Öffentliches Recht

Verfassungsprozess-Recht

Verfassungsbeschwerde

Beschwerdefähigkeit von privatrechtlichen Personengesellschaften (Art. 19 Abs. 3 GG)

Beschwerdefähigkeit von privatrechtlichen Personengesellschaften (Art. 19 Abs. 3 GG)

22. November 2024

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leichtmittelschwer

+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die in München ansässige B-OHG betreibt ein lukratives Import-Export-Geschäft. Die zuständige Steuerbehörde stellt massive Unregelmäßigkeiten fest und schließt kurzerhand den Betrieb der B-OHG. Die B-OHG sieht dadurch ihre Berufsfreiheit verletzt.

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Einordnung des Falls

Beschwerdefähigkeit von privatrechtlichen Personengesellschaften (Art. 19 Abs. 3 GG)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Nach erfolglosem Bestreiten erhebt die B-OHG Verfassungsbeschwerde. Damit diese zulässig ist, muss die B-OHG beschwerdefähig sein (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG).

Ja, in der Tat!

Fähig, eine Beschwerde zum BVerfG zu erheben (Beschwerdefähigkeit) ist jedermann mit der Behauptung, durch die öffentliche Gewalt in einem seiner Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte verletzt worden zu sein (Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG). Beschwerdefähig sind alle Personen, die Träger eines der als verletzt gerügten Grundrechte oder grundrechtsgleichen Rechte sein können.
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2. Können nur natürliche Personen Träger von Grundrechten sein?

Nein!

Auch inländische juristische Personen können Träger von Grundrechten sein, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG). Die wesensmäßige Anwendbarkeit hängt zum einen von der Art des Grundrechts ab. Dieses muss kollektiv ausgeübt werden können, d.h. es darf nicht an natürliche Eigenschaften des Menschen anknüpfen. Zudem hängt die wesensmäßige Anwendbarkeit von der Eigenschaft der juristischen Person ab. Maßgeblich insbesondere, ob ein „Durchgriff“ auf die hinter der juristischen Person stehenden Menschen den Grundrechtsschutz sinnvoll und erforderlich erscheinen lässt (Lehre vom personalen Substrat) bzw. ob sich die juristische Person in einer sog. grundrechtstypischen Gefährdungslage befindet. Den zweiten Aspekt der wesensmäßigen Anwendbarkeit musst du nur in problematischen Fällen ansprechen. Diese werden wir dir in den folgenden Einheiten vorstellen.

3. Sind privatrechtliche Personengesellschaften - wie die B-OHG - „juristische Personen“ iSd Art. 19 Abs. 3 GG?

Genau, so ist das!

Der Begriff "juristische Personen" iSd Art. 19 Abs. 3 GG wird untechnisch verstanden und knüpft nicht an die Regelungen des einfachen Rechts an. Andernfalls könnte der Gesetzgeber die Schutzwirkungen der Grundrechte für Personenmehrheiten ausschließen und sich seiner Grundrechtsverpflichtung (Art. 1 Abs. 3 GG) entziehen. Deshalb sind von Art. 19 Abs. 3 GG nicht nur juristische Personen im (Zivil-)Rechtssinne erfasst, sondern auch (teil-)rechtsfähige Personengesellschaftenwie z.B. OHG, KG und GbR. Somit ist die B-OHG eine juristische Person i.S.d. Art. 19 Abs. 3 GG.
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