Augenschein, §§ 371 ff. ZPO

21. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Zum Beweis, dass der Baum des Nachbarn über die Grundstücksgrenze des Mandanten wächst, will Rechtsanwalt R erreichen, dass sich der zuständige Richter R die Situation vor Ort einmal anschaut.

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Einordnung des Falls

Augenschein, §§ 371 ff. ZPO

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 2 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Stellt ein solcher Ortstermin ein zulässiges Beweismittel dar?

Ja, in der Tat!

Im Zivilprozess sind im Strengbeweisverfahren folgende Beweismittel zugelassen: - Sachverständigengutachten (§§ 402 ff. ZPO), - Augenschein (§§ 371 ff. ZPO), - Parteivernehmung (§§ 445 ff. ZPO), - Urkunden (§§ 415 ff. ZPO), - Zeugen (§§ 373 ff. ZPO) und - die Amtliche Auskunft (§ 273 II Nr. 2 ZPO). Unter Augenscheinnahme fällt jede eigene unmittelbare sinnliche Wahrnehmung, durch Sehen, Hören, Riechen, Schmecken oder Fühlen. Der Ortstermin ist als Augenschein ein zulässiges Beweismittel. Augenscheinsobjekte sind u.a. auch Skizzen, Fotografien, Kopien, Tonträger, Videos etc. Insbesondere bei heimlich aufgenommenen Videos ist die Verwertbarkeit zu diskutieren (Beweisverwertungsverbot, Interessenabwägung).
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2. Da die Einnahme des Augenscheins von Amts wegen angeordnet wird (§ 144 ZPO), ist es unsinnig, wenn R einen Antrag auf Inaugenscheinnahme stellt und so Beweis antritt (§ 371 ZPO).

Nein!

Nach § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO kann die Einnahme des Augenscheins vom Gericht von Amts wegen angeordnet werden. Dennoch ist es zweckmäßig und aus anwaltlicher Vorsicht erforderlich, einen Antrag auf Inaugenscheinnahme zu stellen und dadurch Beweis anzutreten, weil: (1) die Anordnung gem. § 144 Abs. 1 S. 1 ZPO im Ermessen des Gerichts steht („kann“) und (2) nur so für eine etwaige Berufung die Rüge unterlassener Beweiserhebung erhalten bleibt. Aus anwaltlicher Vorsicht sollte R daher im Schriftsatz entsprechenden Beweis durch Augenschein für die Tatsache der Störung durch den auf das Grundstück wachsenden Baum und die damit einhergehende Störung gesondert antreten („Beweis: Augenschein“), § 371 ZPO. Darüber hinaus kann R auch Fotografien von dem über die Grenze wachsenden Baum als Augenscheinsobjekt dem Schriftsatz beifügen („Beweis: Fotoaufnahmen des Baumes und der Grundstücksgrenze)“.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

JALUD

Jan Ludwig

27.5.2024, 23:15:20

Die amtliche Auskunft ist kein Beweismittel im Strengbeweisverfahren, dass sollte in der Erklärung korrigiert werden!

Katzenkönigin

Katzenkönigin

7.7.2024, 16:02:06

Lt. Kaiser-Seminar ist die amtliche Auskunft auch ein Beweismittel im Strengbeweis und bei der Glaubhaftmachung. Dazu habe ich bei einer anderen Aufgabe bereits kommentiert. Meine Recherche hat nun ergeben, dass die amtliche Auskunft als eigenes Beweismittel anerkannt ist - die Zugehörigkeit zu den Strengbeweismitteln jedoch umstritten ist.


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