Isolierte Anfechtung unbegründet, weil NB rechtmäßig
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
L hat die libanesische Staatsangehörigkeit. Von der zuständigen Ausländerbehörde B bekommt L eine Duldung mit folgendem Zusatz erteilt: „Erlischt bei Besitz eines zur Ausreise bzw. Rückführung berechtigenden Dokuments“. L meint, die Nebenbestimmung sei zu unbestimmt.
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Einordnung des Falls
Isolierte Anfechtung unbegründet, weil NB rechtmäßig
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. L möchte die Nebenbestimmung isoliert anfechten. Nach dem BVerwG und der h.L. ist dies grundsätzlich möglich.
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Begründetheit der isolierten Anfechtungsklage setzt lediglich voraus, dass die Nebenbestimmung rechtswidrig ist.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Die Duldung (§ 60a AufenthG) kann auch ohne die Bedingung sinnvoll und rechtmäßig bestehen. Die materielle Teilbarkeit ist gegeben.
Ja, in der Tat!
4. Die Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Nebenbestimmung ist allein § 36 VwVfG.
Nein!
5. Die Bedingung ist materiell rechtswidrig, wenn sie zu unbestimmt ist.
Genau, so ist das!
6. Die konkrete Formulierung der Bedingung verstößt gegen den Bestimmtheitsgrundsatz. Die Klage ist begründet.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Falsus Prokuristor
20.9.2024, 13:38:10
Der Erlass einer
Nebenbestimmungrichtet sich nach der
Ermächtigungsgrundlagedes Hauptverwaltungsakts. § 36 VwVfG konkretisiert dies nur und ist keine eigenständige
Ermächtigungsgrundlage. Häufig finden sich auch in den Spezialgesetzen Regelungen zum Erlass von
Nebenbestimmungen. So steht es in einer der Erklärungen des Falls. Nach meinem Verständnis gilt dies aber nur für § 36 I, also für gebundene Entscheidungen. Ich verstehe § 36 II VwVfG so, dass der Erlass einer NB im Ermessen der
Behördesteht und die Norm die entsprechende EGL dafür darstellt. Oder sehe ich das falsch?
Linne_Karlotta_
23.9.2024, 08:57:26
Hey @[Falsus Prokuristor](203103), danke für deine Nachfrage! Richtig ist, dass § 36 Abs. 1 VwVfG Einigkeit eindeutig keine eigenständige
Ermächtigungsgrundlagefür den Erlass einer
Nebenbestimmungist. Bei § 36 Abs. 2 VwVfG besteht dagegen tatsächlich Uneinigkeit: Eine Ansicht geht – mit deiner Begründung – davon aus, dass § 36 Abs. 2 VwVfG die
Behördeermächtigt,
Nebenbestimmungen nach pflichtgemäßen Ermessen zu erlassen. Überwiegend wird jedoch davon ausgegangen, dass auch § 36 Abs. 2 VwVfG lediglich die Ausübung der durch das Fachrecht eingeräumten Befugnisse näher regelt, also keine eigene Rechtsgrundlage darstellt. Das kann man z.B. damit begründen, dass auch
Nebenbestimmungen denkbar sind, die nicht in der Aufzählung in § 36 Abs. 2 VwVfG gelistet sind. Die atypischen
Nebenbestimmungen sind damit nicht vom Wortlaut des § 36 Abs. 2 VwVfG gedeckt und hätten ihre Rechtsgrundlage damit nur in der
Ermächtigungsgrundlagedes Hauptverwaltungsakts. Zudem spricht für diese Ansicht, dass die Befugnis zu
Nebenbestimmungen auch schon vor Inkrafttreten des VwVfG unmittelbar aus der Rechtsgrundlage für den Verwaltungsakt abgeleitet wurde (siehe hierzu z.B. Schoch/Schneider, VwVfG, § 36 RndNr. 90, beck-online). In der Klausur geht es vor allem – wie immer – darum, dass Problem zu sehen und kurz zu thematisieren. Da die Ansichten aber in der Regel nicht zu verschiedenen Ergebnissen kommen, solltest Du Dich hier nicht zu lange aufhalten und im Zweifel einfach auf die
Ermächtigungsgrundlagedes Hauptverwaltungsakts (i.V.m. § 36 VwVfG) abstellen. Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen! Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team
der D
26.10.2024, 11:11:43
@[Falsus Prokuristor](203103) Finde den Wortlaut von 36 VwVfG dahingehend auch ziemlich eindeutig…