Öffentliches Recht

Grundrechte

Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG)

Eingriff in die freie Wahl des Arbeitsplatzes

Eingriff in die freie Wahl des Arbeitsplatzes

4. Juli 2025

2 Kommentare

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Jurafuchs

Duale Studentin D steht in einem öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis. Nach einem Semester merkt sie, dass sie den Studienteil hasst. Wenn sie abbricht, muss sie die Ausbildungskosten erstatten, um einen neuen Beruf wählen zu dürfen. Das kann sie sich nicht leisten.

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Einordnung des Falls

Eingriff in die freie Wahl des Arbeitsplatzes

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Berufswahl und Berufsausübung fallen gleichermaßen in den einheitlichen Schutzbereich von Art. 12 Abs. 1 GG.

Genau, so ist das!

Anders als Wortlaut und Systematik von Art. 12 Abs. 1 GG suggerieren, beinhaltet die Vorschrift in Art. 12 Abs. 1 S. 1 GG (Wahlfreiheit) und Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG (Ausübungsfreiheit) nicht zwei verschiedene Grundrechte. Es handelt sich um ein einheitliches Grundrecht auf Berufsfreiheit, das Berufswahl, Berufsausübung und Ausbildungsfreiheit schützt. Es gewährleistet den Schutz der wirtschaftlichen bzw. berufsbezogenen Persönlichkeitsentfaltung und dient der Existenzsicherung und Selbstverwirklichung.
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2. Ein Eingriff in die Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) liegt nur vor, wenn der Staat den Einzelnen zur Annahme einer Arbeit zwingt.

Nein, das trifft nicht zu!

Ein Eingriff in die von Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufswahlfreiheit liegt vor, wenn der Staat den Einzelnen am Erwerb eines verfügbaren Platzes hindert, ihn zur Annahme eines Platzes zwingt oder die Aufgabe eines bestehenden Arbeitsverhältnisse erzwingt oder verhindert.

3. Zur Bestimmung eines Eingriffs in die Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) wird an objektive und subjektive Voraussetzungen angeknüpft.

Ja!

Ein Eingriff in die Berufswahlfreiheit liegt vor, wenn der Staat den Einzelnen am Erwerb eines verfügbaren Platzes hindert, ihn zur Annahme eines Platzes zwingt oder die Aufgabe eines bestehenden Arbeitsverhältnisse erzwingt oder verhindert. Auch wenn die Begrifflichkeiten der objektiv und subjektiv berufsregelnden Tendenz bei der Berufswahlfreiheit nicht direkt verwendet werden, knüpft man zur Bestimmung eines Eingriffs hier ebenfalls an objektive und subjektive Voraussetzungen an. Diese objektiven und subjektiven Voraussetzungen folgen dem gleichen Konzept, das wir im Rahmen der objektiv und subjektiv berufsregelnden Tendenz kennengelernt haben.

4. Die D treffende Pflicht, zur Beendigung ihres dualen Studiums ihre Ausbildungskosten zurückzahlen zu müssen, stellt eine objektive Voraussetzung zur Bestimmung des Eingriffs dar.

Nein, das ist nicht der Fall!

Auch zur Bestimmung eines Eingriffs in die Berufswahlfreiheit wird zwischen objektiven und subjektiven Voraussetzungen unterschieden, dessen Inhalt sich an dem kennengelernten Konzept der berufsregelnden Tendenz orientiert. Eine zwingende Vorschrift zur Rückzahlung von Ausbildungskosten bei dessen vorzeitiger Beendigung hält davon ab, eine Tätigkeit aufzugeben und einen neuen Beruf zu wählen bzw. ausüben zu dürfen. Es handelt sich damit um eine subjektive Voraussetzung („Ob“ der Berufswahl) und greift in die Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 S. 1) ein.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

OKA

okalinkk

13.4.2025, 22:29:08

wieso spricht man nicht von berufsregelnder Tendenz bei der Berufswahlfreiheit?

Simon

Simon

30.5.2025, 12:48:45

Einige Gedanken zum vorliegenden Fall: Könnte man einen Eingriff mit dem Argument ablehnen, dass sich aus Art. 12 I GG grundsätzlich kein Anspruch auf eine kostenlose Berufsausbildung ableiten lässt? Die Berufsfreiheit ist primär ein Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe, zudem sind dem Grundgesetz originäre Leistungsansprüche weitgehend fremd und nur im Einzelfall vorgesehen (z.B. Art. 1 I 1 i.V.m. Art. 20 I, 28 I 1 GG; Art. 3 II 2 GG; Art. 6 IV GG). Regelt der Staat daher die Rückzahlung der Ausbildungskosten für den Fall des Abbruchs einer Berufsausbildung, so stellt dies lediglich die Folge dessen dar, dass die Ausbildung eben nicht kostenlos ist. Oder ist der Eingriff hier zwingend, da sich der Staat auf einer ersten Stufe dazu entschieden hat, die konkrete Ausbildung zu finanzieren, sodass eine Rückforderung sich auf einer zweiten Stufe als Eingriff darstellt? Dafür könnte auch sprechen, dass die Rückforderung nicht mehr nur die Ergreifung und Ausübung des konkreten Berufs erschwert, für den die Kosten übernommen wurden, sondern vielmehr auch den Zugang zu anderen Berufen beeinträchtigt. Dadurch wird gewissermaßen ein "Einschlusseffekt" erzielt, sodass sich die Regelung als aktiver Eingriff in die Berufsfreiheit darstellen könnte, die sich nicht lediglich in einer Ablehnung einer staatlichen Leistung erschöpft. Letztlich wird es der Betroffenen hier ja ver

boten

, einen anderen Beruf zu ergreifen.


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