Ausnahmen der isolierten Anfechtungsklage
24. Januar 2025
7 Kommentare
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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A beantragt eine Sondernutzungserlaubnis für den Bürgersteig vor seinem Haus an einer Fernstraße, um dort Kuchen für einen guten Zweck zu verkaufen. Die zuständige Behörde erteilt ihm die Erlaubnis für einen Zeitraum von einer Woche. A möchte seinen Kuchen länger anbieten.
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Einordnung des Falls
Ausnahmen der isolierten Anfechtungsklage
Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 6 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren klagt A. Ist für die statthafte Klageart ist vorliegend maßgeblich, ob die zeitliche Beschränkung eine Nebenbestimmung ist?
Ja!
Jurastudium und Referendariat.
2. Die Regelung, dass A den Bürgersteig nur eine Woche nutzen darf, ist eine Inhaltsbestimmung.
Nein, das ist nicht der Fall!
3. Nebenbestimmungen zum Hauptverwaltungsakt sind nach herrschender Lehre und BVerwG grundsätzlich isoliert anfechtbar.
Ja, in der Tat!
4. Ob der Hauptverwaltungsakt ohne die Nebenbestimmung sinnvoll und rechtmäßig bestehen bleiben kann, ist grundsätzlich eine Frage der Begründetheit.
Ja!
5. Die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis richtet sich nach § 8 FStrG. Erfüllt die an A adressierte Genehmigung erfüllt diese Voraussetzungen?
Genau, so ist das!
6. A kann die Befristung isoliert anfechten, denn es ist nicht von vornherein ausgeschlossen, dass die Nutzungsgenehmigung auch ohne die Befristung rechtmäßig ist.
Nein, das trifft nicht zu!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Roland
4.1.2024, 16:41:28
Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Aussagen zur materiellen Teilbarkeit in der
Begründetheitder Rspr. Änderung des BVerwG entsprechen? Ich würde mich ggf. über eine entsprechende Anpassung der Fälle freuen.
Leo Lee
7.1.2024, 15:39:56
Hallo Roland, vielen Dank für die Frage! Die Änderung in der Rechtsprechung betrifft in der Tat die mat. Teilbarkeit (bislang war streitig, ob zwischen der
Rechtswidrigkeit des alleinstehenden VAs und dem Wegfall der NB ein Zsmhang bestehen muss oder ob es ausreicht, dass der VA auch aus anderen Gründen „ohnehin“
rechtswidrigwäre; nunmehr wurde entschieden, dass die
Rechtswidrigkeit durch Wegfall der NB herbeigeführt werde muss). Weiterhin Bestand hat hingegen die in der Zulässigkeit zu beantwortende Frage, unter welchen Voraussetzungen die AK gegen eine
Nebenbestimmungzulässig ist. Hier gibt es keine wirklich Änderungen, da immer noch festgehalten wird, dass die
Statthaftigkeitdann gegeben ist, solange die Aufhebbarkeit nicht offenkundig von vornherein ausscheidet (wegen einer fehlenden logischen Teilbarkeit etwa). Hierzu kann ich die Lektüre dieses sehr guten Artikels empfehlen: https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/bverwg-senat-isolierte-anfechtung-
nebenbestimmungen-verwaltungsakt-
rechtswidrig-streit/ :). Liebe Grüße – für das Jurafuchsteam – Leo
Patrick4219
1.2.2024, 12:01:51
Ist die offensichtliche
Rechtswidrigkeit des VA bei Wegfall der
Nebenbestimmungnicht im Rechtschutzbedürfnis im Rahmen der Zulässigkeit zu prüfen? Aus den Aufgaben wird nicht ganz klar, an welcher Stelle innerhalb der Zulässigkeitsprüfung dies anzusprechen ist.
Linne_Karlotta_
3.12.2024, 18:38:11
Hallo @[Patrick4219](231635), danke für deine Frage. Du hast Recht, dass sich das Argument des BVerwG, dass
Nebenbestimmungen nur dann isoliert anfechtbar sein sollen, wenn der zurückbleibende Verwaltungsakt durch den Wegfall der
Nebenbestimmungnicht
rechtswidrigwird, dogmatisch am besten an das Rechtsschutzinteresse angliedern lässt. Denn das Rechtsschutzinteresse des Klägers kann dadurch geschmälert werden, dass das Ergebnis eines erfolgreichen Rechtsschutzes wäre, dass ein
rechtswidriger Verwaltungsaktin der Welt bliebe. Zwar kann das für den Kläger persönlich immer noch vorteilhafter sein, allerdings wirkt sich der Grundsatz der
Rechtmäßigkeitder Verwaltung darauf aus, wie weit die Garantie aus Art. 19 Abs. 4 S. 1 GG gehen kann. In der Klausur würde ich allerdings empfehlen, den dargestellten Streit bereits i.R.d. statthaften Klageart aufzumachen und die Alternative, nämlich die
Verpflichtungsklagegerichtet auf Neuerlass des Verwaltungsakts ohne die
Nebenbestimmungaufzuzeigen. Direkt nach der Darstellung dieses Streits würde ich direkt auf das
Rechtsschutzbedürfnis/ offensichtliche
Rechtswidrigkeit des VA ohne NB zu sprechen kommen. Denn, wenn Du diese bejahst, musst Du die Zulässigkeit der Verpflichtungs- und nicht der Anfechtungsklage prüfen. Wenn Du also erst die Anfechtungsklage komplett durchprüfst und diese erst am Ende wegen der offensichtlichen
Rechtswidrigkeit ablehnst, musst Du erneut die Zulässigkeit der
Verpflichtungsklageprüfen – auch, wenn Du hier oft nach oben verweisen können wirst, kann diese Prüfung schnell unübersichtlich werden und Dich unnötig viel Zeit kosten. Letztlich ist es wichtig, dass Du das Problem überhaupt siehst und die Ansichten dazu nennst. Unter welchem Punkt Du dies genau prüfst, ist zweitrangig. Ich hoffe, ich konnte Dir damit weiterhelfen. Viele Grüße – Linne, für das Jurafuchs-Team