Öffentliches Recht

Verwaltungsrecht AT

Rücknahme und Widerruf von Verwaltungsakten

Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden VAs: § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwVfG (Widerruf wegen nicht erfüllter Auflage)

Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden VAs: § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwVfG (Widerruf wegen nicht erfüllter Auflage)

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Behörde B erteilt Reiter R eine Baugenehmigung für einen Pferdestall, nach der R sofort mit dem Bau beginnen darf. Allerdings soll R innerhalb von zwei Wochen darlegen, wie er die Immissionen, die z.B. durch den Pferdedung entstehen können, möglichst gering halten wird. R lässt die Frist tatenlos verstreichen.

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Einordnung des Falls

Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden VAs: § 49 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 VwVfG (Widerruf wegen nicht erfüllter Auflage)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach weiteren erfolglosen Aufforderungen an R, ein entsprechendes Konzept vorzulegen, hebt B die rechtmäßige Baugenehmigung auf. Handelt es sich hierbei um einen Widerruf nach § 49 Abs. 2 VwVfG?

Genau, so ist das!

Geht es um die Aufhebung eines rechtmäßigen Verwaltungsakts (= Widerruf) musst du unterscheiden, ob der Verwaltungsalt begünstigend war oder nicht. Der Widerruf eines begünstigenden Verwaltungsakts ist nur in den Fällen des § 49 Abs. 2 VwVfG bzw. § 49 Abs. 3 VwVfG möglich. Ein Verwaltungsakt ist begünstigend, wenn er ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt (Legaldefinition, § 48 Abs. 1 S. 2 VwVfG) Die Baugenehmigung gewährt R das Recht, den genehmigten Stall zu errichten und ist damit ein begünstigender Verwaltungsakt.
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2. Die Maßgabe, dass R ein Konzept zum Immissionsschutz vorlegen muss, ist eine Bedingung.

Nein, das trifft nicht zu!

Verwaltungsakte können mit Nebenbestimmungen versehen werden (vgl. § 36 VwVfG). Eine Nebenbestimmung in Form von einer Bedingung liegt vor, wenn die Wirksamkeit des Verwaltungsakts vom Eintritt eines Ereignisses abhängig gemacht wird. Eine Auflage liegt dagegen vor, wenn vom Adressaten ein Handeln, Dulden oder Unterlassen verlangt wird, ohne dass sich dies direkt auf die Wirksamkeit der Hauptregelung des Verwaltungsakts auswirkt. Die Auflage zwingt, suspendiert aber nicht. Die Bedingung suspendiert, zwingt aber nicht. Nach der Baugenehmigung soll R sofort das Recht haben, mit dem Bau zu beginnen. Es handelt sich bei der Forderung nach dem Konzept nicht um eine Bedingung, sondern eine Auflage.

3. Wird eine Auflage nicht erfüllt, kann der begünstigende Verwaltungsakt widerrufen werden.

Ja!

Ist der begünstigende Verwaltungsakt mit einer Auflage versehen, so kann der Verwaltungsakt widerrufen werden, wenn der Adressat die Auflage nicht (fristgemäß) erfüllt (§ 49 Abs. Nr. 2 VwVfG). Die Vorschrift ist analog auch auf die Nichterfüllung sonstiger mit einem Verwaltungsakt verbundener wesentlicher Pflichten anzuwenden. Bei der Ausübung des Ermessens auf Rechtsfolgenseite muss die Behörde im Rahmen der Verhältnismäßigkeit beachten, dass der Widerruf als ultima ratio nur dann verhältnismäßig ist, wenn andere Versuche, die Auflage durchzusetzen (Mahnung, Fristsetzung, etc.) erfolglos geblieben sind. B hat R mehrfach aufgefordert, das Konzept vorzulegen. Der Widerruf ist daher verhältnismäßig. In der Klausur ist die Verhältnismäßigkeitsprüfung oftmals ein Schwerpunkt. Hier hättest Du im Sachverhalt noch weitere Angaben, die Du in eine ausführliche Abwägung einbeziehen würdest.
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