Öffentliches Recht

Grundrechte

Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 GG)

Persönlicher Schutzbereich: Juristische Person des öffentlichen Rechts

Persönlicher Schutzbereich: Juristische Person des öffentlichen Rechts

5. November 2024

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Gemeinde G gibt ein monatliches Mitteilungsblatt heraus, in dem sich die Gemeinde zu gemeindlichen Belangen äußert. Blockwart B fürchtet staatliche Propaganda und erwägt juristische Schritte. G meint, auch für sie gelte die Meinungsfreiheit.

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Einordnung des Falls

Persönlicher Schutzbereich: Juristische Person des öffentlichen Rechts

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Juristische Personen des Privatrechts können sich in persönlicher Hinsicht auf die Meinungsfreiheit berufen (Art. 5 Abs. 1 S. 1, 19 Abs. 3 GG).

Ja, in der Tat!

Inländische juristische Personen können sich auf Grundrechte berufen, soweit diese „ihrem Wesen nach“ auf sie anwendbar sind (Art. 19 Abs. 3 GG).Juristische Personen des Privatrechts nehmen auf unterschiedliche Weise am gesellschaftlichen Diskurs teil und werden zu deren Gegenstand. Sie sollen daher auch selbst die Freiheitsräume nutzen können, die durch die Meinungsfreiheit eröffnet werden. Auch knüpft die Meinungsfreiheit nicht an natürlich Eigenschaften des Menschen an, sondern kann auch von juristischen Personen - vertreten durch ihre Organe - ausgeübt werden.
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2. Gemeinde G ist als Gebietskörperschaft eine juristische Person des öffentlichen Rechts.

Ja!

Es gibt verschiedene juristische Personen des öffentlichen Rechts, darunter Körperschaften. Körperschaften zeichnen sich durch ihre mitgliedschaftliche Verfasstheit. Eine Sonderform stellen Gebietskörperschaften dar. Diese besitzen die Gebietshoheit auf einem räumlich abgegrenzten Teil des Staatsgebiets besitzen und haben als Mitglieder alle auf diesem Gebiet wohnenden natürlichen Personen.Gemeinde G hat die Gebietshoheit über ihr Gemeindegebiet und darf dort Akte der Staatsgewalt setzen. Alle Bürger, die hier leben, sind automatisch Pflichtmitglieder der Gemeinde.

3. Kann sich Gemeinde G als juristische Person des öffentlichen Rechts auf die Meinungsfreiheit berufen?

Nein, das ist nicht der Fall!

Hinter einer juristischen Person des öffentlichen Rechts steht der Staat selbst. Dieser ist jedoch verpflichtet, die Grundrechte zu achten (Art. 1 Abs. 3 GG) und damit grundrechtsverpflichtet. Er kann sich nicht gleichzeitig auch auf die Grundrechte berufen, also grundrechtsberechtigt sein (sog. Konfusionsargument). Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich deshalb grundsätzlich nicht auf die Grundrechte berufen. Als Gebietskörperschaft fällt G damit nicht in den persönlichen Schutzbereich der Meinungsfreiheit und kann sich bei der Wahrnehmung ihrer öffentlich-rechtlichen Hoheitsaufgaben, wie vorliegend der Information durch ein gemeindliches Mitteilungsblatt, nicht auf die Grundrechte berufen.Allerdings können sich ausnahmsweise auch öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten (ARD, ZDF..) auf die Rundfunkfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG berufen. Denn sie unterfallen unmittelbar dem hierdurch geschützten Lebensbereich (BVerfGE 31, 314).

4. Ist es G also grundsätzlich verboten, sich öffentlich zu äußern und ein Gemeindeblatt herauszubringen?

Nein, das trifft nicht zu!

Aus dem Umstand, dass juristische Personen des öffentlichen Rechts nicht in den persönlichen Schutzbereich der Meinungsfreiheit fallen, folgt kein Schweigegebot. Nach der Osho-Rechtsprechung des BVerfG benötigen staatliche Stellen für Informationshandeln nicht einmal einer expliziten gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Vielmehr ergebe sich die Äußerungsbefugnis bereits aus den zugewiesenen Aufgaben. Staatliche Äußerungen müssen deshalb aber in das Zuständigkeitsfeld fallen. Mit Blick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz müssen sie zudem sachlich und neutral gehalten sein.Mitteilungen über Angelegenheiten der örtlichen Gemeinde fallen in die Zuständigkeit von G. Sofern das Gemeindeblatt die Grenzen der Sachlichkeit und Neutralität nicht verletzt, kann G dieses also weiter vertreiben. Mehr dazu in der Vertiefungseinheit zur Äußerungsbefugnis staatlicher Stellen.
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