Nachträgliche Gesamtstrafenbildung - Härteausgleich

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

A wurde zu zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Kurz davor hatte er eine Körperverletzung (§ 223 Abs. 1 StGB) begangen, wegen der er jetzt zu vier Monaten Gefängnis verurteilt wird. Das Tatgericht erwähnt das erste Urteil nicht mehr, da A die dortige Strafe schon verbüßt hat.

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Einordnung des Falls

Nachträgliche Gesamtstrafenbildung - Härteausgleich

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 3 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Das Urteil ist rechtsfehlerhaft, da das Tatgericht aus den beiden Freiheitsstrafen eine Gesamtstrafe bilden musste und dies unterlassen hat (§ 55 Abs. 1 StGB).

Nein, das trifft nicht zu!

Voraussetzung der nachträglichen Gesamtstrafenbildung ist unter anderem, dass das erste Urteil zum Zeitpunkt der Verkündung des hiesigen Urteils noch nicht vollstreckt ist. Vollstreckt ist eine Freiheitsstrafe, wenn sie verbüßt ist. Da A die Freiheitsstrafe aus dem früheren Urteil bereits verbüßt hat, ist zum Zeitpunkt des jetzigen Urteils die erste Verurteilung nicht mehr gesamtstrafenfähig. Das Tatgericht musste keine Gesamtstrafe bilden.
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2. Das Gericht musste die Vorverurteilung im Urteil gar nicht mehr berücksichtigen.

Nein!

Scheitert die nachträgliche Gesamtstrafenbildung nur daran, dass die frühere Strafe bereits vollstreckt wurde, würde es eine unbillige Härte darstellen, dem Angeklagten die Vorteile der Gesamtstrafenbildung kompensationslos vorzuenthalten. Denn die Gesamtstrafenfähigkeit hängt hier stark vom Zufall ab. Diese Härte ist nach dem Gedanken des § 55 StGB in der Strafzumessung auszugleichen. Da die Strafzumessung dem Tatrichter obliegt, prüft das Revisionsgericht hier nur, ob der Tatrichter den Härteausgleich in den Urteilsgründen erkannt und vorgenommen hat. Das Tatgericht erwähnte das frühere Urteil gar nicht mehr, weil es vollstreckt war. Dass ein Härteausgleich erkannt oder vorgenommen wurde, ergibt sich aus den Urteilsgründen nicht. Das Urteil ist also rechtsfehlerhaft.

3. Dem A wäre aus anwaltlicher Sicht zu raten, Revision einzulegen.

Genau, so ist das!

Eine Revision des A hätte Erfolg, da der Härteausgleich in der Strafzumessung nicht berücksichtigt wurde. Hierdurch ist A auch beschwert, denn der Härteausgleich führt zu einer niedrigeren Strafe. Es ist also zweckmäßig, Revision einzulegen. Der Antrag könnte lauten: „Ich beantrage, das Urteil des Amtsgerichts X vom 11.11.2023, Az. 1 Ds 26 Js 123/23, im Rechtsfolgenausspruch aufzuheben und zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an eine andere Abteilung des Amtsgerichts X - Strafrichter - zurückzuverweisen.”
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