Fall mit 50% und weniger Beherrschung

21. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die Teletom AG, ein Telekommunikationsunternehmen, liegt zu 13 % in staatlicher Hand. Jegliche staatliche Einflussnahme auf die AG ist gesetzlich ausgeschlossen. Die Teletom AG kündigt ihrem Kunden K seinen Handy-Vertrag, da dieser nicht gezahlt hat. K beruft sich auf seine Vertragsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG).

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Einordnung des Falls

Fall mit 50% und weniger Beherrschung

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Unternehmen, die ganz oder mehrheitlich staatlich beherrscht werden, sind unabhängig von ihrer Rechtsform grundrechtsverpflichtet.

Ja, in der Tat!

Der Staat ist grundrechtsverpflichtet (Art. 1 Abs. 3 GG). Daraus folgt, dass er sich nicht gleichzeitig auf die Grundrechte berufen, also grundrechtsberechtigt, sein kann (sog. Konfusionsargument). Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich laut BVerfG grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen, sie sind an die Grundrechte gebunden. Dies gilt auch für Fälle, in denen sich der Staat zur Erledigung seiner bestimmungsgemäßen öffentlichen Aufgaben einer juristischen Person des Privatrechts bedient oder deren Anteile vollständig oder mehrheitlich (also mit über 50%) hält. Denn hier steht hinter der juristischen Person des Privatrechts trotzdem ausschließlich oder überwiegend der Staat selbst.
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2. Unternehmen, an denen der Staat 50% der Anteile oder weniger hält, sind nicht grundrechtsverpflichtet.

Ja!

Bedient sich der Staat zur Erledigung seiner bestimmungsgemäßen öffentlichen Aufgaben einer juristischen Person des Privatrechts bzw. hält deren Anteile vollständig oder mehrheitlich (also mit über 50%), ist er grundrechtsverpflichtet und nicht grundrechtsberechtigt. Denn hier hat der Staat die Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf die juristische Person auszuüben und darf dabei seiner Grundrechtsverpflichtung nicht entgehen. Hält der Staat 50% der Anteile oder weniger gilt dieses Argument nicht mehr und es besteht keine Grundrechtsverpflichtung.

3. Die Teletom AG ist nicht grundrechtsverpflichtet, da der staatliche Anteil an der AG lediglich bei 13% liegt.

Genau, so ist das!

Bedient sich der Staat zur Erledigung seiner bestimmungsgemäßen öffentlichen Aufgaben einer juristischen Person des Privatrechts bzw. hält deren Anteile vollständig oder mehrheitlich (also mit über 50%), ist er grundrechtsverpflichtet und nicht grundrechtsberechtigt. Denn hier hat der Staat die Möglichkeit, entscheidenden Einfluss auf die juristische Person auszuüben darf dabei seiner Grundrechtsverpflichtung nicht entgehen. Hält der Staat 50% der Anteile oder weniger gilt dieses Argument nicht mehr und es besteht keine Grundrechtsverpflichtung. Der staatliche Anteil an der Teletom AG liegt bei 13% und damit unter 51% der Gesamtanteile, sodass keine Grundrechtsverpflichtung besteht. K kann sich gegenüber der Teletom AG also nicht auf seine Grundrechte berufen. Streng genommen muss hier gar nicht auf die Höhe der staatlichen Anteile abgestellt werden, ist die staatliche Einflussnahme bereits per Gesetz ausgeschlossen. So lag der Fall auch in der Telekom-Entscheidung des BVerfG, welches in den Vertiefungshinweisen verlinkt ist.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

paulmachtexamen

paulmachtexamen

29.10.2024, 21:20:27

Ist die Telekom AG, wenn sie schon nicht grundrechtsverpflichtet ist, dann grds (Art. 19 III) grundrechtsberechtigt?!

TI

Tim

31.10.2024, 07:40:46

Genau! Ich hab dir mal die entsprechenden Stellen aus dem verlinkten Urteil rausgesucht: 1. Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig. Insbesondere ist die Beschwerdeführerin beschwerdefähig. Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 4 a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG kann "jedermann" Verfassungsbeschwerde erheben; hierunter ist derjenige zu verstehen, der Träger von Grundrechten und grundrechtsgleichen Rechten, also grundrechtsfähig, ist (vgl. BVerfGE 39, 302 <312> m.w.N.). Soweit eine inländische juristische Person des Privatrechts Verfassungsbeschwerde erhebt, gelten zu ihren Gunsten die Grundrechte, soweit sie ihrem Wesen nach auf die juristische Person anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG); dies ist für die von der Beschwerdeführerin als verletzt gerügten Verfassungsrechte zu bejahen. Die Grundrechtsfähigkeit der Beschwerdeführerin entfällt nicht deswegen, weil der Bund an dieser Anteile hält. Ein beherrschender Einfluss des Bundes auf die Unternehmensführung der Beschwerdeführerin, der die Beschwerdefähigkeit in Zweifel ziehen könnte, war schon auf Grund der Regelungen in § 3 des Gesetzes über die Errichtung einer Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2325) und in § 32 der Satzung der Bundesanstalt für Post und Telekommunikation Deutsche Bundespost vom 14. September 1994 (BGBl I S. 2331) ausgeschlossen und ist nach der Privatisierung erst recht nicht begründet worden; er wird auch von keinem der Beteiligten geltend gemacht.


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