Zivilrecht
Schuldrecht Allgemeiner Teil
Grundlagen des Schadensersatzes (§ 280 Abs. 1 BGB) (Leistungsstörungsrecht)
Einfacher Schadensersatz neben der Leistung (§ 280 BGB)
Schema: Einfacher Schadensersatz neben der Leistung (§ 280 BGB)
Wie prüfst Du die Voraussetzungen des einfachen Schadensersatzes neben der Leistung (§ 280 Abs. 1 BGB)?
Schuldverhältnis
Unter dem Schuldverhältnis im weiteren Sinne versteht man das gesamte Rechtsverhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner. Es gibt dabei rechtsgeschäftliche Schuldverhältnisse (§ 311 Abs. 1 BGB) ebenso wie gesetzliche Schuldverhältnisse (zB § 311 Abs. 2 BGB).
(Schutz-)Pflichtverletzung
Der Begriff der Pflichtverletzung erfasst jede objektive Abweichung des Verhaltens einer Partei des Schuldverhältnisses vom geschuldeten Pflichtenprogramm.
Vertretenmüssen (§ 276 Abs. 1 BGB)
Der Schuldner hat Vorsatz und Fahrlässigkeit zu vertreten, wenn eine strengere oder mildere Haftung weder bestimmt noch aus dem sonstigen Inhalt des Schuldverhältnisses zu entnehmen ist.
Gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB wird dieses Vertretenmüssen solange vermutet, bis der Anspruchsgegner (also Schuldner des Vertrags) das Gegenteil beweist. Steht also im Sachverhalt nicht, dass der Gegner das Gegenteil darlegen kann, ist von einem Vertretenmüssen auszugehen! Beachte, dass du in der Klausur zunächst erwähnst, dass das Vertretenmüssen gem. § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB vorliegen muss, da diese Norm überhaupt festlegt, dass ein Vertretenmüssen für den Anspruch erforderlich ist. Der Maßstab für das Vertretenmüssen bestimmt sich sodann nach dem § 276 BGB. Wenn sich aus dem Sachverhalt keine Anhaltspunkte ergeben, wird dann dieses Vertretenmüssen vermutet! Schaden (§§ 249 ff. BGB)
Ein Schaden stellt jede unfreiwillig eintretende Beeinträchtigung des Vermögen (Vermögensschaden) oder anderer subjektiver Rechte (Nichtvermögens- oder immaterieller Schaden) dar. Der zu ersetzende Schaden bestimmt sich aus der Differenz zwischen der hypothetischen Vermögenslage, wie sie ohne das schädigende Ereignis bestehen würde, und der tatsächlichen Vermögenslage (sog. Differenzhypothese, § 249 BGB).
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
🦊²
23.5.2022, 18:52:51
hi, ist der Prüfungspunkt IV. Schaden nicht eher im Rahmen der Rechtsfolge nach §§ 249 ff. zu prüfen? Liebe Grüße 🦊 ²
Lukas_Mengestu
24.5.2022, 10:17:42
Hallo Fuchs², hier sieht man in den Lehrbüchern unterschiedliche Darstellungen. Teilweise wird das ausschließlich bei den §§ 249ff. BGB verortet, die aber streng genommen primär den Umfang des Schadensersatzes regeln, nicht, ob ein Schaden vorliegt. Teilweise wird es als 4. Prüfungspunkt in die Anspruchsprüfung aufgenommen, da denklogisch ohne Schadensposition auch kein Schadensersatzanspruch besteht. Beste Grüße, Lukas - für das Jurafuchs-Team
QuiGonTim
8.12.2023, 21:48:10
Liebes Jurafuchsteam, ich finde euch Schemata-Aufgaben, gerade wenn sie mit Erklärungen versehen sind, echt klasse. Könntet ihr hier beim „Vertretenmüssen“ die Verschuldensvermutung des
§ 280 Abs. 1 S. 2 BGBhinzufügen? Mit wurde einmal beigebracht, dass es die Korrektoren ungern sähen, wenn man bei den 280ern beim Vertretenmüssen direkt zum 276 Abs. 1 S. 1 BGB springt.
Leo Lee
9.12.2023, 18:33:52
Hallo QuiGonTim, vielen Dank für diesen sehr wichtigen Hinweis! In der Tat ergibt sich das Vertretenmüssen bei § 280 I BGB aus dem § 280 I 2, wovon der Maßstab dann (erst) der 276 I BGB ist. Dies haben wir entsprechend ergänzt als Vertiefung und Klausurhinweis und danken dir nochmal für dein Feedback! I.Ü. kann ich hierzu die Lektüre von MüKo-BGB 9. Auflage, Ernst § 280 Rn. 39 sehr empfehlen :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Tobias Baumgarten
3.10.2024, 10:10:44
Warum prüfe ich nicht (naheliegenderweise) als erstes, ob überhaupt ein Schaden vorliegt?
Nedjem
3.10.2024, 10:36:48
Moin, die Prüfung von § 280 I BGB folgt der logischen Kausalität der Voraussetzungen: (1) Schuldverhältnis: Ohne eine rechtliche Verbindung zwischen den Parteien besteht keine Pflicht zur Leistung. (2) Pflichtverletzung: Ohne eine Verletzung dieser Pflichten gibt es keinen Anlass für eine Entschädigung. (3) Vertretenmüssen: Der Schuldner muss die Pflichtverletzung zu verantworten haben, bevor ein Schadensersatzanspruch entstehen kann. (4) Schaden: Erst wenn diese Elemte erfüllt sind, wird der Schaden betrachtet; denn nur bei einer Pflichtverletzung, die der Schuldner zu vertreten hat, muss er für den eingetretenen Schaden haften. Umgekehrt würde die Prüfung des Schadens vor der Pflichtverletzung keinen Sinn ergeben, weil der Schaden in diesem Fall möglicherweise gar nicht durch eine rechtlich relevante Pflichtverletzung verursacht wurde. Die Prüfung des Schadens ist also Endpunkt einer Reihe von Voraussetzungen, die alle erfüllt sein müssen, damit der SE-Anspruch überhaupt bestehen kann. Ich hoffe, das ist so verständlich. :)
Tobias Baumgarten
3.10.2024, 12:49:19
Moin Nedjem, Danke für Deine Ausführungen, die ich grundsätzlich nachvollziehen kann. Allerdings könnte man es ebenso gut in anderer Gliederung logisch kausal aufziehen: ich prüfe zunächst, ob überhaupt ein Schaden vorliegt und sofern nicht, kann ich mir die ganzen anderen Prüfungen sparen. Intuitiv wäre der Schaden das Erste, was ich prüfe, wenn es um Schadenersatz geht - weil es sich aufdrängt: ohne Schaden kein Schadenersatz. Aber ich muss mich wohl damit abfinden, dass die Pioniere, die sich zu Beginn damit beschäftigt haben, einen anderen Weg gegangen sind und es jetzt so der Standard ist ;-)