Schema: Notstand (§ 228 BGB)
30. Mai 2025
4 Kommentare
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Wie prüfst Du, ob die Voraussetzungen des zivilrechtlichen Notstands vorliegen (§ 228 BGB)?
Notstandslage
Eine Notstandslage (§ 228 BGB) liegt vor, wenn von einer Sache eine Gefahr für ein Rechtsgut droht. Eine Gefahr ist ein Zustand, der bei ungehindertem Fortgang den Eintritt eines Schadens für ein notstandsfähiges Rechtsgut ernstlich befürchten lässt, sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen getroffen werden. Eine Gefahr droht bereits dann, wenn nach den tatsächlichen Umständen der Eintritt eines Schadens naheliegt. Notstandshandlung
Eine Notstandshandlung (§ 228 BGB) ist die Beschädigung oder Zerstörung der gefährlichen Sache, die erforderlich ist. Erforderlich ist die Handlung, wenn sie geeignet ist und das relativ mildeste Mittel darstellt. Geeignet ist eine Handlung, wenn sie dazu förderlich ist, die Gefahr abzuwehren. Das mildeste Mittel setzt voraus, dass bei gleicher Eignung ein Mittel gewählt wird, das per se milder ist als die anderen zur Verfügung stehenden Mittel. Interessenabwägung
Bei der Interessenabwägung darf der Schaden an der gefährlichen Sache nicht außer Verhältnis zur drohenden Gefahr stehen. Man könnte die Interessenabwägung auch als Unterpunkt innerhalb der Notstandshandlung prüfen. Verteidigungsabsicht (subjektives Rechtfertigungselement)
Aus dem Wortlaut von § 228 S. 1 BGB („um“ … abzuwenden) ergibt sich, dass der Verteidiger einen Verteidigungswillen, d.h. eine zielgerichtete Verteidigungsabsicht haben muss.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
alexd.227
20.1.2024, 14:23:45
wo prüft man in diesem schema die angemessenheit?

LS2024
4.12.2024, 09:59:54
Irgendwie kommt mir dieses Prüfungsschema und diese Definitionen zumindest ungewöhnlich vor. Zum einen wird im Rahmen der
Notstandslage nicht geprüft, ob die Einwirkung auf die Sache notwendig, der die Gefahr entspringt. Das wird erst unter
Notstandshandlung geprüft. Zum anderen wird ist der Definition der Gefahr schon immanent, dass diese Gefahr drohend ist ("sofern nicht alsbald Abwehrmaßnahmen getroffen werden"). Damit ist die Definition von "drohend" redundant. Der BeckOK (Stichbrobenartig übereinstimmend auch: BeckOGK und juriq Skript) definiert etwa eine
drohende Gefahrdamit, dass der Eintritt eines
Schadens naheliegend erscheint [BeckOGK/Rövekamp, 1.9.2024, BGB § 228 Rn. 13]. Dies wäre nicht nur eine einzelne, sondern auch eine einfachere Definition. Es würde deshalb mMn zum Lernen Sinn ergeben diese anstatt der zwei bisher gegebenen Definitionen zu nutzen.

Tim Gottschalk
17.3.2025, 16:33:44
Hallo @[LS2024](144077), vielen Dank für deine Hinweise. 1. Wir sagen bereits unter der
Notstandslage, dass die Gefahr von einer Sache ausgehen muss. Unter
Notstandshandlung gehen wir dann darauf ein, dass sich die
Notstandshandlung gegen diese Sache richten muss. So ist das Schema auch richtig. Deine Kritik diesbezüglich kann ich nicht ganz nachvollziehen. 2. Du hast zwar Recht, dass man sich bei der Definition der drohenden Gefahr etwas Platz sparen könnte und dass es mit unserer Definition wohl kaum einen Fall gibt, wo die Gefahr nicht auch drohend ist. Allerdings ist die von uns hier verwendete Definition der Gefahr dieselbe, die man auch in
§ 34 StGBverwendet. Ich halte es für didaktisch sinnvoller, wenn man einmal lernt, was die Definition für Gefahr ist und das dann immer abrufen kann, als wenn man für jede Norm eine eigene Definition lernt. Auch, weil man sich das dann besser am Wortlaut herleiten kann. Hier braucht man eine
drohende Gefahr, also schaut man sich zuerst an, ob eine Gefahr vorliegt und dann, ob diese denn auch drohend ist. In
§ 34 StGBmacht man dasselbe mit derselben Definition für Gefahr und schaut dann, ob diese gegenwärtig ist. Hierin liegt nämlich dann auch der Unterschied zwischen den beiden Normen. Das wird durch die Aufteilung besser deutlich. Wir haben uns daher entschieden, das Schema und die Definitionen nicht anzupassen. Danke für den Verständnis und liebe Grüße Tim - für das Jurafuchs-Team