Strafrecht

Strafprozessrecht

Strafantrag

Übergang des Antragsrechts auf Erben

Übergang des Antragsrechts auf Erben

9. März 2025

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

M war mit F verheiratet. Inzwischen sind sie geschieden. S ist die Mutter der F. Eines Tages stiehlt M der S eine wertvolle geerbte Brosche. Als S dies bemerkt, stirbt sie vor Schock an einem Herzinfarkt.

Diesen Fall lösen [...Wird geladen] der 15.000 Nutzer:innen unseres digitalen Tutors "Jurafuchs" richtig.

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Einordnung des Falls

Übergang des Antragsrechts auf Erben

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Zur strafrechtlichen Verfolgung des Diebstahls des M (§ 242 StGB) ist ein Strafantrag nötig, wenn S zum Tatzeitpunkt Angehörige des M war (§ 247 StGB).

Genau, so ist das!

Der Diebstahl (§ 242 StGB) wird nur auf Antrag verfolgt, wenn durch die Tat ein Angehöriger, der Vormund oder der Betreuer verletzt wird oder der Verletzte mit dem Täter in häuslicher Gemeinschaft lebt (§ 247 StGB). Wer Angehöriger ist, ist in § 11 Abs. 1 Nr. 1 StGB festgelegt.S ist die Verletzte des Diebstahls. War die S zum Tatzeitpunkt Angehörige des M, so liegt ein Haus- und Familiendiebstahl vor (§ 247 StGB). Dann ist ein Strafantrag zur Verfolgung der Tat erforderlich.§ 247 StGB bezieht sich auf alle Erscheinungsformen des Diebstahls und folglich auch auf die Qualifikationstatbestände des § 244 StGB.
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2. Angehörige sind auch in gerader Linie verschwägerte Personen (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB).

Ja, in der Tat!

Angehörige sind auch Personen, die in gerader Linie verschwägert sind (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB). Die Schwägerschaft wird durch Ehe begründet. Sie besteht zwischen dem Ehegatten und den Verwandten des anderen Ehegatten (§ 1590 Abs. 1 S. 1 BGB). Mit dem Ehegatten in gerader Linie verschwägert sind Personen, die mit dem anderen Ehegatten in gerader Linie verwandt sind(§ 1590 Abs. 1 S. 2 BGB). In gerader Linie verwandt sind Personen, die voneinander abstammen (§ 1589 Abs. 1 S. 1 BGB, z.B. Vater und Kind, nicht aber Bruder und Schwester).

3. Durch die Ehe mit F wurden S und M in gerader Linie verschwägert und waren damit zunächst Angehörige (§§ 1590 Abs. 1, 1589 BGB, § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB).

Ja!

Angehörige sind auch Verschwägerte gerader Linie (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB). Mit dem M in gerader Linie verschwägert sind Personen, die mit der F in gerader Linie verwandt sind (§ 1590 Abs. 1 S. 2 BGB). Mit F in gerader Linie verwandt sind Personen, von denen F abstammt und die von F abstammen (§ 1589 Abs. 1 S. 1 BGB)F stammt von S ab, ist also mit ihr in gerader Linie verwandt (§ 1589 Abs. 1 S. 1 BGB). Durch die Ehe mit F waren M und S also in gerader Linie verschwägert (§ 1590 Abs. 1 BGB). S war damit Angehörige des M im Sinne der § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB.

4. M und F waren aber zum Tatzeitpunkt bereits geschieden. Hat sich damit auch das Angehörigenverhältnis zwischen S und M aufgelöst (siehe § 1590 Abs. 2 BGB)?

Nein, das ist nicht der Fall!

§ 247 StGB ist anwendbar, wenn durch den Diebstahl eine Person verletzt ist, die zum Tatzeitpunkt ein Angehöriger des M war (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB). Die Verletzte S ist Angehörige des M, wenn die Schwägerschaft trotz der Scheidung noch zum Tatzeitpunkt fortbestand.Während der Ehe mit F war M nach § 1590 Abs. 1 BGB mit seiner Schwiegermutter S in gerader Linie verschwägert. Diese Schwägerschaft dauert auch dann fort, wenn die Ehe wie hier aufgelöst wurde (§ 1590 Abs. 2 BGB, § 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB). Danach war S auch zum Tatzeitpunkt Angehörige des M (§ 11 Abs. 1 Nr. 1 lit. a StGB). Es liegt ein Familiendiebstahl vor. Ein Strafantrag ist erforderlich (§ 247 StGB). Nachdem Du festgestellt hast, dass ein Strafantrag erforderlich ist, stellt sich im zweiten Schritt die Frage, wer diesen stellen kann/muss.

5. Den Strafantrag gegen M müsste eine antragsberechtigte Person stellen. War S vor ihrem Tod antragsberechtigt (§ 77 Abs. 1 StGB)?

Ja, in der Tat!

massstabAntragsberechtigt ist grundsätzlich der Verletzte der Straftat (§ 77 Abs. 1 StGB).Als Verletzte des Diebstahls war S vor ihrem Tod antragsberechtigt.

6. S ist verstorben. Kann im Fall des Todes des Antragsberechtigten das Strafantragsrecht grundsätzlich auf andere Personen übergehen (§ 77 Abs. 2 StGB)?

Ja!

S ist verstorben und kann einen Strafantrag nach § 77 Abs. 1 StGB selbst nicht mehr stellen. Das Strafantragsrecht kann in diesem Fall jedoch auf den Ehegatten, den Lebenspartner und die Kinder übergehen, aber nur, wenn das Gesetz dies besonders bestimmt (§ 77 Abs. 2 S. 1 StGB). Eine solche Bestimmung findet sich in den Normen des besonderen Teils des StGB, die die Strafantragserfordernisse normieren (z.B. § 194 Abs. 2 S. 1 StGB).

7. S' Strafantragsrecht ist auf ihre Tochter F übergegangen (§§ 77 Abs. 2, 247 StGB).

Nein, das ist nicht der Fall!

Ein Übergang des Strafantragsrechts ist nur in den Fällen vorgesehen, die das Gesetz bestimmt (§ 77 Abs. 2 S. 1 StGB).§ 247 StGB sieht einen derartigen Übergang nicht vor. Aus der gesetzlichen Wertung des § 77 Abs. 2 S. 1 StGB folgt damit, dass hier das Antragsrecht als höchstpersönliches Recht nicht vererblich ist. S' Antragsrecht ist deshalb mit ihrem Tod nicht auf F übergegangen.In diesem Fall musstest du sauber trennen: Die Verwandtschaft von Täter (M) und Verletzter (S) war entscheidend für die Frage, ob ein Antragsdelikt vorliegt (§ 247 StGB). Die Verwandtschaft von Verletzter (S) und Antragstellerin (F) war entscheidend für die Frage der Antragsberechtigung.

8. Die Strafverfolgungsorgane dürfen das Verfahren gegen M trotz des fehlenden Strafantrags führen.

Nein, das trifft nicht zu!

Da es neben S keine weiteren antragsberechtigten Personen gibt und S den Antrag natürlich nicht mehr selbst stellen kann, fehlt ein Strafantrag endgültig. Weil der Haus- und Familiendiebstahl (§ 247 StGB) ein absolutes Antragsdelikt darstellt, ist das Verfahren einzustellen.
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