Öffentliches Recht

Grundrechte

Freiheit des Eigentums (Art. 14 GG)

Ansprüche aus Rentenversicherung des Versicherten

Ansprüche aus Rentenversicherung des Versicherten

13. Februar 2025

3 Kommentare

4,6(4.935 mal geöffnet in Jurafuchs)

[...Wird geladen]

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Auf Drängen des Finanzministers F beschließt die Regierung aufgrund einer Haushaltskrise eine Kürzung der Rentenversicherungsansprüche. Rentnerin R sieht hierin eine Verletzung ihres Eigentums. Schließlich habe sie jahrzehntelang in die Rentenversicherung eingezahlt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

...Wird geladen

Einordnung des Falls

Ansprüche aus Rentenversicherung des Versicherten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Sind private Rechte grundsätzlich von dem Schutzbereich der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) erfasst?

Ja!

Art. 14 GG schützt das „Eigentum“. Neben dem Sacheigentum sind vom verfassungsrechtlichen Eigentumsbegriff auch private Rechte erfasst. Dabei ist es unerheblich, ob die Rechte gegenüber jedermann oder nur gegenüber einzelnen Personen bestehen. Unter den Schutz der Eigentumsgarantie nach Art. 14 Abs. 1 GG fallen dingliche oder sonstige gegenüber jedermann allgemein wirkende Rechtspositionen. Daneben sind auch schuldrechtliche Ansprüche erfasst.Zu beachten ist aber, dass Art. 14 Abs. 1 GG nur bereits bestehende Ansprüche schützt, aber keine Grundlage für bestimmte Ansprüche schafft.
Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und tausende Fälle wie diesen selbst lösen.
Erhalte uneingeschränkten Zugriff alle Fälle und erziele Spitzennoten in
Jurastudium und Referendariat.

2. Sind subjektiv-öffentliche Ansprüche aus der Rentenversicherung auch vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) erfasst?

Genau, so ist das!

Das BVerfG differenziert bei Sozialversicherungsansprüchen. Die Position muss der eines Sacheigentümers entsprechen. Der Leistungsanspruch muss also wie ein Ausschließlichkeitsrecht dem Berechtigten zugeordnet sein. Dies ist der Fall, wenn sich der erworbene Leistungsanspruch aus den eingezahlten Beträgen ergibt. Denn dann weisen die Versicherungsbeiträge eine Ähnlichkeit zu privaten Anlageformen auf. Die Rentenversicherung beruht auf eigenen Leistungen des Versicherten. Dass die Leistungen sich nicht aus angesparten Beiträgen, sondern aus einem Umlagesystem ergeben, ändert daran nichts.Eine Kürzung ist folglich nur möglich, sofern diese gerechtfertigt (insb. verhältnismäßig) ist.

3. Sind alle Sozialleistungen vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie (Art. 14 Abs. 1 GG) erfasst?

Nein, das trifft nicht zu!

Geschützt werden subjektiv-öffentliche Rechte nur, wenn sie dem Berechtigten ausschließlich zugeordnet und zu seinem persönlichen Nutzen bestimmt sind. Zudem muss der Anspruch durch nicht unerheblich Eigenleistung erworben worden sein. Demnach sind vom Schutzbereich der Eigentumsgarantie z. B. Subventionen, Sozialleistungen oder öffentlich-rechtliche Genehmigungen nicht erfasst.Ein Anspruch auf Sozialleistungen, die das Existenzminimum sichern, leitet das BVerfG aber aus der Menschenwürdegarantie und dem Sozialstaatsprinzip ab (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG).
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen
Jurafuchs
Eine Besprechung von:
Jurafuchs Brand
facebook
facebook
facebook
instagram

Jurafuchs ist eine Lern-Plattform für die Vorbereitung auf das 1. und 2. Juristische Staatsexamen. Mit 15.000 begeisterten Nutzern und 50.000+ interaktiven Aufgaben sind wir die #1 Lern-App für Juristische Bildung. Teste unsere App kostenlos für 7 Tage. Für Abonnements über unsere Website gilt eine 20-tägige Geld-Zurück-Garantie - no questions asked!


Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Kai

Kai

26.11.2024, 11:05:28

Vielleicht geht diese Frage zu tief, aber: Die Rentenversicherung sollte ursprünglich ja allein über das Umlagesystem finanziert werden. Um Beitragshöhen zu sichern, wurde dann beschlossen, auch Steuermittel einzusetzen, um die Rente "querzufinanzieren" - das sind bereits heute 20 % des Haushaltsvolumens (lt. dt. Rentenversicherung). Dieser Anteil steigt mit dem demographischen Wandel immer weiter. Könnte es bei Aufrechterhaltung des in Fall dargestellten Grundsatzes zu einem Punkt kommen, wo die Eigentumsfreiheit hins. der Höhe der subjektiv-öffentlichen Rentenansprüche mit der haushaltspolitischen Gesamtverantwortung des Bundestages und damit der freien Mandatsausübung aus Art. 38 I 2 GG in Konflikt tritt. Das BVerfG hatte so etwas ähnliches bereits im OMT-Beschluss hins. Kompetenzen der EU angedeutet. Auch hier könnte ich mir gut vorstellen, dass Abgeordnete, wenn ein übermäßig hoher Anteil des Haushalts für Rente verwendet werden muss, in ihren Rechten beeinträchtigt sind, weil sie aufgrund einer "erdrosselnden Wirkung" der Rente nicht frei über die Haushaltsbudgetierung entscheiden können (und zwar in einem Ausmaß, dass uU erheblich ins Gewicht fällt).

Dolo Nugget

Dolo Nugget

18.1.2025, 09:41:26

Ein sehr sehr ähnlicher Fall lief übrigens in Berlin in der Herbst-Kampagne 2024 im ersten Examen. Dort hat ein Rentner einen neuen Rentenbescheid bekommen, in dem seine Rente um 10% gemindert worden ist. Nur, falls es jemanden interessiert. :D

erikxxx

erikxxx

19.1.2025, 15:27:41

Das ist sehr interessant und das Jurafuchs-Team sollte der Aufgabe einen entsprechenden Tag geben.


Jurafuchs 7 Tage kostenlos testen und mit 15.000+ Nutzer austauschen.
Kläre Deine Fragen zu dieser und 15.000+ anderen Aufgaben mit den 15.000+ Nutzern der Jurafuchs-Community
Dein digitaler Tutor für Jura
Jetzt kostenlos testen