+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
Nachdem eine neue wissenschaftsfeindliche Regierung ins Amt gewählt wurde, verbietet diese alle Universitäten des Landes. Die staatliche Universität U beruft sich auf die Wissenschaftsfreiheit (Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG).
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Einordnung des Falls
Fall: Ausnahmen vom Konfusionsargument
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Universität U ist eine juristische Person des öffentlichen Rechts.
Ja, in der Tat!
Es gibt verschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts, darunter Körperschaften und Anstalten. Während Körperschaften sich durch ihre mitgliedschaftliche Verfasstheit definieren, zeichnen sich Anstalten dadurch aus, dass sie einem bestimmten Zweck gewidmetes Vermögen bündeln und verwalten. Universität U, durch Hoheitsakt ins Leben gerufen und mitgliedschaftlich verfasst, stellt eine klassische Körperschaft und damit eine juristische Person des öffentlichen Rechts dar.
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2. Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen, denn sie sind grundrechtsverpflichtet.
Ja!
Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich laut BVerfG grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen. Denn hinter der juristischen Person steht der Staat selbst. Dieser ist jedoch verpflichtet, die Grundrechte zu achten (Art. 1 Abs. 3 GG) und damit grundrechtsverpflichtet. Er kann sich nicht gleichzeitig auch auf die Grundrechte berufen, also grundrechtsberechtigt sein (sog. Konfusionsargument).
3. Universität U kann sich jedoch trotzdem auf die Wissenschaftsfreiheit berufen, sie ist einem durch diese unmittelbar geschützten Lebensbereich zugeordnet.
Genau, so ist das!
Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen. Jedoch erlaubt das BVerfG (Teil-)Ausnahmen für solche juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die unmittelbar einem durch bestimmte Grundrechte geschützten Lebensbereich zugeordnet sind. Darunter fallen etwa Rundfunk- und Medienanstalten (Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG), staatliche Universitäten (Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG), öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften (Religionsfreiheit aus Art. 4 Abs. 1 und 2 GG) und berufsständische Körperschaften (Vereinigungsfreiheit aus Art. 9 Abs. 1 GG). In diesen spezifischen Bereichen erkennt das BVerfG einen Grundrechtsschutz an. Universität U kann sich daher ausnahmsweise als juristische Person des öffentlichen Rechts auf die Wissenschaftsfreiheit berufen, ist sie unmittelbar einem durch diese geschützten Lebensbereich, nämlich der Ausübung von Forschung und Wissenschaft, zugeordnet.
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Kingreen/Poscher, Grundrechte Staatsrecht II, 38.A. 2022, RdNr. 191, Schmidt, Grundrechte, 26.A. 2021, RdNr. 66, 67, 68, 72, 73, 75.