Kein Verstoß gegen § 250 StPO bei Vorhalten

leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Z wird im Prozess gegen A vernommen. Z leugnet, dass A den Geschädigten G schlug. Die Vorsitzende verweist auf Zs Vernehmungsprotokoll, wonach er ausgesagt hatte, A hätte G „mindestens drei Mal” geschlagen. Daraufhin gibt Z kleinlaut zu, dass er die Schläge gesehen hat. A wird verurteilt.

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Einordnung des Falls

Kein Verstoß gegen § 250 StPO bei Vorhalten

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Die Ersetzung der Zeugenvernehmung durch Verlesung des Vernehmungsprotokolls ist nach § 250 StPO grundsätzlich unzulässig. Gilt § 250 StPO auch, wenn dem Zeugen in der Hauptverhandlung seine frühere Aussage lediglich „vorgehalten“ wird?

Nein, das trifft nicht zu!

Zwar ist die Ersetzung der Zeugenvernehmung durch die Verlesung des Vernehmungsprotokolls unzulässig (§ 250 StPO). Zulässig ist es aber, einem Zeugen den Inhalt seiner früheren Vernehmung im Prozess vorzuhalten. Hier wird die Zeugenaussage gerade nicht durch die Verlesung ersetzt. Denn Beweisinhalt wird nicht das, was verlesen wird, sondern die Reaktion des Zeugen auf das Verlesene. Diese kann als Teil der Zeugenaussage dem Urteil zugrunde gelegt werden. Es handelt sich hierbei um einen sogenannte Vernehmungsbehelf.
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2. Durch die Verlesung des Protokolls von Zs Vernehmung verstößt das Gericht gegen § 250 StPO.

Nein!

Zwar ist die Ersetzung der Zeugenvernehmung durch die Verlesung des Vernehmungsprotokolls unzulässig (§ 250 StPO). Bei einem sog. „Vorhalt“ einer Aussage aus dem Vernehmungsprotokoll durch das Gericht, wird die Zeugenvernehmung aber gerade nicht i.S.v. § 250 StPO ersetzt. Denn Beweisinhalt wird in diesem Fall nicht das, was verlesen wird, sondern die Reaktion des Zeugen auf das Verlesene. Diese kann als Teil der Zeugenaussage dem Urteil zugrunde gelegt werden.Die Vorsitzende hielt der Z eine Diskrepanz zwischen ihrer früheren und der jetzigen Aussage vor. Beweisinhalt wurde danach nicht der Inhalt des Protokolls, sondern Zs Aussage, sie habe die Schläge tatsächlich wahrgenommen. Es handelt sich also um einen zulässigen Vorhalt, der nicht gegen § 250 StPO verstößt.
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