Öffentliches Recht

VwGO

Anfechtungsklage

Wiederholung: Auswirkung der Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakts auf Begründetheit der isolierten Anfechtung der Nebenbestimmung (BVerwG, Beschl. v. 12.10.2022, Az. 4 C 4.20)

Wiederholung: Auswirkung der Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakts auf Begründetheit der isolierten Anfechtung der Nebenbestimmung (BVerwG, Beschl. v. 12.10.2022, Az. 4 C 4.20)

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zwischen dem 4. und dem 8. Senat des BVerwG bestand Uneinigkeit darüber, welche Anforderungen an die Begründetheit der isolierten Anfechtung einer Nebenbestimmung zu stellen sind.

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Einordnung des Falls

Wiederholung: Auswirkung der Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakts auf Begründetheit der isolierten Anfechtung der Nebenbestimmung (BVerwG, Beschl. v. 12.10.2022, Az. 4 C 4.20)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der 8. Senat des BVerwG hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2019 die isolierte Anfechtung einer Nebenbestimmung allein wegen der Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakt scheitern lassen.

Genau, so ist das!

Bis zu dieser Entscheidung des BVerwG kam es für die Begründetheit der isolierten Anfechtungsklage zunächst nur darauf an, ob der Verwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung rechtswidrig wird (= materielle Teilbarkeit). Es war gerade nicht von Bedeutung, ob der Hauptverwaltungsakt aus anderen Gründen rechtswidrig ist. Hiervon wich der 8. Senat des BVerwG im Jahr 2019 (8 C 14.18) ab: Die isolierte Anfechtung einer Nebenbestimmung solle auch dann unbegründet sein, wenn die Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakts nicht erst durch den Wegfall der Nebenbestimmung ausgelöst wird, sondern der Hauptverwaltungsakt aus anderen Gründen rechtswidrig ist. Denn auch in diesen Fällen habe der Adressat kein Recht auf die isolierte Anfechtung, „die mit der Konsequenz verbunden wäre, dass der materiell rechtswidrige und dem Adressaten zustehende Verwaltungsakt weiterhin Geltung“ beanspruche.
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2. Der effektive Rechtsschutz spricht dafür, die isolierte Anfechtung von Nebenbestimmungen scheitern zu lassen, wenn der Hauptverwaltungsakt für sich genommen rechtswidrig ist.

Nein, das trifft nicht zu!

Nachdem der 8. Senat des BVerwG mit Urteil vom 06.11.2019 (8 C 14.18) entschied, dass im Rahmen der isolierten Anfechtung einer Nebenbestimmung auch eine Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakts berücksichtigt werden müsse, stellte der 4. Senat im Jahr 2022 klar, dass dies gerade nicht der Fall sein solle (Beschl. v. 29.03.2022, 4 C 4.20): Wenn die isolierte Anfechtung einer Nebenbestimmung nur dann begründet und somit – prozessual – erfolgreich wäre, wenn der damit verbundene Hauptverwaltungsakt unter allen Gesichtspunkten rechtmäßig wäre, würden damit die Rechtsschutzmöglichkeiten des Adressaten eingeschränkt werden. Denn der Adressat könnte in diesem Fall entweder auf die Anfechtung der Nebenbestimmungen verzichten und einen rechtswidrigen Verwaltungsakt mit einer rechtswidrigen Nebenbestimmung in Bestandskraft erwachsen lassen. Oder er könnte den gesamten Verwaltungsakt samt Nebenbestimmungen anfechten. Der Adressat darf aber auf die Bestandskraft des erlassenen Hauptverwaltungsakt vertrauen.

3. Seit 2022 kommt es für die Begründetheit der isolierten Anfechtung einer Nebenbestimmung nunmehr auch darauf an, ob der Hauptverwaltungsakt an sich rechtmäßig ist.

Nein!

Aufgrund der uneinheitlichen Rechtssprechung stellte der 4. Senat eine Anfrage beim 8. Senat. Dieser schloss sich daraufhin im Jahr 2022 wieder der Rechtsauffassung des 4. Senats an (BVerwG, Beschl. v. 12.10.2022, 8 AV 1.22). Durch dieses „Hin und Her“ zwischen den Senaten hat sich also der Dir ursprünglich bekannte Prüfungsmaßstab nicht verändert. Der 4. Senat hat lediglich erneut festgestellt und konkretisiert, warum die Rechtswidrigkeit der Hauptverwaltungsakt keine Auswirkungen auf die isolierte Anfechtung einer Nebenbestimmung hat. Du musst diesen Streit in der Klausur nicht unbedingt darstellen, aber zumindest die Frage aufwerfen (und verneinen!), ob die Rechtswidrigkeit des Hauptverwaltungsakts sich auf die Begründetheit auswirkt.
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