom Pflichtenprogramm ab. Er erbringt zusätzliche Arbeiten.

LS2024

LS2024

23.4.2024, 11:55:46

@Dogu Nur wenn man das Pflichtenprogramm als "die Pflichten aus § 241 BGB sowie alles was positiv für den Gläubiger ist" definiert, wäre das Abstauben keine Pflichtverletzung nach der jurafuchs Definition. Eine Pflicht kann allerdings eingefordert werden und das Abstauben kann nicht eingefordert werden. Insofern halte ich diese Definition des Pflichtenprogramms im juristischen Sprachgebrauch nicht für vertretbar. Beispiel: Eine

Zuviellieferung

ist ja auch eine Abweichung vom Pflichtenprogramm. Wenn mir jemand statt 9 Stiften 10 Stifte liefert dann beschwere ich mich nicht. Aber eventuell möchte der Käufer einen der Stifte zurück. Wenn auch die

Zuviellieferung

Teil des Pflichtenprogramms wäre, so könnte er den Stift nicht zurückfordern.

Dogu

Dogu

23.4.2024, 13:40:58

Zu den Stiften: Aber genau das war doch meine Aussage. Wenn ich zu viele liefere, ist das nicht Teil des Pflichtenprogramms und vom Rechtsgrund des Kaufvertrages nicht erfasst, sodass ein Anspruch aus Bereicherungsrecht besteht. Vielleicht reden wir auch an einander vorbei

Dogu

Dogu

23.4.2024, 13:43:30

Daher verstehe ich nach wie vor nicht, wie eine nicht geschuldete Leistung (Abstauben in deinem Beispiel) bei der Jurafuchs-Definition ohne deine Ergänzung unter das Pflichtenprogramm fallen soll?

LS2024

LS2024

23.4.2024, 16:26:42

Ah ja, hast Recht, da habe ich mir einfach deine Ansicht zu Eigen gemacht, ohne es zu merken ^^ Meine Verwirrung kam daher, dass ich nicht hinreichend zwischen

Leistungspflichten

und Schutzpflichten unterscheiden habe. Die

Zuviellieferung

ist zwar nicht geschuldet und damit keine Pflichtverletzung. Sie ist aber die Verletzung einer Schutzpflicht und damit eine Pflichtverletzung.

Dogu

Dogu

23.4.2024, 17:49:42

Also beim Kaufvertrag im Speziellen ist ja die

Mankolieferung

in beide Richtungen (zu wenig und zu viel) qua Gesetz ein Sachmangel, weil das Gesetz den Begriff Menge ohne Beschränkung auf Mindermengen verwendet. Insofern bedarf es da keiner Schutzpflicht, um eine Pflichtverletzung zu bejahen bzw. die würde ich nur verletzt sehen, wenn durch eine große

Zuviellieferung

eine Zufahrt o.Ä. blockiert wird. Bei einem Stift zu viel nicht oder wie siehst Du das?

LS2024

LS2024

24.4.2024, 10:43:50

Nein, die

Zuviellieferung

eines Stiftes wäre auch mMn weder die Verletzung einer Leistungs- noch einer Schutzpflicht. Aber die Zuvielleistung beim Atommüll wäre die Verletzung einer Schutzpflicht.


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