Öffentliches Recht

Grundrechte

Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG)

Fall, in dem der allg. Handlungsfreiheit neben dem speziellen Freiheitsrecht eine Auffangfunktion zukommt (bei Deutschen-Grundrecht und Nicht-Deutschem Grundrechtsträger)

Fall, in dem der allg. Handlungsfreiheit neben dem speziellen Freiheitsrecht eine Auffangfunktion zukommt (bei Deutschen-Grundrecht und Nicht-Deutschem Grundrechtsträger)

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+++ Sachverhalt (reduziert auf das Wesentliche)

Jurafuchs

Die südafrikanische Staatsbürgerin S ist nach Hamburg gezogen und will dort ihrem Beruf als Psychotherapeutin weiter nachgehen. Hierfür beantragt sie eine Erlaubnis nach dem Psychotherapeutengesetz. In der Durchführungsverordnung zu dem Gesetz wird eine Erlaubniserteilung an Ausländer verboten.

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Einordnung des Falls

Fall, in dem der allg. Handlungsfreiheit neben dem speziellen Freiheitsrecht eine Auffangfunktion zukommt (bei Deutschen-Grundrecht und Nicht-Deutschem Grundrechtsträger)

Die Jurafuchs-Methode schichtet ab: Das sind die 4 wichtigsten Rechtsfragen, die es zu diesem Fall zu verstehen gilt

1. Der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG umfasst die psychotherapeutische Tätigkeit von S.

Ja!

Der Berufsbegriff des Art. 12 Abs. 1 GG umfasst jede Tätigkeit, die auf Dauer angelegt ist und in ideeller und materieller Hinsicht der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dient. Der Berufsbegriff ist danach denkbar weit. Psychotherapeutin ist ein etablierter und anerkannter Beruf, der auf Dauer angelegt ist und der Schaffung und Erhaltung der Lebensgrundlage von S dient. Damit ist der sachliche Schutzbereich der Berufsfreiheit betroffen.
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2. Die Eröffnung des persönlichen Schutzbereichs der Berufsfreiheit setzt nach dem Wortlaut des Art. 12 Abs. 1 GG voraus, dass S Deutsche ist.

Genau, so ist das!

Art. 12 Abs. 1 GG schützt nach seinem eindeutigen Wortlaut die Berufsfreiheit von Deutschen. Art. 12 Abs. 1 GG ist damit ein sog. Deutschengrundrecht. Deutscher im Sinne des GG ist insbesondere, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt (Art. 116 Abs. 1 GG). S ist nicht deutsche Staatsbürgerin, sondern Südafrikanerin. Der persönliche Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ist damit nicht eröffnet.

3. Wird S durch Verbot der Erlaubniserteilung in ihrer allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG beeinträchtigt?

Ja, in der Tat!

Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistet die allgemeine Handlungsfreiheit und schützt jedes beliebige menschliche Tun und Lassen. Die Ausübung ihres Berufs als Psychotherapeutin stellt ein menschliches Tun von S dar. Diese Tätigkeit fällt somit in den Schutzbereich der allgemeinen Handlungsfreiheit.

4. Kann S den Schutz des Art. 12 Abs. 1 GG in gleicher Weise über die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht beanspruchen?

Nein!

Das Grundgesetz unterscheidet zwischen Jedermann-Grundrechten und Deutschengrundrechten. Es ist anerkannt, dass das Jedermann-Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG als Auffanggrundrecht die Freiheit allgemein, also stets dann schützt, wenn kein spezielles Freiheitsgrundrecht einschlägig ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Grundgesetz Ausländer in den Regelungsbereichen von Deutschengrundrechten völlig schutzlos lässt. Art. 2 Abs. 1 GG kann damit ausländischen Staatsbürgern eingeschränkt die Schutzwirkungen der Deutschengrundrechte vermitteln, jedoch nicht mit dem gleichen Schutzniveau. Würde S über Art. 2 Abs. 1 GG der gleiche Schutz wie aus Art. 12 Abs. 1 GG zustehen, widerspräche dies dem Wortlaut und der Grundrechtssystematik. Insbesondere gilt über Art. 2 Abs. 1 GG dann auch für Ausländer der Vorbehalt des Gesetzes. S kann über die allgemeine Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG nur insofern Schutz vor Eingriffen beanspruchen, wie die Schranken von Art. 2 Abs. 1 GG nicht mehr gewahrt werden und diese nicht vom speziellen Regelungsbereich des Art. 12 Abs. 1 GG erfasst werden. Dies musst Du dann im Rahmen der Rechtfertigung bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit berücksichtigen. Der über Art. 2 Abs. 1 GG gewährleistete Schutz darf dort nicht so weit reichen, wie bei dem spezielleren Freiheitsgrundrecht.
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Fragen und Anmerkungen aus der Jurafuchs-Community

Uncle Ruckus

Uncle Ruckus

9.5.2024, 03:38:32

Könnt ihr bitte noch in einem Kasten schreiben was wäre, wenn Sie eine Union Bürgerin wäre? Danke I

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat

Kein Gott, kein Staat, kein Patriarchat

12.5.2024, 14:21:56

Als Unionsbürgerin kann sie sich wegen des Diskriminierungsverbots aus

Art. 18 AEUV

wie eine Deutsche auf das Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 GG berufen. Wegen

Art. 18 AEUV

ist für sie als Unionsbürgerin der persönliche Schutzbereich eröffnet, obwohl sie keine Deutsche ist.


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