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Erklärungsirrtum bei fünffachen Verklicken auf einer Website? (AG München, Urt. v. 18.04.2024, Az. 275 C 20050/23)
Erklärungsirrtum bei fünffachen Verklicken auf einer Website? (AG München, Urt. v. 18.04.2024, Az. 275 C 20050/23)
8. April 2025
13 Kommentare
4,6 ★ (36.960 mal geöffnet in Jurafuchs)
+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)
A bucht über Bs Homepage eine Pauschalreise für € 4.500. Später storniert A die Reise. Hierbei muss A einen Stornierungsgrund auswählen und die – als solche bezeichnete – Stornierung mit vier weiteren Klicks bestätigen. B verlangt 3.800 € Stornierungsgebühren von A. A teilt B mit, er habe sich „verklickt“ und mache die Stornierung rückgängig.
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Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 8 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt
1. B könnte gegen A einen Anspruch auf Zahlung der Stornierungsgebühren i.H.v. 3.800 € gemäß § 651h Abs. 1 S. 3 BGB haben.
Ja, in der Tat!
Jurastudium und Referendariat.
2. Für einen Vertragsschluss im Internet gibt es spezialgesetzliche Vorschriften, weswegen die Anwendung der §§ 145ff. BGB ausgeschlossen ist.
Nein!
3. A hat nach Vertragsschluss zunächst den Rücktritt vom Reisevertrag erklärt.
Genau, so ist das!
4. A ist zunächst vom Reisevertrag zurückgetreten. Wäre As Rücktritt auch wirksam, wenn A seine Rücktrittserklärung erfolgreich angefochten hätte?
Nein, das trifft nicht zu!
5. A hat die Anfechtung gegenüber B erklärt. Als Anfechtungsgrund kommt § 119 Abs. 1 Alt. 2 BGB in Betracht.
Ja!
6. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es nicht plausibel, dass A sich hier insgesamt fünfmal verklickt hat.
Genau, so ist das!
7. A und B haben die Entschädigungshöhe nicht vertraglich geregelt. Scheidet Bs Anspruch deswegen aus?
Nein, das trifft nicht zu!
8. Aufgrund von As Rücktritt hat B gegen A einen Anspruch auf die Entschädigung in Höhe von € 3.800.
Ja!
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community
Abi
15.10.2024, 08:11:58
Das Bild zu dem Fall ist leicht irreführend. Es sollen laut Sachverhalt zu dem Urteil fünf verschiedene Masken gewesen sein, die man zwecks Stornierung hätte durchklicken sollen. Zu vermuten ist, dass es sich dabei um Masken handelte, die z.B. Namen, Reisedaten und Buchungsnummer verlangten. Es ist unwahrscheinlich, dass es dabei jeweils um dieselbe Frage der Stornierung ging - nur jeweils in gesteigerter Form. Ich rege daher an, das Bild zu ändern. Liebe Grüße :)
m.e.l.a.n.i.e
8.11.2024, 01:04:46
Ich verstehe deinen Gedanken, aber ich finde das Bild nicht irreführend. Es ist eben vereinfacht und humoristisch. Es geht ja um den Gedanken, dass man beim Stornierungsprozess viermal zu einer Bestätigung aufgefordert wird und jedes Mal klar ist, dass man sich im Prozess der Stornierung befindet. Da passt das Bild doch gut.

Dolo Agate
9.3.2025, 22:29:25
Kann mir jmd. erklären, wie die darauf gekommen sind, dass 3.8k für eine Reise, die man nicht angetreten ist, angemessen sein sollen? Ich fühl den Urlauber da sehr, dass er im Nachhinein sich irgendwie mit Anfechtung versucht raus zu retten. vielleicht kann man da noch ein bisschen mehr Begründung nachliefern wie das AG die Angemessenheit begründet hat und ob das ein Streitpunkt zwischen den Parteien war.
Paul Hendewerk
23.3.2025, 15:38:02
@[Dolo Agate ](209764)Das AG München hat insoweit ausgeführt, der Reiseveranstalter habe schlüssig dargetan, für den Flug und die Hotelübernachtungen in der entsprechenden Höhe in Vorleistung getreten zu sein.

Dolo Agate
23.3.2025, 15:45:59
Danke @[Paul Hendewerk](274540) :) also war es mehr so ein Fall, dass der Urlauber das nicht streitig gestellt hatte?
Paul Hendewerk
23.3.2025, 16:00:51
Naja, wahrscheinlich hat der Urlauber das schon bestritten. Aber das Gericht ist im Wege freier richterlicher Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangt, dass die Ausführungen des Reiseveranstalters als schlüssig zu betrachten sind.