Referendariat

Die ZVR-Klausur

Vollstreckungserinnerung, § 766 ZPO

Besondere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung/Vollstreckungshindernis – Sicherheitsleistung durch Vollstreckungsschuldner (§ 775 Nr. 3 ZPO)

Besondere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung/Vollstreckungshindernis – Sicherheitsleistung durch Vollstreckungsschuldner (§ 775 Nr. 3 ZPO)

22. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

S wird zur Zahlung von €1.000 an G verurteilt. Obwohl S eine Sicherheitsleistung erbringt und nachweist und G nicht, wird auf Gs Antrag hin das Rennrad des S gepfändet. Daher legt S Vollstreckungserinnerung ein. ‌

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Einordnung des Falls

Besondere Voraussetzung der Zwangsvollstreckung/Vollstreckungshindernis – Sicherheitsleistung durch Vollstreckungsschuldner (§ 775 Nr. 3 ZPO)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 5 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Vollstreckungserinnerung ist statthaft.

Genau, so ist das!

Eine Vollstreckungserinnerung nach § 766 ZPO ist statthaft, wenn der Erinnerungsführer gegen eine Vollstreckungsmaßnahme mit der Rüge der Verletzung formellen Rechts vorgeht. S stützt seine Vollstreckungserinnerung darauf, dass er eine Sicherheitsleistung erbracht und nachgewiesen hat und G nicht. In bestimmten Fällen darf nur vollstreckt werden, wenn der Vollstreckungsgläubiger eine Sicherheitsleistung erbracht hat (§ 751 Abs. 2 ZPO) bzw. der Vollstreckungsschuldner keine Sicherheitsleistung erbracht hat (§ 775 Nr. 3 ZPO). Bei § 751 Abs. 2 ZPO und bei § 775 Nr. 3 ZPO handelt es sich um besondere Voraussetzungen der Zwangsvollstreckung und damit formelles Recht, dessen Verletzung mit der Vollstreckungserinnerung verfolgt werden kann.
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2. Ist ein Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, so darf mit der Zwangsvollstreckung erst begonnen werden, wenn die Sicherheitsleistung erbracht und nachgewiesen worden ist.

Ja, in der Tat!

Nach § 751 Abs. 2 ZPO darf mit der Zwangsvollstreckung von nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteilen (§ 709 ZPO) erst begonnen werden, wenn die Sicherheitsleistung erbracht und nachgewiesen worden ist. ‌

3. Das gegen S ergangene Urteil ist nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar (vgl. § 708 Nr. 11 ZPO).

Nein!

Ob ein Urteil ohne Sicherheitsleistung oder nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist, ergibt sich aus den §§ 708, 709 ZPO. Sofern keiner der Fälle von § 708 Nr. 1-10 ZPO vorliegt, sind die Wertgrenzen des § 708 Nr. 11 ZPO entscheidend. Nach § 711 Nr. 11 ZPO sind Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar, wenn die Verurteilung in der Hauptsache €1.250 übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von mehr als €1.500 ermöglicht (§§ 708 Nr. 11, 709 S. 1 ZPO). G kann nicht nur die Kosten, sondern auch die Hauptsache vollstrecken, sodass die Wertgrenze in Höhe von €1.250 gilt. Der Gegenstand der Verurteilung (€1.000) überschreitet diese jedoch nicht. Das Urteil ist daher nach § 708 Nr. 11 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

4. Der Gerichtsvollzieher hat die Pfändung begonnen, ohne dass G eine Sicherheitsleistung erbracht hat. Ist die Vollstreckungserinnerung begründet, weil § 751 Abs. 2 ZPO verletzt ist?

Nein, das ist nicht der Fall!

Nach § 751 Abs. 2 ZPO darf mit der Zwangsvollstreckung von nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbaren Urteilen erst begonnen werden, wenn die Sicherheitsleistung erbracht und nachgewiesen worden ist. Ein Verstoß gegen § 751 Abs. 2 ZPO kann also nur vorliegen, wenn das gegen S ergangene Urteil nur gegen Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist. Das gegen S ergangene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Ein Verstoß gegen § 751 Abs. 2 ZPO ist daher ausgeschlossen.

5. Auf S Nachweis seiner Sicherheitsleistung hin hätte der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 3 ZPO einstellen müssen. Ist die Vollstreckungserinnerung deswegen begründet?

Ja, in der Tat!

Nach § 775 Nr. 3 ZPO ist die Zwangsvollstreckung einzustellen oder zu beschränken, wenn nachgewiesen wird, dass die zur Abwendung der Vollstreckung erforderliche Sicherheitsleistung oder Hinterlegung erfolgt ist. § 775 Nr. 3 ZPO greift folglich nur, wenn dem Vollstreckungsschuldner eine Abwendungsbefugnis nach § 711 ZPO zusteht. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung von Urteilen, die nach § 708 Nr. 4-11 ZPO ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar sind, durch Sicherheitsleistung abwenden, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet (§ 711 ZPO). Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar und G hat keine Sicherheit geleistet. S hat daher eine Abwendungsbefugnis. Auf den Nachweis seiner Sicherheitsleistung hin hätte der Gerichtsvollzieher die Zwangsvollstreckung nach § 775 Nr. 3 ZPO einstellen müssen.
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