Referendariat: Prozessrecht & Klausurtypen
Die ZVR-Klausur
Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO
Besondere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung/Vollstreckungshindernis – Sicherheitsleistung durch Vollstreckungsschuldner (§ 775 Nr. 3 ZPO)
Besondere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung/Vollstreckungshindernis – Sicherheitsleistung durch Vollstreckungsschuldner (§ 775 Nr. 3 ZPO)
20. Mai 2025
4 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
S wird zur Zahlung von €1.000 an G verurteilt. Obwohl S eine Sicherheitsleistung erbringt und nachweist und G nicht, wird auf Gs Antrag hin das Rennrad des S gepfändet. Daher legt S Vollstreckungserinnerung ein.
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Einordnung des Falls
Besondere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung/Vollstreckungshindernis – Sicherheitsleistung durch Vollstreckungsschuldner (§ 775 Nr. 3 ZPO)
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft.
Genau, so ist das!
Jurastudium und Referendariat.
2. Ist ein Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, so darf mit der Zwangsvollstreckung erst begonnen werden, wenn die Sicherheitsleistung erbracht und nachgewiesen worden ist.
Ja, in der Tat!
3. Das gegen S ergangene Urteil ist nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (vgl. § 708 Nr. 11 ZPO).
Nein!
4. Die Vollstreckungserinnerung ist wegen einer Verletzung von §§ 751 Abs. 2, 775 Nr. 3 ZPO begründet.
Genau, so ist das!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Marcel13
4.12.2024, 17:47:02
Mir ist die Abgrenzung zwischen § 751 II und § 775 Nr. 3 ZPO nicht klar. Warum haben wir hier keinen Fall des § 751 II ZPO? Im Kommentar steht bei § 751 Rn. 5 in Klammern der § 711. Daraus schließt sich für mich, dass der § 711 auch bei § 751 II Anwendung findet und nicht nur bei § 775 Nr. 3 ZPO.
P K
4.12.2024, 22:43:30
§ 751 II ZPO betrifft Sicherheitsleistungen des Gläubigers und § 775 Nr. 3 ZPO Sicherheitsleistungen des
Schuldners. Nur der
Schuldner kann ja eine
Abwendungsbefugnishaben, um eine Einstellung der ZV erreichen, während der Gläubiger diese - in der Regel - leisten muss, um überhaupt vollstrecken zu können. Insoweit ist es vielleicht missverständlich, § 775 Nr. 3 ZPO als Vollstreckungsvoraussetzung zu behandeln; es ist ein Vollstreckungshindernis. Um dem
Schuldner zuvorzukommen kann der Gläubiger seinerseits Sicherheit leisten (§
711 ZPO). Das ist aber keine Vollstreckungsvoraussetzung, sondern führt nur dazu, dass der
Schuldner kein Vollstreckungshindernis mehr geltend machen kann.

Ius Nix Verstaeum
6.12.2024, 18:05:57
Ich kann §
751 ZPOauch nirgends die Beschränkung auf Urteile iSd
§ 709 ZPOentnehmen. Vielmehr, dass die Vollstreckung von einer SL des Gläubigers abhängen muss. In Fällen von §
711 ZPOist dies doch aber spiegelbildlich zum Vollstreckungshindernis aus § 775 Nr. 3 ZPO der Fall, da dieses durch SL aufgehoben werden und die Vollstreckung sodann iSd § 751 II ZPO betrieben werden kann.

Sebastian Schmitt
25.4.2025, 21:28:09
Hallo @[Marcel13](8452), keine ganz leichte Frage, vielen Dank Dir zunächst mal für den Hinweis. Ich musste hier schon etwas tiefer in der Kommentarliteratur graben, würde mich aber jetzt Dir und @[Ius Nix Verstaeum](36346) inhaltlich anschließen. @[P K](196201) hat die grundsätzliche Unterscheidung zwischen § 751 II ZPO und § 775 Nr 3 ZPO schon genau richtig dargestellt: § 751 II ZPO gilt für Sicherheitsleistungen des Gläubigers, § 775 Nr 3 ZPO für solche des
Schuldners. Für den Fall des §
711 ZPOtrifft es aber der Begriff "spiegelbildlich" von Ius Nix Verstaeum mE sehr gut. Haben wir ein vorläufig ohne Sicherheitsleistung vollstreckbares Urteil nach § 708 Nr 4-11 ZPO, tenoriert das Gericht nach § 711 S 1 ZPO eine
Abwendungsbefugnisdes
Schuldners ("hat das Gericht auszusprechen"). Leistet der
Schuldner nun Sicherheit, der Gläubiger aber nicht, können spiegelbildlich sowohl § 751 II ZPO als auch § 775 Nr 3 ZPO einschlägig sein. Über § 775 Nr 3 ZPO scheinen wir uns für unseren Fall hier alle einig zu sein. Und "Abs. 2 [des §
751 ZPO] gilt auch für die Gegensicherheitsleistung des Gläubigers, wenn der
Schuldner von seiner
Abwendungsbefugnisnach § 711 Gebrauch gemacht hat." (so explizit Musielak/Voit/Lackmann, ZPO, 22. Aufl 2025, § 751 Rn 5). Ich hätte dazu gerne zur Sicherheit nochmal in die zur Aufgabe genannten Quellen geschaut, habe aber darauf aber leider gerade keinen Zugriff. Falls jemand von Euch dort zufällig reinschaut, lasst mich gerne wissen, ob dort noch Näheres steht. Diese Aufgabe hier haben wir jetzt jedenfalls angepasst und gehen am Ende sowohl auf den Verstoß gegen § 751 II ZPO als auch gegen § 775 Nr 3 ZPO ein. Viele Grüße, Sebastian - für das Jurafuchs-Team